Gastbeitrag : Die Probleme in den Lieferketten wirken sich auch auf den Logistikimmobilienmarkt aus
Noch im vergangenen Jahr glaubten zahlreiche Marktteilnehmer, dass mit einem erhofften Ende der Corona-Pandemie auch die Lieferketten wieder reibungsloser funktionieren würden. Neuerliche Lockdowns in China und nicht zuletzt der Ukraine-Krieg sorgen jedoch weiterhin für große Störungen. Wenn der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) für 2022 mit einem „Stop-and-Go-Jahr“ rechnet, dann beschreibt das die schwierige Lage nicht nur in Deutschland, sondern der gesamten DACH-Region sehr gut. Die Industrie hat zwar volle Auftragsbücher, doch es fehlt an Rohstoffen und Vorprodukten.
Diese ohnehin schon schwierige Situation tritt mitten im größten Strukturwandel der jüngeren Geschichte auf. Bereits vor Corona haben der E-Commerce-Boom, die Mobilitätswende sowie die neuen Technologien der Industrie 4.0. unter anderem dafür gesorgt, dass sich die komplette Logistik im DACH-Raum veränderte.
Um die Abhängigkeit von Drittländern beziehungsweise globalen Lieferketten zu verringern, sind immer mehr Unternehmen dazu übergegangen, auf Pufferlager in Produktionsnähe zurückzugreifen. Darüber hinaus findet immer öfter eine zumindest teilweise Regionalisierung der Produktion statt. Das prominenteste Beispiel dieser Strategieumstellung ist derzeit wohl INTEL, die ab 2023 in Magdeburg eine Gigafabrik errichten wollen und hierfür 17 Milliarden Euro in den neuen Produktionsstandort investieren.
Ob Pufferlager oder Regionalisierung: Die aktuelle Entwicklung hat einen sehr großen Effekt auf die Flächenbedarfe. Aus diesem Grund befinden sich die Logistikimmobilienmärkte ebenfalls in einer Umbruchsphase. Diesem an sich positiven Nachfrageschub steht jedoch die Tatsache gegenüber, dass an vielen deutschen Produktions- und Industriestandorten kaum noch Grundstücke zur Verfügung stehen.
Aufgrund der zahlreichen Veränderungen ist es aber umso relevanter, dass die neuen Flächen nicht einfach auf Basis der bestehenden Prozesse angemietet werden. Vielmehr sollte der Status Quo im Rahmen einer umfangreichen Prozess- und Standortanalyse kritisch hinterfragt werden. Gerade für mittelständische Produzenten besteht häufig noch Potenzial, Fertigung und Logistik intelligent miteinander zu verzahnen. Händler hingegen können während dieser Analysearbeit prüfen, welche Prozesse sich womöglich an einen Dienstleister auslagern lassen. Darüber hinaus spielen auch Faktoren wie Arbeitskräfteverfügbarkeit oder Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Sofern ein geeigneter Standort für einen Neubau gefunden wurde, steht zu Beginn die Konzeption der Immobilie. Dabei sollte jedoch auch bei Pufferlagern – einer eher wenig komplexen Form der Logistikimmobilie – stets die Drittverwendbarkeit beachtet werden. Für eine langfristige Wertstabilität ist es wichtig, ausreichend Struktur vorzuhalten. Dazu gehören unter anderem eine ausreichende Deckenhöhe und Bodentraglast sowie mindestens ein Rampentor je 1.000 Quadratmeter Hallenfläche. Damit kann die Immobilie weitergenutzt werden, selbst wenn sich die Supply Chains künftig nochmals ändern.
Fazit: Die aktuelle Lieferkettenproblematik sorgt für neue Herausforderungen auf dem Logistikimmobilienmarkt. Doch für Verlader und die dazugehörigen Logistikdienstleister besteht darin auch eine Chance. Das ausreichende Vorhandensein von Pufferlagern sowie das Zusammenspiel aus einer strategisch günstigen Lage und einer modernen Immobilie können für kürzere Wege sowie mehr Effizienz sorgen. Somit kann letztlich auch der „Faktor Immobilie“ zur Stabilität der Lieferketten beitragen.