Automatisierung in Österreich : „Viele sind auf den Zug aufgesprungen, aber noch nicht die Masse“

Andreas Ausweger Jungheinrich
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Wie würden Sie den Status Quo des Automatisierungsmarktes in Österreich beschreiben? Wie ausgereift ist er Ihrer Meinung nach? 
Andreas Ausweger: Was Jungheinrich betrifft, haben wir nahezu alle Automatisierungslösungen aus unserem Portfolio bereits bei verschiedensten Unternehmen in Österreich implementiert. Egal ob mobile Roboter oder automatische Kleinteile-Lager: Es ist alles bereits in mehrfacher Form in Betrieb. Unternehmen haben die Möglichkeit der Automatisierung definitiv schon erkannt.

Haben Sie Automatisierungsprojekte auch in unterschiedlichen Unternehmensgrößen umgesetzt?
Wir haben Kunden vom großen Retailer bis hin zur Fenstermanufaktur. Es wird automatisiert, wo es nur geht. Aber es gibt auch Spielraum nach oben: Zwar sind schon viele Unternehmen auf den Zug aufgesprungen, aber noch nicht die Masse. Das sehen wir an den umliegenden Nachbarländern: In der Schweiz, Italien oder Deutschland ist der Automatisierungsgrad - wahrscheinlich aufgrund der dortigen Industrien - wesentlich höher als bei uns.

Wie weit sind die Technologien in der Automatisierung bereits fortgeschritten?
Sehr weit, würde ich sagen. Der einfachste Fall, den man automatisieren kann, ist der Transport von Ware A nach B mit einem mobilen Roboter. Die Implementierung solcher Systeme ist mittlerweile ein Standardprozess, das geht recht schnell. Komplexere Umsetzungen sind automatische Kleinteile-Lager mit Regalbediengeräten. Je größer das System, desto komplexer die Umsetzung, aber das ist alles kein Zauberwerk mehr und funktioniert reibungsfrei.

Wo ist die Nachfrage nach Automatisierung besonders hoch?
Die größte Nachfrage gibt es in der mobilen Robotik – und das unabhängig von der Unternehmensgröße.

Es scheint allerdings, als würden vor allem große Unternehmen ihre Läger automatisieren. Teilen Sie diese Beobachtung nicht? 
Natürlich haben wir auch einige große Kunden wie Lidl oder Head, die im Lager oder der Produktion automatisieren. Automatisierung ist aber auf jeden Fall auch interessant für kleinere Unternehmen. Denn Automatisierung kann auch der Transport von A nach B sein, von Prüftisch 1 zu Prüftisch 2, über lange Distanzen, so wie etwa bei Jungbunzlauer. Da muss nicht unbedingt ein Mensch am Stapler sitzen, das kann ein intelligenter Stapler mittlerweile gut automatisiert selbst tun. Das bringt auch eine enorme Personalkostenersparnis.

Haben Sie hier konkrete Zahlen? 
Einen Return of Invest haben Sie innerhalb von zwei Jahren, wenn Sie in eine kleine Anlage investieren.

Wird hier also die große Sorge, dass Automatisierung Jobs kostet, wahr? 
Nein, es geht hier definitiv nicht um Mensch gegen Maschine. Unternehmen wachsen und ihre Prozesse werden komplexer. Zum Teil gibt es auch einfach nicht das benötigte Personal, beziehungsweise gilt es, körperlich schwierige Aufgaben an Mobile Robots zu übertragen.

Wann, denken Sie, wird sich Österreich an die größeren Automatisierungsländer in Europa annähern? 
Ich denke, das wird relativ rasch gehen, vor allem wenn man die Veränderungen der Gehaltsstrukturen in den letzten drei Jahren beobachtet. Was da an Gehaltszahlungen auf die Unternehmen zugekommen ist markiert ein deutliches Plus, und das wird sich in Automatisierungsprojekten niederschlagen. Es ist aber grundsätzlich schwierig zu sagen, wie groß der Markt in Österreich generell ist, weil keine Marktdaten über Automatisierungsanlagen erhoben werden. Aber ich denke, dass Österreich mittendrin ist, groß zu werden.

Wie hoch ist die Beratungsleistung bei Automatisierungsprojekten?
Das ist unterschiedlich. Es gibt viele Logistikplaner, die die Planungsarbeit für die Unternehmen übernehmen. Das bieten wir auch an. Das ist ein sehr komplexer Prozess, der bei der Materialflussanalyse in den Unternehmen beginnt und bis ins Interface Management reicht. Was hat der Kunde schon? Was kann ich digital in den Automatisierungsprozess einbinden, was kundenseitig schon vorhanden ist? Im Endeffekt stellen wir dem Kunden ein Projekt vor, das für ihn und seine Bedürfnisse maßgeschneidert ist: Optimale Platzausnutzung, optimale Geschwindigkeit und optimales Handling, sodass er wirklich einen spürbaren Effekt durch die Automatisierung hat. Am Anfang steht allerdings immer die Frage, ob Automatisierung überhaupt sinnvoll ist. Grundsätzlich können wir als Generalunternehmer sowohl das Automatisierte als auch das Manuelle bedienen. In den meisten Bereichen will der Kunden ohnehin ein duales System - Vollautomatisierung ist selten.

Wie hat sich der Automatisierungsbereich bei Jungheinrich, gemessen am Geschäft, entwickelt? 
Das ist natürlich sehr projektabhängig und ein ständig wachsender Prozess. Aber ich würde sagen alles, was mit Lagereinrichtung und Automatisierung zu tun hat, hat einen Anteil von etwa 20 Prozent – und entwickelt sich stetig nach oben. Wir sind auch in einer komfortablen Situation, weil wir eben Angebote für beide Welten haben. Für Startups, die rein auf Automatisierung setzen, ist das Geschäft ungleich härter, weil sie immer in einer Nische sind – sie bedienen genau den Kunden, für den ihr Produkt passt. Wir haben das volle Sortiment und eine Lösung für alle Fälle beim Kunden, egal ob manuell, halbautomatisiert, automatisiert, im Tiefkühllager, oder sonst wo. Wir können alles anbieten – und vor allem alles servicieren, und auch das unterscheidet uns stark von Jungunternehmen. Unsere Servicestruktur gibt es für jedes Gewerk beim Kunden, egal ob Fördertechnik, Regalbediengerät oder mobiler Roboter. 20 unserer Techniker sind ausschließlich mit Automatisierung beschäftigt.