Lieferkettengesetz : Forderungen „sachlich nicht möglich“

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"Die Pläne, wie sie bisher gelten, sind sachlich nicht möglich. Damit wendet sich die gute Absicht ins Gegenteil.“

Franz Staberhofer, Leiter des Logistikums an der FH Oberösterreich.

- © Logistikum / FH OÖ

Vor der EU-Wahl im Juni 2024 soll das EU-Lieferkettengesetz in trockenen Tüchern sein, Frankreich und Deutschland haben eine nationale Version dessen bereits umgesetzt. Darin sollen Unternehmen dazu verpflichtet werden, die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltauflagen zu überprüfen.

„Diese Forderung ist essenziell, aber in der geplanten Form sachlich nicht möglich“, findet Franz Staberhofer deutliche Worte. Die basalen Argumente wie die damit verbundenen Kosten als auch die fehlende Manpower in Unternehmen könne man mit Geld und damit steigender Inflation lösen - wenn man das wolle. Zudem würde ein Lieferant von hunderten Unternehmen befragt oder besucht, die alle dieselben Informationen verlangten. Eine Analyse mit den Methoden der Netzwerktheorie zeigt die Sackgasse der positiven Absicht: Nach spätestens drei Knoten treffen sich die Pfade bei denselben Lieferanten, was die Sinnlosigkeit der vielfach parallelen Aufwände zeige.

Deshalb der Alternativ-Vorschlag: Eine Listenregelung. Eine solche Liste würde alle Unternehmen, die „freigegeben“ sind, umfassen, die produzierenden Unternehmen müssten nicht einzeln dasselbe Prozedere durchlaufen. Diese Liste müsste natürlich rechtlich verbindlich die Unternehmen entlasten. Damit würde man das Ziel des Lieferkettengesetzes wieder in den Mittelpunkt stellen: die Nachhaltigkeit.

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Rechtlich verbindliche EU-Liste für das Lieferkettengesetz

Man trete stark dafür ein, dass eine solche Listenregelung entstehe. "Das ist aber exakt gegen das, was derzeit in Entwicklung ist", so Staberhofer. Die vorherrschende Sichtweise sei, dass sich Unternehmen nicht vor ihrer Verantwortung drücken dürften, so werde das in den Ausschüssen und auch im österreichischen Parlament diskutiert, und so wurde es in Frankreich und in Deutschland beschlossen. Er sieht damit für Österreich mit einer Listenregelung eine historische Chance: „Wir könnten Europasieger der Nachhaltigkeit werden.“

"Das Vernünftigste wäre eine EU-Liste. Ich bin davon überzeugt, dass in den nächsten Jahren Realismus einkehrt. Da geht es nicht um Meinung, das derzeit Geplante funktioniert sachlich betrachtet nicht", erklärt Franz Staberhofer im dispo-Gespräch. Die Masse an Informationen sei per se nicht lös- und machbar. "Eine Liste mit gewissen Freigabe-Kriterien, die in ihrer Gültigkeit auch rechtlich verbindlich sind", sieht er hier als Lösung.

Diese rechtliche Verbindlichkeit ist dabei ausschlaggebend, denn die pure Existenz einer Liste helfe nichts, wenn die Geschäftsführer der Unternehmen trotzdem geklagt werden könnten. Hierfür müsste auf staatlicher Ebene Verantwortung übernommen werden. Ziel sei es nun, dem Staat in Form von Daten „Futter zu geben“, um eine solche Listenregelung zumindest in Österreich umsetzen zu können.