AMR : Wie Sensoren für autonome Systeme das Denken lernen

Roboterhand "hält" neuronales Netz, in dem AI steht
© Fraunhofer ISIT

Autonome Systeme in der Intralogistik ermöglichen es, viele bisher manuell ausgeführte Tätigkeiten zu automatisieren. Doch hier hakt es oftmals noch an der Objekterkennung, wie Robert Schulz von der Universität Stuttgart im Gespräch mit dispo erklärt: "Es ist wichtig, dass ein Fahrerloses Transportsystem etwa Personen erkennt und auch anders reagiert als bei einem Objekt, denn da wird es mit anderen Geschwindigkeiten fahren. Mit einem Sensor kann ich nicht alles, mit verschiedenen Sensoren kann ich in Kombination mit der Auswertung der Einzelwerte und der Überlagerung entsprechende Aussagen tätigen."

Fraunhofer forscht im Projekt "NeurOSmart" an besonders energieeffizienten und intelligenten Sensoren für die nächste Generation autonomer Systeme. Denn die Kombination von immer mehr und verschiedenen Sensoren erfordert auch immer mehr Leistungsstärke der Elektronik und Computertechnik für die Erfassung und Verarbeitung der Daten. Dieser Trend geht dabei mit einem erheblich steigenden Energieverbrauch einher, was besonders bei mobilen Systemen zu einer verkürzten Einsatzdauer oder Reichweite führt und laut aktuellen Prognosen in den nächsten Jahrzehnten gar an die Grenzen der weltweiten Energieerzeugung stößt.

Um dieser Eskalation entgegenzuwirken, setzten die in NeurOSmart beteiligten Fraunhofer-Forscherinnen und Forscher auf einen neuromorphen In-Memory-Beschleuniger, der auf den jeweiligen Sensor maßgeschneidert wird. Als Vorbild für die zu entwickelnde Elektronik dient das menschliche Gehirn, denn dieses ist trotz seiner enormen Rechenleistung sehr energiesparend beim Treffen von Entscheidungen.

"Diese Art der Datenverarbeitung, also des Denkens, wird durch eine neuartige analoge Computer-Speichertechnologie realisiert, die zudem in der Lage ist, Rechenoperationen durchzuführen, wenn Daten in dem System neu erfasst werden", erläutert der ISIT-Wissenschaftler und Projektleiter Michael Mensing: "In der Praxis wird dies genutzt, um Objekte und ihr Verhalten exakt und in Echtzeit zu erkennen." Bisher sind für diese Funktionsweise mehrere getrennt entwickelte Komponenten in Computern und eine besonders energieaufwändige Kommunikation zwischen ihnen nötig.

Unterstrichen werden die Vorteile des neuen Ansatzes durch die parallele Entwicklung besonders kleiner und effizienter Modelle für die Objekterkennung und -klassifizierung, die speziell auf den Sensor, die neuen Möglichkeiten der direkt integrierten Elektronik und ihre Anwendungen angepasst werden. Das Resultat ist eine schnelle Reaktionszeit, erhöhter Datenschutz und erhebliche Energieeinsparung gegenüber dem aktuellen Trend von praxisfernen oder cloudbasierten Lösungen, die bevorzugt auf immer größere, energieintensivere Modelle zurückgreifen.

In der Projektlaufzeit von vier Jahren mit einem Finanzvolumen von acht Millionen Euro soll dieser Ansatz erstmals mit einem komplexen bei Fraunhofer entwickelten LiDAR-System kombiniert und in anwendungsnaher Umgebung erprobt werden. Dieses Sensorsystem ist ein entscheidender Bestandteil autonom arbeitender Systeme, da er seine Umgebung mithilfe detaillierter Abstandsinformationen auch bei schlechtem Wetter und über einen weiten Entfernungsbereich erkennt. Als erste Probe der neuartigen Sensoren werden sie in den nächsten Jahren in Robotersysteme integriert, die ihren menschlichen Kolleginnen und Kollegen in Fertigungsumgebungen unterstützen, beispielsweise durch das Bewegen von schweren Lasten oder Anreichen von Komponenten.