Mobile Robotik : Hermes Fulfilment setzt auf österreichischen AMR-Hersteller Melkus Robotics

autonomer mobiler Roboter im Logistikzentrum Löhne
© Hermes Fulfilment

Der Standort von Hermes Fulfilment in Nordrhein-Westfalen ist auf die logistische Abwicklung des großvolumigen Sortiments mit einem Gewicht von mehr als 31,5 Kilogramm spezialisiert - das sind etwa Möbel, Elektrogroßgeräte wie Waschmaschinen und Kühlschränke, aber auch Polstermöbel und Matratzen. Die Großstücke lagern überwiegend in bis zu 12,40 Meter hohen Regalen. In der Regel besteht eine Bestellung aus mehreren Packstücken, die meist von Hand in Bodennähe auf Großpaletten kommissioniert und anschließend an eine Schwestergesellschaft übergeben werden.

Diese Übergabe fand bisher vor allem mit Niederhubwagen statt, die von Mitarbeitenden gesteuert werden. Nun stellt das Unternehmen auf autonome mobile Roboter (AMR) von Melkus Mechatronic um. Sie wiegen 222 Kilogramm und können bis zu 1.200 Kilogramm Nutzlast transportieren. Weil sie wie Ameisen ein Vielfaches ihres Eigengewichts tragen können, werden die Geräte bei Hermes Fulfilment auch Ants genannt.

Die Hubhöhe beträgt 240 Millimeter, die Fahrzeuge bewegen sich autonom mit einer Geschwindigkeit von durchschnittlich 1,5 Metern pro Sekunde und navigieren mithilfe von Laserscannern, die im Mast sowie an den Kufen und Seiten angebracht sind. Damit sich die AMR an Umgebungsmerkmalen orientieren können, wurde die Gebäudeinfrastruktur vermessen, kartiert und in einer cloudbasierten Steuerungsplattform hinterlegt. Die Koordination der Transporte erfolgt über einen Leitstand.

AMR haben immer Vorrang

Sensoren sorgen dafür, dass die Fahrzeuge Hindernisse erkennen und rechtzeitig ausweichen oder abbremsen, wenn nicht genügend Platz zum Umfahren vorhanden ist. „Sicherheit hat bei uns im Logistikzentrum höchste Priorität“, sagt Thomas Saltenbrock, Direktor Heavy Bulky Hermes Fulfilment. Deshalb werden die Mitarbeitenden im Kontakt mit den mobilen Robotern geschult. Auch an geänderte Vorfahrtsregelungen müssen sich die Beschäftigten gewöhnen: Die selbstfahrenden Ladungsträger haben immer Vorrang – sowohl vor herkömmlichen Flurförderzeugen als auch vor Mitarbeitenden, die im 100.000 Quadratmeter großen Logistikzentrum zu Fuß unterwegs sind. Das interne Verkehrskonzept wurde entsprechend angepasst. 

Für die Beschäftigten bedeute der Einsatz von selbstfahrenden Ladungsträgern ein höheres Maß an Arbeitssicherheit: „Es fallen weniger manuelle Transporte an. Der automatisierte Materialfluss sorgt für mehr Ruhe in den logistischen Abläufen, weil die Roboter mit einer konstant niedrigen Geschwindigkeit unterwegs sind“, erläutert Thomas Saltenbrock. Das verbessere auch die Effizienz der innerbetrieblichen Prozesse. Mitarbeitende, die bislang derlei Transporte gefahren hätten, würden entlastet und könnten künftig andere, komplexere Aufgaben im Logistikzentrum übernehmen. „Mit dem Einsatz der AMR schaffen wir im Logistikbereich ein modernes, motivierendes Arbeitsumfeld mit Zukunftsperspektive. Das ist vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, des spürbaren Arbeitskräftemangels und des steigenden Renteneintrittsalters ein wichtiger Faktor“, so Saltenbrock.

23 akkubetriebene Roboter hat Hermes Fulfilment bereits integriert, zwei weitere sollen noch hinzukommen. Zusammen werden die Geräte täglich etwa 1.000 Transporte absolvieren und dabei rein rechnerisch rund 30 Kilometer zurücklegen. Etwa 20 Prozent der Transporte werden künftig weiterhin mit herkömmlichen Niederhubwagen gefahren. Nach Abschluss der Pilotphase im Logistikzentrum Löhne wird die Roboter-Lösung auch an dem weiteren Zwei-Mann-Handling-Standort von Hermes Fulfilment im fränkischen Ansbach eingeführt.

Melkus entwickelt eigene Fahrzeugsoftware

Das österreichische Unternehmen Melkus programmiert die Fahrzeugsoftware dabei selbst, um sowohl die maximale Kontrolle über Funktionen und Schnittstellen zu halten, als auch die Voraussetzung zu schaffen, um individuelle Kundenanforderungen umzusetzen. So können Änderungen an bestehenden Fahrzeugfunktionen, Erweiterungen oder Fehlerbehebungen schnell und zielgerichtet erfolgen, Abhängigkeit von Drittanbietern oder Release-Zyklen abhängigzu sein.

Die Softwarearchitektur folge dabei einem klar strukturierten, modularen Prinzip, heißt es von Melkus. Alle Funktionen der mobilen Roboter und das generelle Fahrzeugverhalten werden objektorientiert programmiert. Die Objektklassen lassen sich durch Parametrierung flexibel an unterschiedliche Aufgaben anpassen, ihre Eigenschaften können vererbt und auf andere Module übertragen werden. Das ermögliche eine dynamische, leicht skalierbare Systemlogik, die mit den Anforderungen des Kunden wachsen kann.