Interview mit Knapp-CEO Hofer : „Der Automatisierungsgrad wird in Zukunft sehr hoch werden“

Gerald Hofer, CEO von Knapp
© Knapp

Vor einigen Monaten haben Sie gesagt, Sie wollen den Umsatz in den nächsten fünf bis zehn Jahren auf etwa zwei Milliarden Euro verdoppeln. Betrifft diese Verdoppelung auch die Mitarbeiter?

Gerald Hofer
Das eine geht natürlich mit dem Anderen einher. Mehr Umsatz bedeutet mehr Aufträge und das bedeutet wiederum, dass mehr Arbeitskräfte und mehr Know-how benötigt werden. Durch die sehr gute Auftragslage bauen wir zusätzliche 1000 Mitarbeiter auf – rund ein Drittel davon an unseren Standorten in Österreich, zwei Drittel international. Es wird zunehmend schwieriger Mitarbeiter zu finden, durch unsere internationale Ausrichtung können wir auf einen größeren Pool an Talenten zugreifen, davon profitieren natürlich auch unsere Kunden.
Die Umsatzverdopplung wird rasch passieren, schon dieses Jahr liegen wir bei über 1,6 Milliarden Euro. Allerdings ist in den nächsten Jahren mit einer starken Konsolidierung zu rechnen, denn die aktuellen Liefer- und Materialengpässe, die im Moment die Wirtschaft belasten, betreffen viele unserer Kunden. Aktuell streben wir aber nach wie vor ein starkes Wachstum für das laufende Wirtschaftsjahr an und gehen von einem Umsatz von circa 1,7 bis 1,8 Milliarden Euro aus. Das bedeutet, dass das erwartete Wachstum unseren Plänen entspricht und wir das Ziel der Umsatzverdoppelung wahrscheinlich schon früher als geplant erreichen werden. Sorgen dagegen bereitet uns die Versorgungsseite. Der Ukraine-Krieg hat die Lieferschwierigkeiten, die durch Corona schon bestanden sind, weiter verstärkt und auch zu einer Teuerungsrate geführt. Ein weiteres großes Problem ist die strikte Corona-Politik Chinas, sieweiterhin zu Lieferverzögerungen und Lieferausfällen führt.

Welche konkreten Auswirkungen der aktuellen Krisen spürt Knapp?

Hofer
Wenn große europäische Lieferanten ihre Lieferketten nach China nicht mehr aufrechterhalten können, dann trifft auch uns das erheblich. Deshalb fertigen wir mittlerweile bestimmte Bauteile wie Wlan-Module wieder in der eigenen Produktion. Das haben wir zwar schon eine Zeit lang nicht gemacht, aber das Know-how ist glücklicherweise im Haus vorhanden und im Moment sind flexible und kreative Lösungen gefragt, um unsere Kunden weiter zu versorgen. Weiters war es notwendig, Alternative Sourcing zu betreiben, da nach wie vor verschiedenste Komponenten fehlen. Wir stehen laufend in enger Abstimmung mit unseren Lieferanten und versuchen natürlich auch, unsere Lagerbestände so gut wie möglich zu füllen, um alle Aufträge termingerecht abwickeln zu können. Auch wir versuchen, die Lagerstände so gut wie möglich zu füllen, um die eingehenden Aufträge so gut wie möglich abwickeln zu können.

Für wie lange sind die Aufträge abgesichert?

Hofer
Die Aufträge sind für die nächsten sechs bis acht Monate gut abgedeckt. Auf der Lieferantenseite weiter in die Zukunft zu schauen, ist derzeit äußerst schwierig.

"Wir fertigen bestimmte Bauteile wie Wlan-Module wieder in der eigenen Produktion"
Gerald Hofer

Wie ist die Kundenstruktur von Knapp aufgebaut?

Hofer
Wir haben rund 70 Prozent Bestandskunden. Mit manchen Kunden aus dem pharmazeutischen Bereich pflegen wir schon seit 40 Jahren Geschäftsbeziehungen. Daneben wickeln wir auch mit Onlinehändlern wie Zalando und Handelsketten in den USA große Rollouts ab. Wir sind aber auch der Partner für mittelständische Unternehmen, die Automatisierungslösungen suchen.
Ein wichtiger Aspekt unseres Stammkundengeschäfts sind Modernisierungen von bestehenden Anlagen, hier unterstützen wir unsere Kunden, damit ihre Systeme langfristig wirtschaftlich funktionieren und ihre Geschäftsmodelle unterstützen. Darüber hinaus streben wir auch in neue Geschäftsfelder, wie zum Beispiel den Bereich Filialautomatisierung, der derzeit stark nachgefragt ist. Auch im Bereich der Fertigung spielen unsere Technologien eine immer größere Rolle. In der Industrie ist der Facharbeitermangel ein großes Thema – man steht heute vor der Herausforderung, wie man Wissen von wenigen auf viele im Unternehmen verteilt, um die Qualität in der Fertigung zu sichern. Unser Ansatz dazu lautet: Quality and Qualification as a Service. Wir haben dazu einen Arbeitsplatz entwickelt, der mithilfe von künstlicher Intelligenz Mitarbeiter bei ihrer Arbeit, zum Beispiel dem Zusammenbau eines Getriebes, anleitet und gleichzeitig die Qualität prüft. So ein Arbeitsplatz ist bei Pankl Racing Systems bereits im Einsatz. Mit diesem neuartigen Arbeitsplatz – bei uns heißt er Smart Desk – kann wirklich jeder ohne Vorwissen arbeiten und muss dazu nicht einmal unsere Sprache beherrschen. Mit dieser Technologie haben wir große Rollouts geplant.
Darüber hinaus bieten wir bieten auch umfangreiche Software-Lösungen für Business Intelligence, beispielsweise erfassen wir detaillierte Artikelstammdaten mit einem eigenen Softwaretool, mit dem wir quasi die DNA jedes Artikels entschlüsseln. Denn häufig reichen die vorhandenen Artikelstammdaten wie Länge, Breite, Höhe und Gewicht nicht aus. Ein Roboter braucht beispielsweise genaue Informationen über die Beschaffenheit eines Artikels, wie er sich verhält, wenn er ihn greift und wieder ablegt. Diese Informationen können unsere Kunden oftmals nicht bereitstellen, darum haben wir eine Lösung für das Problem gefunden.

Daten sind das neue Gold gilt also nicht nur für große Tech-Konzerne?

Hofer
Daten, Qualität und Optimierung sind der Schlüssel dazu, um Anforderungen unserer Zeit an die Logistik zu bewältigen. Mit unseren Business-Intelligence-Lösungen geben wir unseren Kunden die richtigen Werkzeuge an die Hand, um ihr automatisiertes System das ganze Jahr über effizient zu betreiben und zu den Spitzenzeiten – etwa zu Weihnachten und Ostern – alles aus dem System zu holen. Denn es bringt nichts, Kapazitäten für ein paar starke Tage im Jahr zu bauen, die dann das restliche Jahr über nicht benötigt werden. Auch das Skill-Management anhand von Daten wird immer wichtiger, mit unserer Software stellen wir sicher, dass Mitarbeiter mit den richtigen Fähigkeiten zur richtigen Zeit am richtigen Ort einsatzbereit sind. Generell sehen wir, dass der Bedarf an intelligenter Automatisierung und einem hohen Automatisierungsgrad stark steigt, denn es wird für unsere Kunden immer schwieriger Mitarbeiter zu finden.
Ein weiterer Schwerpunkt von uns ist deswegen auch das Thema Robotik mit künstlicher Intelligenz. Wir sehen, dass nach diesen Technologien eine sehr hohe Nachfrage besteht, denn einerseits ermöglichen wir mit intelligenter Datennutzung, dass Menschen ohne entsprechende Ausbildung Facharbeitertätigkeiten übernehmen und andererseits stellen wir Maschinen Informationen zur Verfügung, mit denen sie immer mehr Prozesse selbst abwickeln können.

Wie findet und bindet Knapp seine Mitarbeiter?

Hofe
r Wir sind über die Jahre zu einer sehr starken Marke geworden und wir sind bekannt als sicherer und zuverlässiger Arbeitgeber. Wir fördern unsere Nachwuchstalente, haben viele Kooperationen mit Schulen und Ausbildungsstätten und versuchen, die Menschen recht früh für die Themen Digitalisierung und Automatisierung zu begeistern. Man sieht allerdings auch, dass in Österreich, vor allen in unserer Region in der Steiermark und im Großraum Graz ein sehr großer Druck herrscht, um die besten Talente zu gewinnen. Als großer, traditionsreicher Betrieb in einem spannenden Umfeld haben wir hier sicher einen leichten Vorteil und können zum Beispiel auch Benefits bieten, die kleinere Betriebe nicht bieten können, etwa eine Kinderbetreuungsstätte oder Fahrgemeinschaften mit Elektroautos. Wir versuchen qualitativ zu wachsen, das bedeutet, wir suchen Personen, die im Mindset zu uns passen, die einen Leistungsanspruch an sich und ihre Arbeit haben und mit uns etwas bewegen wollen. Das müssen auch nicht immer fertig ausgebildete Fachkräfte sein – wir nehmen auch gerne Quereinsteiger und haben zur konsequenten Aus- und Weiterbildung unserer Mitarbeiter Trainingszentren geschaffen – wir bilden uns unsere Experten also selbst aus.