Digitalisierung im Transport : Gemeinsamer Standard für den digitalen Frachtbrief

28 Mitgliedsunternehmen der Open Logistics Foundation haben die Software in der Working Group „Electronic Transport Documents“ und dem zugehörigen Projekt „eCMR“ vorangetrieben, getestet und validiert. Die neue eCMR-Software sei rechtssicher, interoperabel und für Unternehmen jeder Größe und Branche geeignet, heißt es dazu von der Open Logistics Foundation, die das Projekt durch technische und rechtliche Expertise abgesichert hat.
Dabei ermöglicht die Verwendung eines standardisierten eCMR-Datenmodells den Austausch von eCMR-Dokumenten über föderierte Plattformen. Dafür ist weder eine zentrale Instanz noch ein Mediator oder Broker erforderlich: Jedes Unternehmen und jede Organisation kann Teil des Netzwerks werden. Zur Unterzeichnung und Validierung von eCMR-Dokumenten auf Unternehmensebene setzt die Software auf fortgeschrittene elektronische Siegel.
„Die eCMR-Software bietet die vielfach geforderte Grundlage zur digitalen und effizienten Gestaltung des internationalen Gütertransports“, erklärt Andreas Nettsträter, CEO der Open Logistics Foundation. „Der Erfolgsfaktor für den neuen Open-Source-Standard ist die Gemeinschaft. Für solche sogenannten Commodities entwickeln Unternehmen heute noch viel zu oft eigene Lösungen, statt im Rahmen der Open Logistics Foundation ihre Kräfte mit anderen Unternehmen zu bündeln.“
Nach dem Proof of Concept Ende 2023 auf zwei Transportstrecken zwischen Rhenus und Dachser ist die industrietaugliche eCMR-Software im Rahmen von zwei gemeinschaftlichen Use Cases ausgerollt worden. Dabei hatten die Logistikdienstleister Dachser und Rhenus mit Markant und Blue Yonder zusammengearbeitet.
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Rhenus: Effizienter und besser durch digitale Frachtdokumente
„Wir glauben, dass wir einige Herausforderungen in der Digitalisierung der Logistik besser gemeinsam bewältigen können“, sagt Markus Sandbrink seitens Rhenus. „Die Entwicklung des eCMR hat das Potential zu zeigen, dass wir als Branche profitieren, wenn wir die Probleme zusammen angehen. Natürlich hätte Rhenus die Aufgabe technisch auch allein lösen können, aber nur in der Gruppe konnten wir eine rechtlich und organisatorisch akzeptierte Lösung schaffen. Dass wir als Mitglieder der Open Logistics Foundation auf Open Source setzen, ist kein Selbstzweck. Durch den Open-Source-Ansatz sollen vor allem dadurch Mehrwerte entstehen, dass die Lösungen von vielen Beteiligten eingesetzt werden. Die Digitalisierung und bessere Interoperabilität führen zu Kosteneinsparungen, Qualitätsgewinnen und Effizienzsteigerungen. Das zeigen auch die Tests mit der eCMR-Lösung, z. B. mit unseren Partnern Dachser und Blue Yonder. Rhenus beispielsweise hat errechnet, dass je nach Use Case eine Ersparnis von einem Euro pro Dokument erzielt werden kann. Prozesse werden transparenter und weniger fehleranfällig – vom Anfang bis zum Ende bei der Zahlungsabwicklung.“
Dachser: Zeitgewinn liegt in der Standardisierung von Commodities
„Der neue eCMR-Standard zeigt: Open Source vereinfacht den Einstieg in die Digitalisierung und ist ein Treiber für standardisierte Commodities in digitalen Wertschöpfungsketten“, verdeutlicht Stefan Hohm von Dachser. „Der Zeitgewinn durch die Nutzung der eCMR-Software liegt in Tests mit unserem IT-Partner Markant in einigen Referenzfällen bei bis zu 60 Prozent. Das bedeutet eine erhebliche Entlastung für alle Beteiligten in der Transportkette – von den Fahrern über die Disponenten bis hin zu den Empfängern der Ware. Mehr als 25 Logistikdienstleister, Transportplattformen sowie Logistik- und IT-Dienstleister – viele davon Marktbegleiter, einige davon mit bereits bestehenden individuellen eCMR-Lösungen – haben gemeinsam an dem neuen eCMR-Standard gearbeitet. Die Software profitiert davon, dass sie viele unterschiedliche Perspektiven berücksichtigt. Unsere erfolgreichen Pilotanwendungen mit unserem Partner Markant haben zudem gezeigt, dass wir eine große Chance haben, mit diesem Open-Source-Ansatz noch viel mehr Transportdokumente und -informationen zu digitalisieren. Die Entwicklungen und organisatorischen Entscheidungen im Zusammenhang mit dem eCMR sind dafür hochrelevant und daher der perfekte Ausgangspunkt.“
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Andreas Nettsträter fügt resümierend hinzu: „Die neue Open-Source-Software bringt den digitalen Frachtbrief auf einen gemeinsamen Standard – keinen formell normierten, sondern einen durch die gemeinschaftliche Entwicklung und den Rückhalt von Unternehmen legitimierten Standard, einen sogenannten De-facto- oder Industriestandard.“ Jedes Unternehmen kann die eCMR-Software im Repository der Stiftung herunterladen, individualisieren, verwenden und ist damit kompatibel zu anderen Nutzern der Open-Source-Software. Die Implementierung der Software in ihre Bestandssysteme können Unternehmen selbst vornehmen bzw. geeignete IT-Dienstleister damit beauftragen. Lizenzgebühren fallen nicht an. „Der eCMR ist unser erstes Leuchtturmprojekt seit der Gründung 2021“, sagt Nettsträter. „Mit der Unterstützung unserer rund 50 Mitglieder und Netzwerkpartner (Stand Mai 2025), zukünftiger Mitglieder und einer wachsenden Logistik-Community werden noch viele weitere erfolgreiche neue Industriestandards auf Open-Source-Basis dazukommen. Jeder ist willkommen, mitzugestalten.“