Neue Technologie als Übergangslösung für den Schwerlastverkehr : DHL und Scania testen Elektro-Lkw mit Range Extender

Der „Extended Range Electric Vehicle“ (EREV) von DHL und Scania
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Die Elektrifizierung des Schwerlastverkehrs steht vor großen Herausforderungen: eine unzureichende Ladeinfrastruktur, hohe Kosten für den Aufbau von Ladestationen in Logistikzentren und schwankende Strompreise. Das gemeinsam entwickelte Fahrzeugkonzept mit einem Reichweitenverlängerer von DHL und Scania soll eine praktikable Zwischenlösung bieten.

Der „Extended Range Electric Vehicle“ (EREV) fährt zu 80 bis 90 Prozent mit erneuerbarer Energie und ermöglicht eine Reichweite von 650 bis 800 Kilometern. Das Fahrzeug kann an herkömmlichen Tankstellen betankt werden und bietet damit eine höhere Flexibilität im Betrieb als rein batterieelektrische Lkw, die bei gleichem Maximalgewicht aktuell eine Reichweite von rund 550 Kilometern erreichen.

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Praxisnahe Erprobung im DHL-Netzwerk

Der Testlauf des EREV beginnt im Februar 2025 und soll mehrere Monate andauern. Je nach Ergebnissen könnte DHL weitere Fahrzeuge in die eigene Flotte aufnehmen. Der kraftstoffbetriebene Generator ersetzt einen der Akkus eines vollelektrischen Scania-Lkw und dient als Energiereserve für Streckenabschnitte ohne Ladeinfrastruktur.

Das Fahrzeug misst 10,5 Meter, hat ein zulässiges Gesamtgewicht von 40 Tonnen und wird von einem 230-kW-Elektromotor angetrieben. Die Energie stammt aus einer 416-kWh-Batterie und einem 120-kW-Generator, der zunächst mit Benzin, später mit erneuerbarem Diesel (HVO) betrieben werden soll. EREVs können mit einer Software ausgestattet werden, die die Nutzung des kraftstoffbetriebenen Generators einschränkt. Die Höchstgeschwindigkeit des Lkw beträgt 89 km/h, das Fassungsvermögen liegt bei rund 1.000 Paketen, dem Volumen einer Wechselbrücke. Außerdem kann der Lkw einen Anhänger mit einer weiteren Wechselbrücke ziehen.

DHL-CEO Tobias Meyer betont, dass der Straßengüterverkehr kurzfristig umweltfreundlicher gestaltet werden muss, auch wenn eine vollständige Elektrifizierung noch Zeit benötigt. „Es wird noch etwas dauern, bis die nötigen Voraussetzungen für eine vollständige Umstellung auf batterieelektrische Lkw, vor allem in einem so großen System wie dem deutschen DHL-Paketnetz, geschaffen sind – durch ein ausreichend robustes Stromnetz, eine verlässliche Ökostromversorgung und eine flächendeckende Ladeinfrastruktur. Anstatt darauf zu warten, arbeiten DHL und Scania gemeinsam an einer pragmatischen Lösung.

Meyer fordert eine Anpassung der EU-Straßennutzungsgebühren und CO₂-Flottengrenzwerte, um Emissionsreduktionen wirtschaftlich attraktiver zu machen. Auch Scania-CEO Christian Levin unterstreicht die Bedeutung von Übergangslösungen: „Die Zukunft ist elektrisch, aber auf dem Weg in diese Zukunft, aber das Perfekte darf nicht der Feind des Guten sein.“ Die Branche benötige politische Unterstützung und höhere Investitionen in die Ladeinfrastruktur, um eine vollständige Dekarbonisierung des Verkehrssektors zu ermöglichen. "Eine effektive Klimawende setzt voraus, dass derartige Lösungen auf politische Akzeptanz stoßen und durch höhere Investitionen in den Ausbau der öffentlichen Infrastruktur und die Schaffung der erforderlichen Rahmenbedingungen unterstützt werden.“

Patent für Extended Range Electric Vehicle angemeldet

DHL und Scania haben am 19. September 2024 ein Patent auf die Technologie beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht. Sollte sich der EREV im Testbetrieb bewähren, könnte das Konzept eine wichtige Rolle beim nachhaltigen Umbau des Schwerlastverkehrs spielen.