Coronavirus : Wie beeinflusst Corona den E-Commerce?

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Der aktuelle Zustand des stationären Handels ist ein Desaster. Doch auch der Onlinehandel – von manchen als der große Gewinner der Corona-Krise gesehen – befürchtet mittlerweile massive Einbußen.

Um möglich Szenarien für den E-Commerce zu entwickeln, hat sich das eCommerce Competence Center von Arvato Supply Chain Solutions die Lage in China angesehen. Ein naheliegender Vergleich, wenn man davon ausgeht, dass das Land in der Timeline der Corona-Krise den europäischen Staaten um ungefähr einen bis eineinhalb Monate voraus ist.

Was passiert in China?

Glaubt man den veröffentlichten Informationen, hat die Zahl der Neuinfektionen in China den Peak Mitte Februar erreicht. Seitdem werden die Einschränkungen des öffentlichen Lebens schrittweise gelockert – und das hat auch Folgen für das Einkaufsverhalten.

Laut Arvato ist nun in China mit einem klassischen V-Verlauf zu rechnen: „Mit wachsender Zuversicht und einem Ende der Pandemie im Blick, wechselt das Online-Shopping Verhalten wieder vom ‚Notwendigen‘ zum ‚Gewünschten‘.“ Ein Großteil der Brands aus den Bereichen Fashion & Beauty erhole sich nicht nur, sondern performe sogar besser als im Vorjahr. Zudem gebe es aktuell eine Verlagerung vom stationären Handel in Richtung E-Commerce.

Sechs Phasen des Einkaufsverhaltens

Arvato hat aus der aktuellen und vorangegangenen Krisen sechs klassische Phasen des Einkaufsverhaltens abgeleitet:

Minimale Fallzahlen: Die Konsumenten zeigen gesteigertes Interesse an Produkten, die zum allgemeinen Wohlbefinden und zur Gesundheit beitragen.

Erste lokale Übertragung, erste Todesfälle: Priorisierung des Kaufs von Produkten, die der Eindämmung des Virus dienen und zur Aufrechterhaltung der eigenen Gesundheit und der öffentlichen Sicherheit beitragen (z.B. Mundschutz).

Steigende Fallzahlen: Aufstockung der Speisekammer mit haltbaren Lebensmitteln und Bevorratung eines breiteren Sortiments an gesundheitssicheren Erzeugnissen; starker Anstieg der Store-Käufe; steigende durchschnittliche Warenkörbe.

Starker Anstieg der Fälle: Steigende Anzahl an Online-Käufen, weniger Offline- Einkäufe, Artikel nun immer häufiger ausverkauft, hohe Belastung der Lieferketten.

Massive Verbreitung, Lock-down: Stark eingeschränkte Einkäufe, begrenztes Online-Fulfillment.

Lockerung der Quarantäne-Maßnahmen: Menschen kehren zu alltäglichen Routinen zurück, allerdings mit einem neugewonnenen Gesundheitsbewusstsein; dauerhafte Verschiebungen in der Lieferkette, der Nutzung des Onlinehandels als Einkaufskanal und Aufrechterhaltung neuer Hygiene-Praktiken.

„Sollte die Anzahl Neuinfizierter in China weiterhin stabil auf einem geringen Niveau bleiben oder auf Null zurückgehen, gilt für China – ähnlich wie bei SARS – ein V-Verlauf der Pandemie“, heißt es seitens Arvato.

Was bedeutet das für Europa?

Einiges spricht laut der aktuellen Studie dafür, dass auch in Ländern wie Deutschland (das hinsichtlich nahezu aller Parameter gut mit Österreich vergleichbar ist) ein U-Verlauf verhindert werden kann:

Der Peak der Infektionszahlen könnte bald erreicht sein.

Die Maßnahmen zur Eindämmung sind strikt.

Die Konsumenten zeigen mittlerweile schon wieder ein etwas verändertes Einkaufsverhalten: Der Onlinehandel registriert vermehrt den Kauf nicht lebensnotwendiger Artikel.

Der E-Commerce stabilisiert sich tendenziell.

Die Gefahr eines U-Verlaufs besteht allerdings weiterhin: So sind die europäischen Demokratien natürlich kaum in der Lage, so weitgehende Maßnahmen zu befehlen wie etwa China. Hinzu kommt, dass Teile der Bevölkerung die Risiken immer noch unterschätzen. Und: Der Markt des E-Commerce ist in Europa deutlich fragmentierter und dezentraler als in China.

Die beiden kommenden Wochen entscheiden

Für den deutschen und europäischen Onlinehandel sind nach Ansicht der Arvato-Experten vor allem die kommenden beiden Wochen entscheidend. Denn je nach Entwicklung der Neuinfektionen wird sich zeigen, ob und wie schnell sich der Onlinehandel 2020 erholen kann.

Sollten die aktuellen Maßnahmen deutlich darüber hinausgehen, rechnen die Studienautoren mit einer deutlich verlangsamten und vor allem nicht vollständigen Erholung des Onlinehandels in 2020.

Konkret rechnen die Studienautoren aus heutiger Sicht mit folgenden Entwicklungen:

Branchen: Die Beauty-Branche wird sich etwas schneller wieder stabilisieren als die Fashion-Branche; Artikel, die das eigene Wohlbefinden oder die Fitness steigern, werden bevorzugt gekauft. Ebenso Artikel, die Ablenkung während häuslicher Quarantäne schaffen.

Zeitraum: Die Zeit bis Ostern und die Dauer der Ausgangssperren haben entscheidenden Einfluss darauf, welchen Verlauf die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland nehmen wird. Bei Eindämmung der Epidemie bis Ostern und gelockerten Ausgangssperren kann noch mit V-Verlauf und Stabilisierung gerechnet werden, wenn auch mit einer langsameren Erholung als in China.

Europa: Mit einer schnellen Stabilisierung der Lage ist nicht in allen europäischen Ländern zu rechnen. Bestellungen aus Italien und Spanien werden auf niedrigem Niveau bleiben. Stabilisierung nicht vor Ende Q3 erwartet.

Seasonal Shift: Summer Sales könnten stärker ausfallen, weil Kunden den Kauf von Frühlingsware verlangsamen oder komplett ausfallen lassen; aktuelle Käufe finden vor allem durch das Locken mit sehr hohen Rabatten statt.

Made in China?: Europäische Kunden werden auch in Zukunft eher zögerlich bei der Bestellung von Artikeln mit Ursprung China sein.