Luftfahrt : MSC und Lufthansa wollen ITA Airways übernehmen
Die Schweizer Reederei MSC zielt bei ihrem geplanten Einstieg bei der italienischen Staatsairline ITA (früher: Alitalia) auf einen Mehrheitsanteil ab. "Das wichtigste ist, dass wir die Mehrheit an ITA Airways haben", sagte Gianluigi Aponte, Gründer und Verwaltungsratsvorsitzender von MSC. Die AUA-Mutter Lufthansa könne als kommerzieller Partner oder Minderheitsaktionär dabei sein.
MSC wolle ITA, die Nachfolgerin von Alitalia, führen und nicht nur ein "schlafender Partner" sein. Das Management solle aber nicht ausgetauscht werden. Gesprochen werden muss vor allem mit dem italienischen Staat, der die ITA vollständig besitzt. Für die Übernahme-Verhandlungen haben sich MSC und Lufthansa eine Frist von 90 Arbeitstagen ausbedungen.
Die seit Oktober 2021 am Himmel aktive ITA ist nach mehreren Pleiten und milliardenschweren Stützungen der Vorgängerin Alitalia ordentlich herausgeputzt worden. Nur noch 2.800 von einstmals 11.000 durchaus streikfreudigen Beschäftigten sind noch an Bord, die Airbus-Flotte von derzeit 52 Flugzeugen soll trotz Coronaflaute umfassend erneuert und auf 105 Jets erweitert werden. Die ITA wäre dann größer als die bisher größte Lufthansa-Tochter Swiss. Der Sanierer Altavilla sagte dem "Handelsblatt", dass es bereits ein großer Erfolg sei, in so wenigen Monaten das Interesse eines "großen Unternehmens wie der Lufthansa und einer großen Gruppe wie MSC geweckt zu haben."
Sollte es zu einer Übernahme kommen, werden die neuen Eigner darauf bestehen, die ITA in die von Lufthansa dominierte Star Alliance zu integrieren und Umsteiger auf die eigenen Drehkreuze wie Frankfurt, München oder Zürich zu lenken. Bisher sind die Italiener im SkyTeam von Air France-KLM vertreten.
"Natürlich ist der italienische Markt hochlukrativ. Und da Italien niemals auf seine eigene Airline verzichten wird, ist die Übernahme ein richtiger Schritt", sagt Gerald Wissel von der Luftfahrt-Beratungsgesellschaft Airborne. Er warnt aber zugleich vor alten und neuen Problemen. Der Einfluss der italienischen Gewerkschaften müsse dauerhaft begrenzt und das ausufernde Drehkreuz-System des Lufthansa-Konzerns neu sortiert werden. "Man sollte Rom mit Wien, München und Brüssel gemeinsam betrachten."
Für die Verantwortlichen in Rom scheint das Offert der Lufthansa und der MSC-Reederei mit ihren italienischen Wurzeln sehr verlockend zu sein. Die industrielle Logik des Offerts sei "sehr überzeugend" und "äußerst interessant", verteilte Altavilla schon einmal reichlich Vorschusslorbeeren. Neben rund drei Millionen MSC-Kreuzfahrtpassagieren als potenziellen Kunden sehe er auch Möglichkeiten im Frachtbereich: "Cargo ist heute der Sektor, in dem die höchsten Gewinnspannen erzielt werden."
Die Branchenriesen in der Schifffahrt liefern sich mit prall gefüllten Kassen einen Wettstreit um Übernahmeziele. Die sehr expansive, 1970 vom Italiener Gianluigi Aponte gegründete Mediterranean Shipping Company (MSC) hat gerade nach Jahrzehnten den Konkurrenten Maersk vom ersten Platz bei der angebotenen Frachtkapazität verdrängt. Aponte gehörte schon 2008 zu einem Aktionärskonsortium zur Rettung der Alitalia, stieg aber bald aus dem von Silvio Berlusconi geschmiedeten Bündnis aus.
"Ihre Ziele sind vielfältig und zeigen die Ambitionen, mehr Einfluss auf die globalen Lieferketten zu gewinnen", schreiben die Analysten der Unternehmensberatung PwC in einer aktuellen Studie über die Mega-Reedereien. Neben Investitionen ins Kerngeschäft Schifffahrt sowie in Hafenterminals kauften Reedereien verstärkt auch "Spediteure, um direkten Zugang zu den Verladern zu erhalten". Auch Airlines passen da nicht schlecht, wie es die französische CMA CGM vormacht.