Digitalisierung : Der Disponent wird zum Qualitäts- und Datenmanager

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Mit optimierter Dispositionsplanung lässt sich die Zahl der transportieren Waren steigern.

- © Luiz Ribeiro - stock.adobe.com

„Wir haben gemerkt, dass vor allem im Bereich der Disposition immer noch sehr viel manueller Aufwand zu tun ist“: Diese Erkenntnis von Florian Schimandl und seinen Informatiker-Kollegen war der Startschuss für das Start-up Smartlane, das angetreten ist, um mit Algorithmen die Zukunft der Disposition einzuläuten.

Die Aufgaben eines Disponenten sind vielfältig: Die Annahme von Aufträgen und vor allem die Planung und Verteilung der Aufträge – sowie das Troubleshooting bei etwaigen Problemen – sind nur einige der Tätigkeiten. Je kleiner das Unternehmen, desto größer ist meist deren Funktionsbereich. Themen wie Fahrermangel, horrende Energiepreise, Pläne zur Dekarbonisierung sowie generell steigende Kosten erschweren dabei die tägliche Arbeit.

Ein großer Hebel, um die Disposition zu entlasten und mehr Zeit für qualitative Tätigkeiten zu ermöglichen, ist die Automatisierung. Und hier kommt Smartlane ins Spiel: „Wir automatisieren Routineaufgaben des Disponenten, wir nehmen die Standards, die er oder sie tagtäglich zu tun hat, ab. Der Disponent kann sich dann beispielsweise um das Thema Datenqualität kümmern und größeren Fokus auf Kunden und Fahrer legen, um die Servicequalität hochzuhalten“, konkretisiert Schimandl. Denn vor allem die Datenqualität sei oftmals herausfordernd, erklärt er, Daten seien teilweise unvollständig, und oft habe der Disponent viele Daten im Kopf, die nicht digitalisiert vorliegen. „Dahingehend wird sich, denke ich, zukünftig die Rolle des Disponenten hin zum Datenmanager ändern.“

Die Smartlane-Gründer Mathias Baur, Monja Mühling und Florian Schimandl.

- © Smartlane

Schwierige Datenlage

Vor allem in der Stückgutlogistik gebe es dabei großes Optimierungspotenzial, weshalb sich Smartlane auf diese Nische fokussiert. Denn in diesem Bereich arbeiten Unternehmen vor allem mit Daten von anderen Unternehmen oder Partnerunternehmen, weshalb die
Informationen sehr heterogen seien. „Manche Informationen fehlen oder sind
fehlerhaft, da müssen dann spontan etwa sieben statt fünf Paletten abgeholt werden“,
so der Gründer. Dabei ist das Thema Stückgutnahverkehr auf der Straße sehr nah
dran am ursprünglichen Forschungsbereich der Gründer: Verkehrstechnik. Denn
grundsätzlich sei man angetreten, um Verkehr ordentlich zu managen, Ressourcen
optimal zu nutzen und die sich auf der Straße bewegenden Fahrzeuge optimal
auszulasten.

Das heißt hier wird nicht nur der Disponent selbst entlastet, die Optimierung des Transports soll auch Auswirkungen auf den Fahrermangel und auf die CO2-Bilanz haben, da durch die Bündelung von Transporten, dem Einsatz des ideal passenden Fuhrparks und genauere Tourenplanungen weniger Fahrzeuge eingesetzt werden müssen oder bestimmte
Fahrzeuge gar nicht mehr benötigt werden. „Oft haben wir bei unseren Kunden die
klassische Mischung aus Eigenfahrzeugen und Fahrzeugen von Subunternehmen,
durch die Automatisierung müssen schließlich weniger Subunternehmer beauftragt
werden.“

Corona, Naturgewalten & Co

Kaum einer der Kunden von Smartlane leide dabei unter Minderauslastung, so Schimandl, vor allem durch Corona seien Volumina stark gewachsen, teilweise auch mit anderen
Anforderungen, etwa im B2C-Bereich. „Wir schaffen es durch Automatisierung, die
Ware, die in der Halle ist, schneller hinauszubefördern. Vorher ist ein Haufen
liegen geblieben, weil es einfach zu viele Aufträge gab. Wir hatten
beispielsweise letztes Jahr auch das Thema mit der Flut in Deutschland, da
konnten bestimmte Gebiete einfach nicht beliefert werden, die Ware blieb in der
Halle. Da haben wir es geschafft, durch Optimierung mehr Ware wegzubekommen. Da
liegen wir bei etwa 15 bis 20 Prozent, wie uns Kunden rückmelden“, so Schimandl.

Eine erfolgreiche Finanzierungsrunde Anfang des Jahres bestätigt dem Start-up die Bedeutung der Optimierungssoftware. Damit will Smartlane die Mitarbeiterzahl auf 60 verdoppeln und den nächsten Schritt gehen und Netzwerke optimieren. „Da nehmen wir den Blick weg vom Einzelstandort und konzentrieren uns auf die Optimierung mehrerer Standorte. Denn es gibt viele Verbünde, die übergeordnet agieren, es gibt viele
Unternehmen mit mehreren Standorten, die dezentral organisiert sind. Dort wird
noch viel Potenzial verschenkt“, erklärt Schimandl. Damit könne man Leerfahrten
reduzieren, Kilometer und CO2 einsparen, den Fuhrpark optimal ausnutzen, und das
über Standortgrenzen hinweg. Hier sei man gerade dabei, das Geschäftsfeld
vorzubereiten, so Schimandl, vermutlich „im Laufe des nächsten Jahres“ werde
man Netzwerkoptimierung anbieten.

"Stückgutlogistik ist eine große Herausforderung für Unternehmen"
Florian Schimandl, CEO und Gründer von Smartlane

Interview mit Gründer Florian Schimandl: "Wollen unsere Mitarbeiterzahl im Laufe des Jahres verdoppeln"

Wie ist das Start-up Smartlane entstanden?

Florian Schimandl
Wir Gründer haben uns in der universitären Verkehrsforschung an der Technischen Universität München kennengelernt und dort viele Tools und Algorithmen
entwickelt, die wir in den Markt bringen wollten. Wir haben uns überlegt in
welche Märkte wir vordringen können und uns gefragt, wo der Digitalisierungswunsch hoch, aber der Digitalisierungsgrad gering ist - also wo wir mit Automatisierung, Technologie und Algorithmen anpacken können, und sind so sehr schnell in den Bereich der Logistik, und hier zur Disposition gekommen. 2019 haben wir dann eine Nische gefunden, nämlich die Stückgutlogistik, weil wir gemerkt haben, das ist eine große Herausforderung für die Unternehmen.

Welche Datenquellen verwendet Smartlane?


Schimandl
Wir nutzen die unternehmensinternen Daten, also Auftrags- und Sendungsinformationen, Fahrzeuginformationen, Verkehrsinformationen fürs Routing und die Verkehrslage. Man kann beliebig viele betriebliche Daten mit integrieren, und die behalten wir kontinuierlich im Blick.

Wie ist Ihr Unternehmen aufgestellt? Gibt es bereits Referenzkunden?


Schimandl
Einer unserer Leuchtturmkunden ist Hartmann International aus dem Cargoline-Verbund, mit dem wir an zwei Standorten zusammenarbeiten, aktuell sind wir mit vielen weiteren Cargoline-Kunden und auch anderen großen Unternehmen im Kundenverhältnis. Wir sind mit 25 Mitarbeitern in 2022 gestartet und stark am Wachsen. Anfang des Jahres haben wir eine Finanzierungsrunde abgeschlossen, undmit dem Volumen, das wir eingesammelt haben, wollen wir unsere Mitarbeiterzahlim Laufe dieses Jahres verdoppeln.

Was sind die nächsten Schritte?


Schimandl
Grundsätzlich ist das Thema der Netzwerkoptimierung ein großes, wo wir uns auf die Optimierung mehrerer Standorte konzentrieren möchten, und dann wird natürlich früher oder später das Thema Internationalisierung interessant. Denn sobald wir uns nicht
mehr nur über Nahverkehr unterhalten, sind wir schnell im internationalen Umfeld. Zurzeit haben wir eben noch den Fokus im Stückgutbereich im Nahverkehr, wo wir alles optimieren, was rund um das Depot passiert – also vereinfacht gesagt: Die letzte Meile.

Portrait von Florian Schimandl, Gründer von Smartlane
© Daniel Schvarcz