Multisourcing : Neue Wege für resiliente globale Lieferketten als Alternative zu China

Zunehmende geopolitische Spannungen, Handelskonflikte und die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie haben die Fragilität globaler Lieferketten offengelegt. Hier wurde die Notwendigkeit offengelegt, sich weniger abhängig von China zu machen und Lieferketten widerstandsfähiger zu gestalten - ihre Produktions- und Beschaffungsstandorte zu diversifizieren und mehr auf Multishoring zu setzen.
Eine Analyse DHL Global Forwarding beleuchtet dafür mehrere Länder in Südostasien, Süd- und Osteuropa sowie dem Nahen Osten und Südamerika als mögliche strategische Alternativen und Ergänzungen zu China und sieht sich auch an, welche Kriterien bei der Wahl alternativer Standorte entscheidend sind.
Der Ansatz „China Plus X“
Die Strategie „China Plus X“ ist eine Weiterentwicklung des „China Plus 1“-Ansatzes und zielt darauf ab, Produktionskapazitäten auf mehrere Länder zu verteilen, anstatt sich nur auf eine Alternative zu China zu verlassen. Die wichtigsten Faktoren, die diesen Wandel vorantreiben, sind:
Handelskonflikte und Zölle: Die Einführung von Strafzöllen auf chinesische Produkte durch die USA, Kanada und die EU hat Unternehmen gezwungen, ihre Produktionsstrategien zu überdenken. Vor allem hohe Zölle auf Elektrofahrzeuge, Batterien, Solarpaneele und Halbleiter haben dazu geführt, dass Unternehmen nach alternativen Standorten suchen.
Auswirkungen der Corona-Pandemie: Die drei Jahre andauernden Lockdowns in China haben Produktions- und Lieferketten erheblich gestört. Besonders betroffen waren Branchen wie die Automobil-, Halbleiter- und Elektronikindustrie.
Geopolitische Spannungen: Die zunehmenden politischen Konflikte zwischen China und westlichen Nationen haben das Risiko für Unternehmen mit hohen China-Abhängigkeiten erhöht. Eine KPMG-Studie aus 2022 zeigt, dass geopolitische Risiken als größte Bedrohung für die Stabilität der Lieferketten gelten.
Rückgang ausländischer Direktinvestitionen (FDI): Die ausländischen Direktinvestitionen in China sind drastisch gesunken – von 100 Milliarden US-Dollar im ersten Quartal 2022 auf nur noch 20 Milliarden im ersten Quartal 2023. Dies zeigt, dass Unternehmen verstärkt in alternative Produktionsstandorte investieren.
Verlagerung der Produktion näher an Absatzmärkte: Unternehmen reduzieren Transportzeiten und -kosten, indem sie Standorte wählen, die näher an ihren wichtigsten Märkten liegen. Beispielsweise verlagern viele Hersteller Produktionskapazitäten nach Mexiko und Lateinamerika für den US-Markt oder nach Osteuropa für Europa.
Fünf entscheidende Faktoren bei der Standortwahl
Die erfolgreiche Umsetzung der „China Plus X“-Strategie erfordert eine sorgfältige Analyse potenzieller Standorte. Fünf Hauptkriterien spielen hierbei eine zentrale Rolle:
Transportkapazität und -kosten
Unternehmen müssen die Effizienz und Qualität der Transportinfrastruktur bewerten. Dies umfasst Straßen-, Schienen-, Luft- und Seefrachtmöglichkeiten sowie alternative Transportlösungen. Die Frachtkostenanalyse ist ebenfalls entscheidend, um wirtschaftlich tragfähige Routen sicherzustellen. Eine robuste Verkehrsinfrastruktur ist von entscheidender Bedeutung, da sie die Kapazität, Qualität und Transitzeiten umfasst, die für eine effiziente Logistik unerlässlich sind.
Kostenstruktur
Diese umfasst die Bewertung der Logistikkosten, der Arbeitskosten und der Gesamtrendite (ROI), die mit der Verlagerung der Produktion in ein bestimmtes Land verbunden sind. Neben den Lohnkosten sind auch Miet-, Logistik- und Rohstoffkosten von Bedeutung.
Länderinfrastruktur
Die physische und digitale Infrastruktur eines Landes, einschließlich Breitbandkapazität, Transportnetzwerke und geplante Investitionen in neue Flughäfen oder Häfen, beeinflusst die Attraktivität als Logistikstandort erheblich.
Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte
Unternehmen prüfen die vorhandene Fachkräftebasis und deren Ausbildungsniveau. Länder mit einer jungen und gut ausgebildeten Bevölkerung, wie Indien oder Vietnam, sind besonders attraktiv.
Regulierungsrahmen
Steuervergünstigungen, Freihandelsabkommen und Schutz geistigen Eigentums sind essenzielle Faktoren für Unternehmen, um Verlagerungen zu erleichtern. Länder mit stabilen Handelsbeziehungen, wie Vietnam mit seinem Freihandelsabkommen mit der EU, gewinnen an Bedeutung.
Welche Länder profitieren von der „China Plus X“-Strategie?
Je nach Branche und Anforderungen bieten sich unterschiedliche Länder als alternative Produktionsstandorte an. Besonders häufig genannt werden Indien und Vietnam als führende Standorte in Asien, die verstärkt in Infrastruktur und Ausbildung investieren. Mexiko und Lateinamerika, die aufgrund ihrer Nähe zu den USA profitieren. Und schließlich osteuropäische Länder wie Ungarn, die einen direkten Zugang zum europäischen Markt ermöglichen.