Letzte Meile : Logistiker setzen auf Abholstationen

Die neue SB-Filiale der Post im 5. Bezirk

700 Abholfächer, zwei Versandstationen, ein Bankomat und rund um die Uhr geöffnet: Die neue SB-Filiale der Post im 5. Bezirk

- © Österreichische Post AG

Paketmarkt wächst durch China-Importe

Laut einer aktuellen Marktstudie des Marktforschungsinstituts Branchenradar wurden 2024 in Österreich rund 397 Millionen Pakete transportiert – das entspricht einem Anstieg von 7,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Insbesondere das B2C-Segment wuchs um 11,4 Prozent und machte mit 289 Millionen Sendungen den größten Anteil aus. Der Bereich der Pakete an Businesskunden stagnierte im Jahr 2024 in Österreich. 

„Angeschoben wurde der Markt einmal mehr vom B2C-Segment“, so Andreas Kreutzer, Geschäftsführer von Branchenradar Marktanalyse. Im Jahresvergleich erhöhte sich die Paketanzahl um fast 30 Millionen Stück auf insgesamt rund 289 Millionen Pakete. Das ist ein Plus um 11,4 Prozent gegenüber Vorjahr. 

Der überwiegende Teil des Zuwachses ist vermutlich auf chinesische Online-Händler, wie beispielsweise Temu, Shein oder AliExpress zurückzuführen. Der EU-Kommission zufolge hat sich in der Europäischen Union das Paketvolumen aus China seit 2023 mehr als verdreifacht auf zuletzt 4,17 Milliarden Sendungen. Teilt man diese Stückzahl nach dem Bevölkerungsschlüssel auf, entfallen auf Österreich mehr als 80 Millionen Pakete. 

Da Sendungen aus China für österreichische Empfänger in der Regel aber in Ungarn konsolidiert werden, fällt es den heimischen Paketdiensten schwer, die tatsächliche Anzahl statistisch zu erfassen. „Man ist daher auf grobe Schätzungen angewiesen“, so Kreutzer, oder eben auf Berechnungen. Der B2B-Markt stagnierte im Vorjahr hingegen mit knapp 99 Millionen Paketen annähernd auf Vorjahresniveau und entwickelte sich damit konjunkturkonform.

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Das gestiegene Paketvolumen hat auch der Österreichischen Post Wachstum gebracht: Sie konnte ihren Marktanteil um zwei Prozent ausbauen, die Paketmenge wuchs im Vorjahr um zwölf Prozent. Damit wachse das Unternehmen nicht nur stärker als der Markt, sondern verzeichnet auch das kräftigste Paketwachstum aller heimischen KEP-Anbieter, heißt es in einer Aussendung. „Zwei von drei Privatkund*innen-Paketen werden in Österreich von der Post zugestellt. Auch bei den Businesskund*innen-Paketen konnten wir zulegen und haben dadurch nun einen Anteil von 56 Prozent am heimischen Gesamtmarkt", so Peter Umundum, Generaldirektor-Stellvertreter, Vorstand für Paket & Logistik, Österreichische Post AG.

Nun hat die Post angekündigt, ihre Selbstbedienungsinfrastruktur in Wien bis Ende 2025 erheblich zu erweitern. Geplant sind 25 neue SB-Filialen, zehn zusätzliche große Poststationen und 3.000 weitere Post Empfangsboxen. Diese Stationen ermöglichen es den Kundinnen und Kunden, ihre Pakete rund um die Uhr abzuholen oder Retouren abzugeben. Der Ausbau ist eine Reaktion auf die steigende Nachfrage nach flexiblen Abholmöglichkeiten. Allein 2024 wurden in Wien fast neun Millionen Pakete über bestehende SB-Infrastrukturen abgewickelt.

„Wir wollen allen Wiener*innen eine Poststation im Schlapfenradius anbieten“, erklärt Walter Oblin, Generaldirektor der Österreichischen Post. Die neuen SB-Filialen sollen nicht nur die Paketzustellung effizienter gestalten, sondern auch Stadtviertel beleben, indem sie leerstehende Geschäftslokale nutzen. Ein Beispiel dafür ist die neue SB-Filiale in der Reinprechtsdorfer Straße im 5. Bezirk. Auf einer Fläche von 130 Quadratmetern stehen dort fast 700 Abholfächer, zwei Versandstationen und ein Bankomat zur Verfügung. Rund 8.000 Haushalte profitieren von dieser rund um die Uhr geöffneten Abholmöglichkeit.

Wien verfügt bereits über ein dichtes Netz an Postinfrastrukturen: 86 Postfilialen, 25 Post Partner, 24 SB-Filialen, 460 Poststationen mit über 62.000 Abholfächern sowie mehr als 55.000 Post Empfangsboxen in Mehrparteienhäusern. Damit setzt die Post in Wien konkrete Schritte, die Haustür-Zustellung schrittweise zu reduzieren und stattdessen auf zentrale Abholorte zu setzen.

DHL setzt auf Expansion in Europa

Nicht nur die Österreichische Post, sondern auch andere Logistikunternehmen treiben die Entwicklung hin zur Selbstbedienung voran. DHL plant, die Anzahl seiner Paketautomaten bis 2030 von derzeit 15.000 auf 30.000 zu verdoppeln. Dabei setzt das Unternehmen auf verschiedene Automatentypen, die an Supermärkten, Bahnhöfen und Tankstellen aufgestellt werden. Auch in Österreich ist eine schrittweise Expansion geplant.

Ein Schritt ist die Einführung der Tochtermarke „DeinFach“, die reine Paketstationen ohne eigene Logistik betreibt. Diese sollen von verschiedenen Zustellern genutzt werden können, um Pakete effizienter auszuliefern. DHL betont die Vorteile der Automaten für Kunden: kürzere Wegstrecken, flexible Abholmöglichkeiten und niedrigere Kosten im Vergleich zur Haustür-Zustellung.

Effizienzsteigerung als Hauptmotiv

Der Hauptgrund für die verstärkte Nutzung von Paketautomaten liegt in der Effizienzsteigerung. Die Zustellung an zentrale Abholstationen reduziert die Anzahl der Stopps pro Zusteller erheblich, wodurch Zeit und Kosten eingespart werden. „Natürlich hat ein Paket bei einer Packstationszustellung weniger Kosten“, erklärt Nikola Hagleitner, Vorständin bei DHL. Gleichzeitig werde den Kunden jedoch die Wahl gelassen, ob sie eine Haustür-Zustellung oder eine Abholung an einer Station bevorzugen.

myflexbox will massiv in Österreich ausbauen

Auch das österreichische Unternehmen myflexbox forciert den Ausbau seiner Paketautomaten. Während das Unternehmen derzeit 460 Stationen in Deutschland betreibt, soll die Anzahl bis 2030 auf mindestens 5.000 wachsen. Auch in Österreich plant myflexbox eine massive Expansion. Das Unternehmen verfolgt ein offenes System, das von mehreren Paketdiensten wie GLS, DPD, FedEx und UPS genutzt werden kann.

Lukas Wieser, CEO von myflexbox, verweist auf das Beispiel Polen, wo bereits über 40.000 Paketautomaten im Einsatz sind. Er sieht in Österreich und Deutschland ein Potenzial von mindestens 100.000 Paketstationen. Auch aus Sicht der Städte ist die Entwicklung positiv: Der Deutsche Städtetag begrüßt die Automaten als Möglichkeit, den Verkehr zu reduzieren und Innenstädte zu entlasten. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass bei der Standortwahl darauf geachtet werden müsse, Verkehrsbehinderungen durch falsch parkende Fahrzeuge zu vermeiden.

Wandel im Zustellverhalten

Der Trend zur Selbstbedienung in der Paketlogistik zeigt, dass sich das Konsum- und Abholverhalten verändert. Immer mehr Menschen bevorzugen flexible Abholmöglichkeiten gegenüber der klassischen Haustür-Zustellung. Gleichzeitig treiben steigende Kosten und logistische Herausforderungen die Logistikbranche dazu, neue Lösungen zu entwickeln. Während in Nordeuropa die Haustür-Zustellung bereits weitgehend durch Paketstationen ersetzt wurde, nimmt die Entwicklung in Österreich nun rasant Fahrt auf.