Case Study : Künstliche Intelligenz nimmt Transportaufträge an
Die KMC Spedition mit Hauptsitz im oberösterreichischen Eferding bietet Kurier- und Sonderfahrten, Projektspedition, Teil- und Komplettladungen und Linienverkehre. Damit bedient KMC Kunden in ganz Europa.
Durch Digitalisierung gelingt es der Spedition nach Eigeninformation, gute Fachkräfte zu finden, sie zu halten und ortsunabhängig einzusetzen. Sechs der acht Beschäftigten arbeiten im Home Office, in der Firmenzentrale sitzen noch Geschäftsführer Kamil Mathajsl und zwei Personen – „falls irgendwer doch noch mal irgendwann Post schickt“, schmunzelt Mathajsl. Sonst aber sitzen die Teammitglieder verteilt in Berlin, Wien, Würzburg und an weiteren Standorten.
Beim Recruiting ist der Geschäftsführer damit nicht mehr darauf angewiesen, dass sich die geeigneten Fachkräfte in örtlicher Nähe des Firmensitzes finden lassen. Das Hosting von Software und Hardware übernimmt ein österreichischer IT-Dienstleister.
Keine Papierdokumente mehr
Pro Monat verarbeitet die KMC Spedition zwischen 500 und 600 Aufträge. Bislang war Disponentin Nicole Ksciuk jeden Tag drei bis vier Stunden ausschließlich damit beschäftigt, die Auftragsdaten aus den PDFs in das Transport-Management-System (TMS) Translogica zu übertragen. Eine wiederkehrende und auch fehleranfällige Arbeit, die ebenso gut eine Software automatisiert übernehmen kann.
Kamil Mathajsl bekam deshalb die Software Xpact Logistics empfohlen, eine von dem Kölner Start-up Evy Solutions selbstentwickelte KI-Engine. „Damit die relevanten Daten aus Transportaufträgen auch zuverlässig ausgelesen werden, braucht es eine gute KI – und die hat Xpact Logistics, das wussten wir“, wie er erklärt.
Mit ihrem textbasierten Ansatz ist die Lösung in der Lage, relevante Informationen in unstrukturierten Daten zu identifizieren und zu klassifizieren. Denn auch bei der KMC Spedition sieht kein Auftrag aus wie der andere. Die relevanten Daten stehen immer an unterschiedlicher Stelle. Nicht selten befinden sich wichtige Daten getrennt in verschiedenen Dokumenten oder nicht direkt im PDF, sondern einer ebenfalls beigefügten Excel-Datei – oder in der E-Mail selbst. Kein Hindernis für die Software, die sich die relevanten Informationen aus allen Formaten zusammensucht.
Xpact Logistics verfügt über ein natürliches Sprachverständnis, erkennt statt stereotyper Textpositionen inhaltliche Zusammenhänge und optimiert die eigene Spracherkennung beständig selbstlernend. Bereits nach wenigen Wochen Training erreicht die Software eine Zuverlässigkeit von 99 Prozent. Wo andere KI-Tools bis zu 100.000 Dokumente benötigen, um einen entsprechenden Kundenfall zu lernen, so genügen Evy Solutions für den gleichen Fall 50 bis 100 Dokumente. Und weil KI sich per definitionem durch selbständiges Dazulernen auszeichnet, verbessern sich die Lese-Ergebnisse automatisch – und dies nach nur zwei bis drei Wochen Trainingszeit. Das sorgt dafür, dass Kunden sehr schnell im vollen Umfang v mit der Software arbeiten können. Im Einsatz ist sie bereits bei einer Reihe von Logistikunternehmen und auf die branchentypischen Eigenheiten eingestellt.
Software überwacht den Posteingang
Bei der KMC Spedition überwacht Xpact Logistics einen bestimmten Dokumenteneingang (E-Mail-Postfach) und sortiert aus allen eingehenden Schriftstücken die Transportaufträge heraus; der Rest wird in andere Abteilungen weitergeleitet oder bleibt einfach unbeachtet. Aus den PDFs liest die KI die Informationen aus und durchsucht dabei das gesamte Dokument, nicht nur bestimmte Teilbereiche. So wird zum Beispiel „Rechnungsnummer“ als Position auch identifiziert, wenn sie nicht wie üblich oben rechts sondern links steht.
Die erfassten Daten überträgt die Erkennungssoftware anschließend automatisch in das TMS. Dafür genügt ein einfaches Skript, das ein IT-Fachmann von KMC erstellt hat. Die zuständigen Sachbearbeitenden werden über die erfolgreiche Bearbeitung informiert bzw. der Transportauftrag wird ausgeführt. Über ein entsprechendes Modul nimmt die Software in diesem Zuge auch die Dokumententrennung vor. Denn manche Kunden schicken auch mehrere Einzelaufträge verpackt in ein einziges PDF, das man erst wieder aufwändig trennen muss. Zusätzlich zu den Daten legt Xpact Logistics das einzelne Auftrags-PDF im TMS ab, damit sich alles an einer Stelle befindet.
Die erfassten Daten werden auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft und dazu mit den Stammdaten des Unternehmens abgeglichen und validiert. Durch die eingebaute KI bemerkt die Software auch, wenn etwas fehlt, d. h. ein typisches Merkmal jedes Transportauftrages. In diesem Fall setzt die Software eine Warnung ab und ein Sachbearbeiter oder die Software ergänzt den Auftrag um die fehlenden Informationen.
Seit Herbst 2022 ist das System bei der KMC Spedition im Probebetrieb und wird dafür täglich mit Kundenaufträgen gefüttert. Kamil Mathajsl rechnet damit, das schon nach kurzer Zeit vom 75 Prozent der bisher benötigten Zeit für das Übertragen der Transportaufträge wegfallen und für sinnvollere Tätigkeiten genutzt werden können.
Kunden erwarten, dass auf ihren Eingangsrechnungen bestimmte Informationen an bestimmten Stellen stehen. Evy Solutions liest also aus den Aufträgen nicht nur die richtigen Positionen aus (Auftragsnummer oder Ladenummer? Europaletten oder Gitterboxen? etc.), sondern legt diese auch an genau der passenden Stelle in Translogica ab. Von können sie direkt in die Rechnung übertragen werden, was der Buchhaltung abermals viel Arbeit spart. Denn sie muss die dann automatisch vorbefüllten Rechnungen nur noch versenden. Auch andere Dokumente lassen sich auf die gleiche Art und Weise intelligent auslesen, zum Beispiel Fachbriefe (CMR) oder Lieferscheine. Frachtrechnungen von beauftragten Transportunternehmen wären eine weitere Dokumentenart. Nur wird dieser Fall nicht eintreten, da KMC in absehbarer Zeit auf Gutschriftverfahren umstellt und daher keine solche Rechnungen mehr erhalten wird.
„Das Preis-Leistungs-Verhältnis der KI-Software ist einfach überzeugend. Außerdem habe ich in der IT-Branche selten so viel Engagement erlebt wie bei Evy Solutions“, so Geschäftsführer Mathajsl begeistert. „Wenn man einmal Hilfe braucht, gibt der Hersteller umgehend darauf ein und sucht immer auch noch nach alternativen Lösungswegen.“ Der Weg der Digitalisierung geht für die KMC Spedition also mit großen Schritten weiter.