Logistik : Die Top 7 Lagerautomatisierungstrends für 2023: Von Drohnen bis zu AI-Algorithmen
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Digitalisierung und Automatisierung werden in der Intralogistik – und hier besonders in der Lagerbewirtschaftung – künftig noch viel stärker das Geschehen bestimmen, als das schon jetzt der Fall ist. Fahrerlose Transportsysteme, cloudbasierte Lösungen, Blockchain-Technologie, aber auch Drohnen in den Lagerhallen bestimmen die Entwicklung in der Industrie 4.0. Dabei geht es vor allem darum, gesamte Wertschöpfungsketten von Produkten bzw. deren Logistik zu optimieren. Treiber sind dabei Standards, Prozesse und Objekte, die sich selbst steuern und organisieren können und die gemeinhin gern als smart und intelligent bezeichnet werden. „Smart“ wird assoziiert mit Data Interchange, Big Data, Telematik, GPS oder RFID, um nur einige Beispiele zu nennen.
Der Siegeszug der großen Online-Händler wie Amazon, Ebay, Otto oder Zalando bescherte der Branche in den vergangenen zehn Jahren einen zusätzlichen Automatisierungsschub. Und spätestens seit der Corona-Pandemie denken jetzt auch Hersteller im Maschinenbau, in der Automotive-Branche und in der Elektronikindustrie verstärkt über den Auf- bzw. Ausbau lokaler Lagerkapazitäten nach. Das gute alte Pufferlager ist zurück, es will aber hochautomatisch, kostenbewusst und hocheffizient bewirtschaftet werden. Das große Ziel ist, volatile Marktbewegungen, Engpässe in der Lieferkette und Personalausfälle zumindest abzufedern, wenn nicht schon zu verhindern. Der Warehouse Automation kommt jedenfalls eine Schlüsselrolle zu. Dabei zeichnen sich sieben wichtige Trends ab.
Trend 1: Lagerautomatisierung in der Supply-Chain-Krise
Die Engpässe bei der Rohstoffbeschaffung halten an, die Lage scheint sich zudem durch den Russland-Ukraine-Krieg, die drohende Rezession und die steigenden Energie- und Transportpreise sogar noch weiter zu verschärfen. Rund drei Viertel deutscher Unternehmen klagen über Probleme in den Lieferketten, ähnlich die Einschätzung österreichischer Firmen. In den Kernbranchen trifft es neben der Elektroindustrie auch den Maschinenbau und die Automobilbranche. In der Lagerlogistik rückt angesichts dieser Engpässe eine Notwendigkeit in den Fokus: Skalierbarkeit. Unternehmen müssen sich auf längere Lieferfristen, längere Lagerzeiten und kurzfristige Änderungen einstellen und in der Lage sein, ihre Kapazitäten agil anzupassen. Gleichzeitig gilt es, Partner zu suchen, die über eine hohe globale Supply-Chain-Expertise verfügen und auf etablierte Lieferketten zurückgreifen können. Die anhaltenden Probleme lassen sich damit zwar nicht aus der Welt schaffen, Unternehmen erhalten aber zumindest ein wenig Spielraum, um agiler zu planen und schneller zu reagieren.
Trend 2: Fachkräftemangel und Lager ohne Personal
Das Problem sind nicht nur Lieferengpässe. Unternehmen sehen sich nach der Pandemie einem massiven Fachkräftemangel gegenüber, was paradox erscheint, weil sich die Frage stellt, wohin all die Leute verschwunden sind, die vor der Pandemie am Arbeitsmarkt präsent waren. Faktum ist jetzt: Es fehlt in vielen Branchen an qualifiziertem Personal, angefangen von IT-Experten über Kommissionier-Mitarbeiter und Logistik-Disponenten bis hin zu LKW-Fahrern. Das bedeutet in der Praxis: Die Automatisierung und die schnelle Skalierung des operativen Betriebs rückt in vielen Unternehmen auf der Prioritätenliste nach oben. Das „Lagerhaus ohne Personal“, in dem Prozesse vollkommen autonom und ohne Personal ablaufen, ist in der Lagerwirtschaft zwar noch eine Vision. Bedeutende Schritte sind jedoch mit dem wachsenden Einsatz von künstlicher Intelligenz und Robotern schon gemacht. Die österreichische TGW Logistics Group beispielsweise hat kürzlich mit „Quba“ einen neuen mobilen Roboter vorgestellt, mit dem sich im Lagerbereich autonom Behälter, Kartons und Paletten transportieren lassen. Eine intelligente Software steuert und vernetzt im Hintergrund die einzelnen Roboter miteinander. „Mobile Roboter sind eine Schlüsseltechnologie für eine flexible und zukunftsfähige Intralogistik“, ist Harald Schropf, CEO von TGW, überzeugt.
Trend 3: Robotertechnologien sind variabel einsetzbar
Die Bandbreite an Robotertechnologien ist in den vergangenen Jahren extrem groß geworden. Autonome Mobile Roboter (AMR) navigieren frei innerhalb eines definierten Bereichs. Autonome fahrerlose Transportsysteme (AGV), Drohnen und automatisierte Fördersysteme legen lange Wege zurück und liefern Waren sicher und schnell an den richtigen Ort. Kollaborierende Roboter (Cobots) wiederum arbeiten mit menschlichen Kollegen „Hand in Hand“ und vereinfachen Arbeitsabläufe. Unternehmen tasten sich an die neue Automatisierungstechnik heran und testen die jeweiligen Robotertechnologien in unterschiedlichen Einsatzbereichen. Grundsätzlich stehen ihnen zwei Wege offen: Sie entwickeln die Robotik-Systeme entweder im eigenen Haus oder greifen auf kommerzielle Lösungen von außen zurück. Beides bringt Vor- und Nachteile: Eigenentwickelte Technologien lassen sich möglicherweise besser den individuellen firmeneigenen Anforderungen anpassen und nahtlos in bestehende Systeme integrieren. Der Entwicklungs- und Kostenaufwand kann jedoch sehr hoch sein. Zudem fehlt in vielen Fällen auch die nötige Engineering-Expertise. Da sich die Technologien außerdem rasant weiterentwickeln, erscheint es sinnvoller, auf einen Partner zu vertrauen, der nicht nur über entsprechende Erfahrung verfügt, sondern auch weiterführende Services anbietet.
Trend 4: Lange Lebensdauer und Zuverlässigkeit
Egal welche Roboter zum Einsatz kommen: Wichtig sind hohe Zuverlässigkeit und Langlebigkeit. Ausfallzeiten haben in einem auf High-Speed ausgelegten Warehouse nichts zu suchen. Die eingesetzten Lösungen müssen einige technische Grundvoraussetzungen erfüllen. Dazu gehören langlebige Energiespeicher und ein robustes Produktdesign für wiederholbare Prozesse. Feldtests nehmen in dieser Hinsicht eine Schlüsselrolle ein, um die Qualität von Prozessen und autonomen Systemen unter Realbedingungen zu prüfen. Allerdings ist auch Vorsicht geboten: Werden beim Testen Fehler gemacht, lassen sich diese im Smart Warehouse entweder gar nicht oder erst zu spät erkennen. Zumal das beste Test-Verfahren nicht gänzlich verhindern kann, dass Robotersysteme ausfallen oder kränkeln. Wer sich beim Einsatz von Warehouse-Technologien eines Partners mit individuellem Produkt-Know-how sowie branchenspezifischer Erfahrung bedient, kann sich derartige Probleme ersparen. Das gilt sowohl beim Design und der Implementierung als auch beim Testen und Warten der Lösungen. Je früher der Partner in den Entwicklungsprozess eingebunden ist, desto besser.
Trend 5: Industrial Internet of Things (IIoT) – glasklare Prozesse
Ein wichtiger Stützpfeiler in der Lagerautomatisierung ist ein smartes, industrielles Internet of Things (IIoT). Transparenz ist das A und O des Lagermanagements. Reichte es früher aus, den Lagerbestand zu kennen, heißt es heute, enorme Mengen an Daten aus den unterschiedlichsten Quellen und Systemen zu bündeln und in Echtzeit zu verarbeiten. Die IIoT-Plattformen erfassen, sammeln und werten deshalb kontinuierlich Anlagen-, Sensor- und Prozessdaten in der Lagerhalle aus, steuern Systeme, melden Fehler, planen Reparaturarbeiten ein und minimieren potenzielle Ausfallzeiten. Vorhersagbare Analysen geben Hinweise auf zukünftige Nachfrageschwankungen und legen das bestmögliche Routing von Materialströmen und Lieferungen fest. Je besser die Vernetzung innerhalb der einzelnen Warehouse-Prozesse, desto deutlicher werden die Optimierungsmöglichkeiten sichtbar. Wo etwa fehlen Daten zur besseren Entscheidungsfindung oder wo hakt es bei der Kommissionierung? Oder auch: Wo lassen sich Transport- und Arbeitswege kürzer gestalten?
Trend 6: Lager- und Fördertechniken auf kleinstem Raum
Auch wenn Lagerhäuser derzeit wie Pilze aus dem Boden schießen: Die Lagerkapazität ist oft schon verplant und vermietet, bevor das Gebäude überhaupt steht. Wer heute dringend Lagerraum benötigt, bezahlt Premium-Preise zur Lagerung seiner Komponenten und Waren. Jeder Quadratmeter wird daher bis auf das Äußerste genutzt und ist hinsichtlich der eingesetzten Lager- und Fördertechniken komplett durchkonzipiert. Je sparsamer und effizienter die Lagerhaltung, desto komplexer ist die Planung und Implementierung von Warehouse Automation. Auch hier empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit einem Partner, um bereits früh die jeweiligen Design-Optionen für das eigene Lagerhaus auszuloten, egal wie groß die Fläche letztendlich tatsächlich ist. Skalierbarkeit und Flexibilität gehören zu den entscheidenden Faktoren, um langfristig von der Automatisierung und „Miniaturisierung“ der Lagerlogistik profitieren zu können. Aber auch Aspekte der Nachhaltigkeit gewinnen angesichts steigender Energiekosten, strengerer gesetzlicher Vorschriften und eines wachsenden Bewusstseins auf Verbraucherseite an Bedeutung.
Trend 7: Drohnen im Lager
Der Einsatz von Drohnen im Lager wird immer mehr Realität. Genutzt werden sie für die Bestandsverwaltung. Die Drohne fliegt autonom über das Lager und scannt die Barcodes oder RFID-Etiketten. Anschließend informiert sie die Logistiksoftware über die Einheiten der einzelnen Artikel. So lassen sich Fehlbestände automatisch aufspüren, ohne dass dafür eigene Ressourcen bereitgestellt werden müssen. Das erhöht wiederum die Wettbewerbsfähigkeit im Unternehmen.
Franz Mathi, Chief Operations Manager (COO) des steirischen Intralogistikers Knapp, sieht Digitalisierung und Automatisierung im Lager als die treibenden Kräfte der Zukunft. „Hinter diesem Trend steht der Wunsch nach bestmöglicher Planbarkeit und der Arbeitskräfte-Mangel“, so der Manager gegenüber dispo. Urbanisierung und Online-Handel bedingen neue Versorgungsnetzwerke am Point of Sale und auf der sogenannten letzten Meile. Zu den großen Herausforderungen in der Lagerautomatisierung zählt die intelligente Verknüpfung der Daten aus den unterschiedlichen Schritten der Wertschöpfungskette. „Sie ermöglicht neue Ansätze, um Prozesse und Anlagenbetrieb zu optimieren“, betont Mathi.
Beispielsweise spielen im Lebensmittelhandel exakte Stammdaten eine wichtige Rolle für den optimalen Anlagenbetrieb, um die unterschiedlichen Artikel reibungslos automatisiert zu handhaben. „Wir haben dafür die Software KiSoft Genomix entwickelt. Diese ermöglicht es, präzise Artikeleigenschaften zu sammeln und damit die automatisierten Prozesse zu optimieren“, so Mathi. Auf Basis der Artikelstammdaten werden beispielsweise stabilere Rollbehälter für die Filialbelieferung automatisiert zusammengestellt.
Logistik und Produktion würden sich in den nächsten 25 Jahren stärker verketten, „anstelle eines Zentralrechners, der die vielen automatischen Fahrzeuge und Geräte steuert, sehen wir einen dezentralen Steuerungsansatz mit schlauen Teilsystemen, die untereinander kommunizieren – im Sinne einer Schwarmintelligenz“, gibt sich Martin Böhmer, Vice President Global Technology bei SSI Schäfer, gegenüber dispo überzeugt. Daten könnten auf einer Produktions- und Logistikplattform (Cloud) geteilt werden. So werde skalierbares Wachstum in der Logistik-Automation möglich. Ob die heutigen Module von Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) künftig durch ein komplettes „Metaverse“ ersetzt würden, sei aus Sicht von Böhmer derzeit noch offen. SSI Schäfer jedenfalls forscht derzeit in Richtung einer „lernenden Logistik“, die sich an Veränderungen anpasst und skalierbar ist. Basis dafür seien standardisierte Komponenten, die sich in unterschiedliche Ökosysteme integrieren lassen würden, wie etwa vollautomatisierte oder semi-automatisierte Lager als Knotenpunkte einer Supply Chain, erklärt der Manager: „Kollaborationen und eine gleichmäßige, sichere Mensch-Maschine-Interaktion werden in Zukunft von entscheidender Bedeutung sein.“ Lernende Logistik wird Firmen befähigen, nicht mehr reaktiv nachjustieren zu müssen, sondern ihre Logistik-Prozesse bzw. Lieferketten an neue Herausforderungen angleichen und aktiv steuern zu können.
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