LRA Logistics Research Austria : Zukunftsvision „Physical Internet“

Die LRA ist eine „Kooperationsinitiative“, die durch das Lehrpersonal zahlreicher österreichischer Universitäten und Fachhochschulen im Vorjahr gegründet wurde, um das Thema F&E im Bereich Logistik, Supply Chain Management und im Bereich Verkehr zu fördern. Die Event-Premiere des LRA zum Thema „Physical Internet – gefangen zwischen Fiktion und Realität“ startete mit einem Gast aus Hamburg, mit Rod Franklin von der Kühne Logistics University.

Franklin versuchte den Begriff „Physisches Internet“ (PI) näher zu beschreiben, führte Aspekte an, die es für dessen Umsetzung benötigen würde, wie etwa vor allem eine offene, zugängliche Struktur, an der sich jeder beteiligen kann. Es geht also um die Idee eines Logistikkonzepts nach dem Vorbild des Datentransports via Internet. Ein Logistiknetzwerk, dass sich aus vielen verschiedenen Dienstleistern zusammen setzt, die sich gut ergänzen, soll künftig nicht nur mehr Effizienz und Nachhaltigkeit ermöglichen, sondern auch ganz neue Serviceleistungen. Laut Franklin sei der Blick der Teilnehmer auf kurz- oder mittelfristige Gewinne nicht unbedingt dienlich für die Umsetzung, es gehe vielmehr um ein langfristiges Zukunftskonzept.

Prof. Rod Franklin (KLU) bei seiner Key Note zum Thema „The Physical Internet – what it is, and what it isn’t“

In Anlehnung an das World Wide Web beschreibt er seine Vorstellungen, wie verschiedenste (physische) Netzwerke nebeneinander in Zukunft existieren könnten – ein „mobility web“ (Verkehr), ein „realization web“ (Produktion), ein „distrubution web“ (Distribution), ein „supply web“ (SCM) und ein „service web“ (Service). Die Umsetzung könne allerdings nur durch intensive Kooperationen initiiert werden, ausgehend von Logistikdienstleistern und unterstützt von einer internationalen Strategie, die auch auf Politiker baut.

Anschließend an die Präsentation von Franklin nahmen Entscheidungsträger von namhaften Unternehmen dazu Stellung. Die Logistiker äußerten sich vielfach skeptisch dazu. Alfons Dach-Wiesinger von Magna meinte: „Kooperationen benötigen Zeit und Vertrauen. Und wir haben beides nicht!“ Die Logistik sei außerdem ein erheblicher Wettbewerbsfaktor, und diesen wolle man nicht mit jemand anderem teilen (wie das eben bei Mobilitätsdienstleistungen heute schon vielfach der Fall sei).

Industry Round Table: Impact of Physical Internet for Stakeholders” mit (v.l.) Alfons Dachs-Wiesinger (Magna Steyr), Bernd Datler (Asfinag), Otto Hawlicek (Container Terminals Salzburg & Enns), Christian Herneth (OMV), Andreas Pichler (Gebrüder Weiss) und Sandra Ratzenböck (Ibase) Bilder: Jürgen Angel/WU

Eine zentrale Frage wird sein, ob die damit gebotene verbesserte Logistikdienstleistung den Kontrollverlust für den Auftraggeber aufwiegt, ob man darauf vertraut. Außerdem: Wer ist zuständig, wenn es nicht funktioniert?

Otto Hawlicek vom Container Terminal Enns (+ Salzburg) würde die Entwicklung neuer globaler Standards für die Logistik durch ein PI-Konzept begrüßen. Er erwähnte in diesem Zusammenhang das eigene „Gateway Concept“, das praktisch ein Vorkonzept von PI darstelle – das Gateway als Schnittstelle zu allen verfügbaren Verkehrsträgern mit guten Anbindungen zu allen Hubs und Seehäfen.

Walter Konzett von Gebrüder Weiss findet die Fragestellung interessant, ob denn mit PI tatsächlich eine Lösung entstehen könne, die für alle Business Cases beziehungsweise verschiedenste Branchen und Industrie gleichermaßen ist. Und sind bei geringen Margen – davon gehe man aus bei PI – die Kosten für die notwendige IT-Struktur zu verdienen? Generell sei die zentrale Frage, welche Investments für die initiale Umsetzung eines PI zu stemmen seien.

Derzeit scheint eine Kooperation von wem auch immer um Strukturen für einen Mastermind von PI zu stellen, noch in weiter Ferne zu sein. Aber die Theorie wird uns garantiert weiter verfolgen.