US-Handel : Trumps Zollpolitik wirkt sich bereits auf die Luftfahrt aus

Noch rätselt die Branche über die künftigen Bedingungen, während die EU und die USA verhandeln. Derzeit gelten nur der neue US-Basiszoll von 10 Prozent sowie Sonderzölle von 25 Prozent auf Autos, Autoteile, Stahl und Aluminium. Zivile Flugzeuge und Flugzeugteile sind bisher aufgrund eines WTO-Abkommens zwischen der EU und den USA aus dem Jahr 1980 von den Zöllen ausgenommen. "Dieses Abkommen soll auch weiterhin gelten", sagt ein Sprecher des Branchenverbandes BDL.
Doch zunächst verzichteten die Menschen einfach auf Flugreisen, warnt Branchenexpertin Maria Latorre vom Kreditversicherer Euler Hermes. Wegen wachsender Sorgen um die US-Wirtschaftskraft und inflationärer Folgen rechnet sie mit einer deutlichen Verlangsamung des USA-Tourismus, sowohl im Austausch mit China als auch mit Europa, und entsprechend sinkenden Buchungszahlen.
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Nordatlantik ist Hauptmarkt für Lufthansa
Der Lufthansa-Konzern macht mit Verweis auf den anstehenden Quartalsbericht derzeit keine Angaben zum Kernmarkt Nordatlantik. Bei der Bilanzvorlage im März hatte Konzernchef Carsten Spohr noch von stabilen Buchungszahlen und hohen Ticketpreisen vor allem bei US-Kunden gesprochen. Konkurrent Condor berichtet, die Buchungseingänge lägen "im Rahmen der eigenen Markterwartungen". Massive Veränderungen habe es nicht gegeben.
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Dass es mit der Ruhe in Zeiten von Trumps Zollgewitter schnell vorbei sein könnte, zeigt der Blick auf den US-Inlandsmarkt. Behörden, Geschäftsleute und Privatreisende buchen weniger Inlandsflüge, halten aus Angst vor Inflation ihr Geld zusammen. In der Folge haben die großen US-Airlines ihre Erwartungen nach unten korrigiert, wagen teilweise keine Prognosen mehr. Und Virgin Atlantic Airways meldet Buchungsrückgänge für Langstreckenflüge zwischen den USA und Großbritannien.
Lieferketten für den Bau von Flugzeugen werden zum Problem
Größere Sorgen bereiten jedoch die Lieferketten für den Bau moderner Passagierflugzeuge. Nach einer Aufstellung von Euler Hermes hat Airbus mehr als 2.000 Zulieferer, Boeing immerhin 345, von denen die meisten ebenfalls im potenziell zollpflichtigen Ausland angesiedelt sind. "Europa und Amerika sind in der Luftfahrt eng miteinander verflochten. Unsere Unternehmen sind dringend auf Zulieferungen angewiesen. Teilweise gibt es im Produktionsprozess sogar mehrere Grenzübertritte", sagt Marie-Christine von Hahn, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI).
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Schon ohne zusätzliche Zollschranken sind Passagierjets nach der Corona-Krise ein knappes Gut, was zu ausgedünnten Flugplänen und entsprechend hohen Ticketpreisen geführt hat. Wegen massiver Fertigungs- und Zulassungsprobleme ist vor allem Boeing mit den Auslieferungen im Verzug, sodass viele Airlines händeringend auf neue Flugzeuge warten. Beim europäischen Konkurrenten Airbus sind die Auftragsbücher mit dem Zehnfachen einer Jahresproduktion übervoll.
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So reagieren Chinas Fluggesellschaften
China soll laut der Finanznachrichtenagentur Bloomberg seine Fluggesellschaften angewiesen haben, keine Flugzeuge des US-Flugzeugbauers Boeing mehr zu kaufen und keine Flugzeugausrüstung und -teile von US-Firmen zu beziehen. Die Stunde des eigenen Mittelstreckenjets Comac C919 könnte in China schlagen, auch wenn viele Teile aus dem Westen stammen. "Diese transatlantischen Zölle nützen nur unseren Konkurrenten. Der Westen bremst damit seine eigene Wettbewerbsfähigkeit", sagt von Hahn.
Die Lufthansa hatte zum Jahreswechsel 242 Flugzeuge fest bestellt, 101 Jets sollen von Boeing kommen. Darunter sind auch 15 fertig montierte Dreamliner vom Langstreckentyp 787, die wegen fehlender Zulassungen für die Lufthansa-Sitze noch in Seattle auf dem Hof stehen. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" wird intern bereits geprüft, die Jets vor drastischen Zollerhöhungen kurzfristig einmal über den Atlantik zu fliegen oder über die Schweiz zu importieren.
So reagieren Airbus- und Boeing-Kunden
Boeing-Großkunde Ryanair setzt darauf, dass Trump seinen Exportschlager Boeing nicht mit Zöllen belegt. Die Iren erwarten vom kommenden Jahr an bis 2034 die Lieferung von 330 Boeing 737 - "zum vereinbarten Preis", wie das Unternehmen auf dpa-Anfrage mitteilte. Ein Umstieg auf europäische Airbus-Flugzeuge sei wegen der vollen Auftragsbücher der Flugzeugbauer für keine Airline eine Option. Auch die US-Fluggesellschaft Delta hat bereits deutlich gemacht, dass sie die Einfuhrzölle für die bestellten Airbus-Maschinen auf keinen Fall übernehmen wird.
Kurzfristig könnte es in der ganzen Zoll-Malaise aber auch Gewinner geben: Der neue Easyjet-Chef Kenton Jarvis hofft in einem "Spiegel"-Interview auf zusätzliche Passagiere in Europa, wenn US-Trips wegfallen. "Wir sind sehr froh, dass wir mit Airbus ein Flugzeug aus Europa haben und auch unsere Triebwerke nicht von der amerikanischen Firma Pratt & Whitney kommen. Wir waren nicht schlauer als andere, wir hatten einfach Glück.