Lieferkettengesetz, ICS2, ATLAS & Co. : Diese gesetzlichen Einschränkungen haben Unternehmen 2024 beschäftigt

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Eine Umfrage des Thomson-Reuters-Instituts hat kürzlich ergeben, dass 52 Prozent der befragten Supply-Chain-Experten angeben, durch geopolitisch geprägte Exportkontrollgesetze beeinträchtigt zu sein. Denn vor allem die Europäische Union, aber auch andere Länder, führen Gesetze und Regularien ein, die den globalen Handel betreffen und Unternehmen vor einige Herausforderungen stellen. Johannes Hangl, Area Vice President Solution Consulting bei e2open, hat eine Übersicht mit den wichtigsten Änderungen 2024 zusammengestellt.

EU-Lieferkettengesetz CSDDD

Im Sommer 2024 hat die EU eine europaweite Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) verabschiedet. Damit werden Unternehmen EU-weit verpflichtet, Umwelt- und Menschenrechtsstandards in ihren Liefer- und Wertschöpfungsketten einzuhalten. Die CSDDD entspricht großen Teilen dem bereits davor eingeführten deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, weist aber auch einige Änderungen auf.

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So gibt es etwa eine Erweiterung der umweltbezogenen Sorgfaltspflichten, unter anderem für die Herstellung, den Handel und die Ausfuhr von mit Quecksilber versetzten Produkten. Verweise auf internationale Umweltabkommen wurden aufgenommen, so etwa den Schutz der gefährdeten Arten aus der CITES-Konvention, die Verschmutzung der Meeresumwelt oder die Ein- und Ausfuhr von Chemikalien nach dem Rotterdamer Übereinkommen.

Neu ist auch eine Verpflichtung für Unternehmen, einen Plan zur Minderung ihres Einflusses auf den Klimawandel anzunehmen und umzusetzen. Unternehmen, die unter die CSR-Richtlinie fallen, müssen darüber hinaus nicht jährlich über die Einhaltung ihrer Sorgfaltspflichten berichten.

In den nächsten zwei Jahren muss die Richtlinie in nationales Gesetz überführt werden.

EU-weite Regelung für entwaldungsfreie Lieferketten

2024 war das Jahr der EU-Lieferketten-Verordnungen. Die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) betrifft sieben Hauptrohstoffe: Soja, Rindfleisch, Palmöl, Holz, Kakao, Kaffee und Kautschuk sowie einige daraus hergestellte Produkte wie Leder und Schokolade. Ursprünglich für Dezember 2024 geplant, dürfen Stand November 2024, ab dem 30. Dezember 2025 diese Waren die Grenzen der EU nur noch dann passieren, wenn sie nicht mit Abholzung in Verbindung stehen und lokale Umwelt- und Sozialgesetze einhalten. Als weltweit zweitgrößter Importeur von abholzungsbedingten Waren möchte die EU ihren ökologischen Fußabdruck verkleinern und entwaldungsfreie Lieferketten fördern. Die Einhaltung der EUDR erfordert Rückverfolgbarkeit: Unternehmen müssen Produktionsland und -parzellen nachweisen. Bei Nichteinhaltung drohen Sanktionen wie Geldstrafen, Beschlagnahmungen oder Handelsverbote.

ICS2 (Import Control System 2)

Die EU führte mit dem Import Control System 2 (ICS2) eine Anmeldepflicht für importierte Waren ein, um die Sicherheit an den Außengrenzen zu erhöhen. Die Regelung wurde schrittweise eingeführt. Phase 1 startete am 15. März 2021 und betraf Kurierdienste und Postdienste im Luftverkehr. Mit Beginn der zweiten Phase am 1. März 2023 erweiterte sich die Pflicht auf die allgemeine Luftfracht – also alle Waren und Postdienste im Luftverkehr. Seit März 2024 müssen nicht mehr nur Luftfahrunternehmen die Anmeldungen zur Risikoanalyse durchführen, auch Waren, Post- und Expresssendungen, die über den Seeweg, die Straße oder die Schiene in die EU gelangen, müssen mittels ENS-Daten angemeldet werden.

Centralised Clearance for Import (CCI)

Am 1. Juli 2024 startete das zentrale Importabfertigungssystem (CCI) in der EU. Es ermöglicht Unternehmen, ihre Zollanmeldungen zentral bei einer Zollstelle einzureichen, auch wenn die Waren in einem anderen Mitgliedstaat eintreffen. Das CCI-System reduziert den Verwaltungsaufwand und beschleunigt die Zollabfertigung, was Kosten spart und die Wettbewerbsfähigkeit stärkt. Phase zwei mit weiteren Vereinfachungen ist für Juni 2025 geplant. Aktuell können europäische Unternehmen in Bulgarien, Estland, Spanien, Luxemburg, Lettland, Polen und Rumänien die Funktion nutzen. Weitere Mitgliedsstaaten werden in den nächsten Monaten folgen.

ATLAS

ATLAS ist die Abkürzung für Automatisiertes Tarif- und Lokales Zollabwicklungssystem und beschreibt das elektronische Zollsystem, das alle Einfuhr- und Ausfuhranmeldungen verwaltet und ein breites Spektrum von Zollverfahren abdeckt. Es ermöglicht auch den Datenaustausch mit anderen EU-Mitgliedsstaaten, der Europäischen Kommission und anderen staatlichen Stellen.

Der Zentralverband Spedition und Logistik hat dabei vor "erheblichen Problemen in der Zollabwicklung" gewarnt. Denn Unternehmen wie Gebrüder Weiss, Bosch oder Cargo-Partner sehen nachhaltige Schäden für die österreichische Export- und Außenwirtschaft aufgrund einer schlecht koordinierten Einführung eines neuen EU-weit einheitlichen Zollsystems. Es drohe Chaos bei der Zollabfertigung und damit bei der Aus- und Einfuhr von Waren. Lesen Sie dazu auch: LKW-Maut und Zollabwicklung: Aktuelle Ärgernisse für Österreichs Transporteure

Die für 2024 und darüber hinaus anstehenden Änderungen richten sich auf die effiziente Abwicklung von Zollverfahren und die Einführung von zwei neuen Systemen namens WKS und ZELOS. WKS ist eine spezialisierte Anwendung von ATLAS, die summarische Ausgangsanmeldungen und Wiederausfuhrmitteilungen gemäß den rechtlichen Anforderungen des Unionszollkodex (UZK) verwaltet. ZELOS hingegen ist ein System, das durch einen zentralen Austausch von Dokumenten, Anfragen oder Bescheinigungen eine nahtlose Kommunikation ermöglicht.

Diese Änderungen zielen darauf ab, die Sicherheit des grenzüberschreitenden Handels sowie die Effizienz und Effektivität des Zollabfertigungsverfahrens zu verbessern.