Case Study : Wie EK Robotics die spezielle Intralogistik bei Brose automatisiert

FTF bei Brose
© EK Robotics

Weltweit steckt in jedem zweiten Neuwagen Technik von Brose. Das Unternehmen beschäftigt global an 70 Standorten, darunter 16 in Deutschland, rund 30.000 Mitarbeitende. Im Werk Hallstadt hat Brose ein Fahrerloses Transportsystem (FTS) von EK Robotics im Einsatz.

Bereits seit 2018 ist ein FTS des Herstellers im britischen Brose-Werk in Coventry mit insgesamt neun Fahrerlosen Transportfahrzeugen (FTF) des Typs Smart Move in Betrieb. Die Anforderungen in Hallstadt sind indes andere. „Die guten Erfahrungen aus dem Coventry-Projekt in England haben für EK Robotics gesprochen. Für das Vorhaben in Hallstadt war aber vor allem ausschlaggebend, dass EK Robotics ein vollständiges sowie glaubwürdiges Gesamtkonzept präsentieren konnte, das uns auch aus kaufmännischer Sicht überzeugt hat“, so der Leiter Produktionslogistik der Brose Gruppe, Gerald Röhner.

Am bayrischen Standort in Hallstadt geht es darum, bisher manuell durchgeführte Arbeitsprozesse zu automatisieren, so Gerald Röhner: „Eine Besonderheit dort besteht darin, nicht nur den Transport von Großladungsträgern (GLT), sondern auch den von Kleinladungsträgern zu automatisieren. Wegen der begrenzten Fahrwege wäre ein Mischverkehr von manuellem Verkehr und FTF nicht möglich. Deshalb wollten wir ein System entwickeln, mit dem auch das Be- und Entladen von KLT samt der dazugehörenden Transporte vollautomatisch abläuft.“

Die Ausgangslage in Hallstadt ist anspruchsvoll: Es geht um eine hohe Zahl an Groß- und Kleinladungsträgern (GLT und KLT) und darüber hinaus auch um eine große Vielfalt verschiedener Produkte sowie Gebinde. Die Intralogistik bei Brose zählt allein 700 Stellplätze für GLT, für KLT sind es rund 1.400, mit knapp 90 unterschiedlichen Varianten für Paletten und Gebinde. Der Fahrkurs der Transportroboter ist 800 Meter lang und mit einigen schmalen Passagen und Kreuzungen mit hohem Verkehrsaufkommen sehr komplex. Die FTF navigieren hochpräzise per Laserscanner und Reflektoren. Über die zahlreichen Stationen sollen bei Brose das Automatiklager, eine automatische Bänderanlage und der Versand mit der Fertigung verknüpft werden.

„Brose hat im Vorfeld alle Daten geliefert, die wir benötigt haben. Für beide Seiten war es ein prozesstechnisch herausforderndes und in der Summe auch intensives Projekt. Die Zusammenarbeit lief hervorragend“, erinnert sich Nico Dietrich, Sales Manager bei EK Robotics. Um die Eckdaten und vor allem die erforderliche Anzahl an Transportrobotern für das zukünftige FTS vorab zu ermitteln und zu verifizieren, nutzt Brose die von EK Robotics angebotene Dienstleistung der Simulation.

Beim Layout des FTS wünscht sich Brose eine möglichst hohe Flexibilität, um das System auch nach der Inbetriebnahme weiter und eigenständig anpassen zu können. Eine umfassende Schulung der beteiligten Personen durch EK Robotics stellt dies sicher.

Die Umsetzung beginnt mit der Erstellung des Fahrkurses, zunächst für den Transport der Großladungsträger. Mit ihnen werden bei Brose zumeist großvolumige Produkte und Fertigteile wie Türmodule für Kraftfahrzeuge befördert. Stück für Stück wird der Kurs erweitert. Fortlaufend werden die Ergebnisse kontrolliert, um eventuelle Hürden früh zu identifizieren und abzustellen. Dabei zeigt sich, dass das FTS wegen besonderer interner Abläufe bei Brose den Materialfluss stets nahe am Peak halten muss – die Transportleistung der Fahrzeuge liegt also konstant hoch.

Ein paar Wochen nach Beginn der Installation geht das System für den automatisierten Transport der GLT in Betrieb. Anschließend beginnen die Spezialisten von EK Robotics und Brose damit, auch die KLT-Logistik ins FTS zu integrieren.

Automatisierung auch für den KLT-Transport

In der Versorgung der Produktionslinien bei Brose spielen KLT eine immer größere Rolle – genormte Kunststoffboxen, in denen typischerweise Klein- und Verbrauchsteile aus dem Materiallager bis an den letzten Meter der Produktion gebracht werden. Gewünscht ist eine Transportlösung für bis zu 20 solcher KLT – inklusive automatischer Aufnahme und Übergabe
an entsprechend geeigneten Stationen bzw. direkt an der Verbrauchsstelle. Für diesen Zweck hat Brose bereits eigenständig den Protypen eines mobiles Durchlaufregals in Form eines Portalwagens entwickelt, der sich zur Montage auf einen Transportroboter mit normalen Transportgabeln eignet. In Zusammenarbeit mit EK Robotics wird der ursprüngliche Entwurf des KLT-Portalwagens überarbeitet bzw. für die Montage an einem Smart Move optimiert.

Darüber hinaus müssen verschiedene IT-Anwendungen angepasst und integriert werden, damit alle beteiligten Systeme harmonieren. Dazu gehören: SAP, das bei Brose bereits laufende Transportleitsystem, das Leitsystem von EK Robotics sowie alle erforderlichen Schnittstellen.

Die Implementierung des automatisierten KLT-Transports verläuft in drei Phasen. Zunächst starten ausgiebige Tests im Werk von EK Robotics für die Technik, die IT und die Sicherheit. Im zweiten Schritt folgt in Hallstadt ein begleiteter Modus zum Einlernen der FTF, des Zusammenspiels der Stationen und der Kameratechnik, mit der die KLT-Übergabe gesteuert wird. In der dritten Phase erfolgt die Schulung der mit dem FTS betrauten Personen bei Brose samt Abnahme des Systems – vor allem mit Blick auf die Sicherheit im Livebetrieb.

Drei von zwölf der betriebenenen Smart Move Fahrzeuge sind für die Ausrüstung mit dem Portalwagen geeignet. Diese unterscheiden sich von den anderen Transportrobotern im FTS durch eine andere Software.

Das Ergebnis ist in dieser Form einzigartig, erzählt Gerald Röhner: „Gerade das Handling von Kleinladungsträgern ist ergonomisch kritisch und auch kostenintensiv. KLT werden in der Produktion aber immer wichtiger, vor allem weil in der Montage die Variantenvielfalt steigt und es immer kleinere Losgrößen gibt. Dass uns jetzt auch in diesem besonderen Bereich die Automatisierung gelungen ist, ist wirklich ein sehr großer Fortschritt.“

FTF bei Brose
© EK Robotics

FTS als Check-up für das Gesamtsystem

Als ein interessanter Nebeneffekt bei der Automatisierung zeigt sich, dass die umfassende Vorbereitung zur Einführung des FTS inklusive aller weiteren Schritte zu einer wertvollen Momentaufnahme aller internen Prozesse bei Brose geführt hat. Mit der Analyse aller Arbeitsabläufe gewinnt das Unternehmen wertvolle Erkenntnisse für das Gesamtsystem, so
Gerald Röhner: „Wir haben Störgrößen und Schwachstellen in der gesamten Anlage identifizieren und abstellen können, z.B. in der Bänderanlage, beim Versand und Transport. Mit den ermittelten Daten konnten wir unsere Montageprozesse weiter optimieren. Wir haben die Schnittstellen und Prozesse zwischen Montage und Logistik standardisiert und natürlich das Wegenetz der Intralogistik um Längen verbessert.“

Auch nach der erfolgreichen Implementierung des FTS mit zwölf Smart Move geht die Zusammenarbeit mit Brose weiter. Derzeit mit einem Wartungsvertrag und einer 24/7-Hotline, die rund um die Uhr für Fragen und Service zur Verfügung steht.