Intralogistik : So können Roboter vorausschauend agieren
„Wir haben eine Gedankenbarriere übersprungen“, sagt Neura-Robotics-CEO David Reger, wenn man ihn auf den MAV, das nach Eigenangaben erste kollaborative autonome Fahrzeug, anspricht. Innerhalb von knapp eineinhalb Jahren entwickelt, ist das Multi-Sensing Autonomous Vehicle (MAV) in der Lage, jede Art von Waren autonom zu laden und zu transportieren. Dank seiner integrierten Sensortechnologie kann MAV autonom navigieren, ohne dass zusätzliche Peripheriegeräte benötigt werden.
Denn: Kein Roboter sei heute autonom, sie seien nur programmiert, so Reger. Aus diesem Grund hat Neura Robotics die Kognition eingeführt: Sehen, Denken, Verstehen, Lernen und Reagieren auf die Umgebung.
„Wir haben Roboter entwickelt, die bei voller Performance 100%ig sicher an der Seite des Menschen arbeiten können. Das geht nur, wenn Roboter unabhängig von vorheriger Programmierung vorausschauend agieren können und – völlig eigenständig – einen Menschen zuverlässig in jeder Umgebung, Haltung und Kleidung erkennen“, erklärt Reger gegenüber dispo.
Von Han’s Robot zu Neura Robotics
David Reger gründete Neura Robotics 2019 noch unter dem Namen Han’s Robot Germany – die Kapitalgeber waren Han’s Robot und deren Muttergesellschaft Han’s Laser Technology Group im chinesischen Shenzhen. Ende 2020 wurde das Unternehmen in Neura Robotics umbenannt und ist seit Gründung von 20 auf 140 Mitarbeiter gewachsen. Bisher konnte das Unternehmen 86 Millionen US-Dollar an Finanzierung einsammeln. „Unsere Investoren hatten sehr schnell erkannt, welches Potential die kognitive Robotik hat und dass es im Grunde überfällig war, einige Innovationslücken in der Automations-Branche zu schließen“, erklärt David Reger. „So haben wir es mit einem relativ kleinen Team geschafft, im Februar 2021 nach eineinhalb Jahren den ersten serienreifen kognitiven Roboter präsentieren zu können.“
Bei der letzten Kapitalerhöhung wurde der Anteil der Han's-Gruppe reduziert. Grundlage dafür war eine Vereinbarung, die bei der Gründung des Unternehmens getroffen wurde: Wenn Reger und sein Team die gesteckten Ziele erreichen, können sie westliche Anteilseigner im Zuge von Kapitalerhöhungen beteiligen und vor allem das geistige Eigentum erhalten.
Unterstützt wird das Unternehmen auch von einem doch recht bekannten Namen: Till Reuter, ehemals CEO von Kuka, ist Boardmitglied des Start-ups und unterstützt David Reger vor allem in Sachen Internationalisierung und Investitionen.
Produktion in Eigenregie
Um nicht auf „Komponenten aus derselben Kiste“ zurückzugreifen wie andere Hersteller brauchte man Lösungen, die es am Markt noch nicht gab, skizziert der Neura-Robotics-Gründer. „Dazu hat uns COVID gleich in den ersten Jahren als Unternehmen damit konfrontiert, wie riskant es ist, wenn man zu stark auf globale Lieferketten angewiesen ist. Es gibt also viele gute Gründe, wie Unabhängigkeit und Innovationswille, eigene Komponenten zu produzieren.“
So werden alle wesentlichen Komponenten in Eigenregie in Deutschland entwickelt und designed, so Reger. Dabei habe man festgestellt, dass die eigenen Komponenten teils drastisch günstiger seien als alles, was der Markt bietet. “Daraus kann aber jeder seine eigenen Schlüsse ziehen. Im Ergebnis rangieren unsere kognitiven Roboter in einem Preissegment, das sie für völlig neue Einsatzbereiche interessant macht.“
Das kann das MAV
Das MAV ist in der Lage, jede Art von Waren autonom zu laden und zu transportieren. Dank seiner integrierten Sensortechnologie kann es autonom navigieren, ohne dass zusätzliche Peripheriegeräte benötigt werden. MAV Pro kann dank einer Vielzahl von Sensoren, Systemen und künstlicher Intelligenz auf einfache Art und Weise mit seinem menschlichen Gegenüber zusammenarbeiten. Zum Beispiel kann MAV Pro dank der 3D Vision und der Sensoren zur Erkennung von Menschen durch Stimmen und Gesten gesteuert werden. Beide seien nach Unternehmensangaben einfach zu programmieren und in zwei Größen mit unterschiedlichen Tragfähigkeiten erhältlich: 1.500 und 500 Kilogramm.
Der Roboter könne also problemlos an neuen Anwendungen arbeiten, bei denen er direkt mit Menschen in kollaborativen Arbeitsbereichen interagiert oder mit anderen Robotern wie LARA und MAiRA (weitere Entwicklungen von Neura Robotics) zusammenarbeitet. Damit eröffne sich die Möglichkeit, gefährliche und sich wiederholende Aufgaben in einer Vielzahl von Bereichen und Branchen zu übernehmen.
„Es gibt viele gute Gründe, eigene Komponenten zu produzieren“
Neura Robotics ist eines der weltweit best-finanzierten Robotik-Startups. Woran liegt das?
David Reger Ob wir zu den am besten finanzierten Robotik-Startups gehören, will ich hier nicht beurteilen. Aber ja, auch unsere Investoren hatten sehr schnell erkannt, welches Potential die kognitive Robotik hat und dass es im Grunde überfällig war, einige Innovationslücken in der Automations-Branche zu schließen. Dafür haben sie uns natürlich auch gern mit den notwendigen finanziellen Mitteln ausgestattet. Jedoch, Investitionen in der Größenordnung von vielen Millionen haben auch andere. Entscheidend ist, was man aus einem solchen Investment herausholen kann. Da haben wir bei Neura den entscheidenden Vorteil, dass unsere Investoren uns absolute Freiheit lassen. Wenn es für unsere Ziele nötig ist, mal ein Rad neu zu erfinden, dann machen wir das! „So haben wir es mit einem relativ kleinen Team geschafft, im Februar 2021 nach eineinhalb Jahren den ersten serienreifen kognitiven Roboter präsentieren zu können.
Sie produzieren Vieles selbst. Warum dieser Schritt der Eigenproduktion?
Reger Zunächst wollten – und mussten – wir ja in kürzester Zeit so etwas wie der Innovations-Weltmarktführer in der Robotik werden. Das geht logischerweise nicht, wenn man die Komponenten aus derselben Kiste nimmt, wie alle anderen Hersteller. Wir brauchten Lösungen, die es am Markt einfach nicht gab. Dazu hat uns COVID ja gleich in den ersten Jahren als Unternehmen damit konfrontiert, wie riskant es ist, wenn man zu stark auf globale Lieferketten angewiesen ist. Es gibt also viele gute Gründe, wie Unabhängigkeit und Innovationswille, eigene Komponenten zu produzieren. Wir haben bei Neura erst im zweiten Schritt festgestellt, dass unsere eigenen Komponenten teils drastisch günstiger sind, als alles, was der Markt bietet. Daraus kann aber jeder seine eigenen Schlüsse ziehen. Im Ergebnis rangieren unsere kognitiven Roboter in einem Preissegment, das sie für völlig neue Einsatzbereiche interessant macht.
Was sind die weiteren Pläne in den nächsten fünf Jahren?
Reger Unsere Innovationskraft haben wir bereits bewiesen. Unsere Auftragsbücher sind für die nächsten fünf Jahre voll. Jetzt gilt es, ein stabiles weltweites Netzwerk aufzubauen und uns als zuverlässiger Partner zu beweisen. Unsere größte Verantwortung liegt jedoch darin, den Wandel mitzugestalten, den die kognitive Robotik in der Gesellschaft verursacht. Es kommen spannende ethische Diskussionen auf uns zu und der Sozialstaat muss sich die Frage gefallen lassen, ob und wie Roboter auch ihren Beitrag zu den Sozialsystemen leisten können. Da werden wir uns einbringen und diese Debatten aktiv fordern.
Mein persönlicher Wunsch ist, mit der kognitiven Robotik einen substanziellen Beitrag zu leistet, Deutschland wieder zum Top- Wirtschaftsstandort zu machen. Aktuell haben wir die Herausforderung, dass unsere Investoren uns lieber hier wegholen möchten, aus Sorge, dass in Deutschland bald die Energieversorgung zusammenbricht.