Seidenstraße : Wer hat Angst vor Gürtel und Straße?

Ist Chinas Gürtel- und-Straße-Strategie wirklich der Plan der Zukunft? Viele sehen das nicht so – vor allem jene, die sich vor einer Ausweitung Chinas Macht als Handelsnation fürchten. Präsident Xi Jinping nennt die Idee – für ihn natürlich seine eigene – indes das Projekt des Jahrhunderts.

Erste Verwirrungen fangen für manche mit dem Namen an. „Belt and Road Initiative“ heißt das Jahrhundertvorhaben – doch wo ist der Gürtel, was die Straße? Als letztere wird interessanterweise größtenteils der Seeweg bezeichnet, während der Gürtel über das Festland verläuft. Die Strecke von China nach Europa bedeutet gewaltige Investitionen aus dem Reich der Mitte in die Infrastruktur mehrerer Länder des Nahen Ostens und Afrikas.

Die ursprüngliche Vorstellung, einfach die historische Seidenstraße wiederaufleben zu lassen, ist wohl längst passé. Wenn China von dem Projekt spricht, ist immer öfter auch von der Pazifischen Seidenstraße und einer Seidenstraße übers Eis, die den Arktischen Ozean durchquert, die Rede. Das wäre dann schon eher ein globales Vorhaben denn Seidenstraße reloaded. Nicht zu vergessen sei hier auch die Digitale Seidenstraße im Netz, die auch immer wieder erwähnt wird. Einen einheitlichen Plan, den Interessierte abrufen und einsehen können, scheint es nicht zu geben. Zwar gibt es genügend Websites, die sich auch hochoffiziell mit dem Thema befassen und es nach außen hin wie einen klaren Arbeitsplan aussehen lassen wollen; bei gar nicht einmal so viel näherem Hinsehen fehlt aber eben genau dieser Plan. So bietet etwa auf der offiziellen Seite der chinesischen Regierung in schönem, übersichtlichen Design allerlei Texte, Bilder und Videos zur Belt and Road Initiative – die Chronologie des Vorhabens aber endet mit 2015.

Auf ein globales Konzept deutet auch Chinas Einladung hin, jedes Land, das möchte, könne mitmachen. Für viele Länder in Asien, Afrika und Europa wären die milliardenteuren, von China finanzierten Infrastrukturverbesserungen in Form von Straßen, Schienen, Häfen und Elektrizitätswerken möglicherweise genau das richtige, um zu mehr Stabilität, Sicherheit und Wohlstand zu kommen. Das wiederum wäre auch im Sinne von China, das seinen Gürtel durch sicheres Gebiet legen möchte. „Eine Straße des Friedens“ nannte Xi „seine“ Idee bereits in Pressekonferenzen.

Zweifel kommen wie gesagt von anderen Fronten. Vielen behagt es nicht, dass in den chinesischen Staatsmedien und auch bei ausländischen Investitionsprojekten Chinas die Initiative öfter als „Weg des Xi Jiping“ bezeichnen. Auch die durch Investitionen profitierenden Länder könnten sich beteiligen wollen, Schulden anhäufen und so abhängig von China werden. Militärexperten gaben bereits zu bedenken, dass die chinesische Kriegsflotte durch die Verteilung der Häfen enorme Vorteile erhalten könnte. Indien und Vietnam betrachten das Projekt sowieso mit Argwohn. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gab noch vor wenigen Monaten nicht grundlos zu bedenken, dass auch die historische Seidenstraße nicht einzig und allein chinesisch war, und so ein Projekt auch in heutigen Zeiten nicht von einem einzigen Land geführt werden solle.

Sollte die Planung der Jahrhundertidee allerdings wirklich so lückenhaft sein, wie vermutet, bleibt für Interventionen und absichernde Abmachungen aber wohl noch genügend Zeit.

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