Energie : Energieverbrauch im Materialfluss rückt in den Fokus

Das Thema Energie ist in aller Munde - nicht erst seit dem russischen Angriffskrieg in die Ukraine oder als Reaktion auf die stark gestiegenen Energiepreise. Energiesparen und ein nachhaltiger Energiemix sind mittlerweile Themen, die Unternehmen beschäftigen, nicht zuletzt durch den "Green Deal" der EU. Während aber vor allem der energieeffiziente Gebäudebau, Energieeinsparungen in der Produktion und eigene Energieträger wie etwa eine Photovoltaikanlage am Dach fokussiert werden, wird der Energieverbrauch in der Logistik bzw. beim Materialfluss oft übersehen.

Eine Studie hat sich nun angesehen, welche Bedeutung der eigene Energieverbrauch für mittelständische Unternehmen in Europa hat, wo Optimierungsbedarf gesehen wird und aus welchen Gründen in energieeffiziente Lösungen investiert wird. Dafür wurden 266 Entscheider aus europäischen KMU in den Bereichen produzierendes Gewerbe, Konsumgüter- und Lebensmittelindustrie, die einen Umsatz von bis zu einer Milliarde Euro erwirtschaften, befragt.

Wenig überraschend sind fast neun von zehn Unternehmen stark oder sogar sehr stark für dieses Thema sensibilisiert - je größer das Unternehmen, desto höher das Bewusstsein. Insgesamt steht dabei der Stromverbrauch (79 Prozent) gegenüber den fossilen Energieträgern (73 Prozent) bei den Befragten stärker im Fokus.

Dabei fällt fast ein Drittel des Energieverbrauchs auf die Produktion, mit 17 Prozent fallen die IT-Systeme ins Gewicht. Danach folgen das Gebäudemanagement (Klimatisierung, Beleuchtung etc.) und der Materialfluss mit 15 beziehungsweise 14 Prozent. Als wichtigste Verbrauchstreiber geben die Befragten das eigene Unternehmenswachstum durch Produktionserweiterung (63 Prozent) und die fortschreitende Automatisierung (62 Prozent) an. Bei größeren Mittelständlern liegt die Automatisierung (81 Prozent) sogar deutlich vor dem geschäftlichen Wachstum (66 Prozent). Mit 50 Prozent beim Einfluss der Automatisierung auf den künftigen Energieverbrauch bilden kleinere Unternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu 50 Millionen Euro das Schlusslicht.

Dabei fällt auf, dass die befragten Unternehmen in der Vergangenheit auch genau so investiert haben: Der Großteil der Investitionen flossen in den Bereich Produktion und IT-Systeme (je 49 Prozent), Wärme- und Klimatechnik (44 Prozent) und Gebäudeisolierung (42 Prozent). Am Ende der Skala stehen Logistik (41 Prozent) und der Materialfluss (38 Prozent).

Wenn man sich die allerdings die nahe Zukunft (5 Jahre) ansieht, kehrt sich das Bild um: Geplant werden entsprechende Ausgaben insbesondere in den Bereichen Materialfluss und Logistik (je 50 Prozent). Nachholbedarf sehen auf diesen Feldern vor allem kleinere Unternehmen mit 50 bis 250 Mitarbeitern, bei denen diese Werte bei 67 Prozent (Materialfluss) beziehungsweise 62 Prozent (Logistik) liegen.

Beim Einsatz neuer Geräte im Materialfluss legen die Unternehmen besonderen Wert auf eine hohe Energieeffizienz (81 Prozent), die Kostenersparnis im laufenden Betrieb (80 Prozent), eine ressourcenschonende Herstellung (74 Prozent) und eine einfache Bedienbarkeit (70 Prozent). Dabei spielen offensichtlich nicht nur neue Anlagen, sondern auch Modernisierungsinvestitionen eine wichtige Rolle. Für 70 Prozent ist die Integrierbarkeit der neuen Geräte in bereits vorhandene Anlagen ausschlaggebend beziehungsweise sehr wichtig. Nur für 45 Prozent der Unternehmen spielt dagegen der Verzicht auf Bedienpersonal eine sehr wichtige Rolle.

Dabei gehen fast die Hälfte der befragten Unternehmen davon aus, Einsparungen von über 20 Prozent zu erzielen, 23 Prozent rechnen sogar wollen sogar Einsparungen von mehr als 30 Prozent realisieren. Bei Unternehmen mit einem Umsatz von über 100 Millionen Euro werden Investitionen in die energetische Optimierung überwiegend auf Geschäftsführungsebene (54 Prozent) getroffen. Eingebunden in diesen Entscheidungsprozess sind hier bei einem Viertel dieser Unternehmen auch unternehmensexterne Berater.

Fridays for Future, Umweltkatastrophen und der Green Deal haben offenbar Wirkung gezeigt: Denn bei den Gründen für den Einsatz energieeffizienter Technologien steht der Umwelt- und Klimaschutz mit 44 Prozent an erster Stelle, doch natürlich spielen auch finanzielle Einsparungen (33 Prozent) und die Steigerung der Produktivität (31 Prozent) eine wichtige Rolle. Imagesteigerung (22 Prozent), regulatorische Vorgaben (15 Prozent) und die Reaktion auf Kritik von Umweltorganisationen (9 Prozent) bestimmen die Motivlage eher weniger, wie die Studie zeigt.

Dabei nehmen die Unternehmen aber auch die Politik in die Verantwortung: 85 Prozent sind der Ansicht, dass die Politik neben einer finanziellen Förderung auch stärkere Anreize für entsprechende Technologieinvestitionen schaffen sollte. Ebenso verbreitet ist die Meinung, dass der Energieverbrauch entlang der gesamten Prozesskette in den Blick genommen werden sollte. Dies hat kürzlich eine Studie von Econsult für das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie geleistet, die sich verschiedene Supply Chains und deren Energieverbrauch - für das Gebäude, über die Prozesse und den Transport - analysiert. Diese Ergebnisse werden in Kürze auf dispo.cc vorgestellt.