Logistikzentrum : Wo Amazon in Europa Innovationen entwickelt
Über 700 Millionen Euro hat Amazon in die Erforschung und Entwicklung von Technologien für Robotik und Künstliche Intelligenz in den letzten Jahren in Europa investiert. Dafür betreibt das Unternehmen auch ein eigenes Innovationszentrum im norditalienischen Vercelli.
Das Amazon Entwicklungszentrum für Logistik ist eines von drei internationalen Kompetenzzentren für Roboterinnovationen weltweit und das einzige in Europa, in dem Wissenschaftler und Ingenieure neue Technologien für die Logistikzentren entwickeln und testen.
Stefano La Rovere, der dort heute als Direktor für Global Robotics - Mechatronics & Sustainable Packaging verantwortlich ist, hat 2017 als erster und noch einziger Mitarbeiter für Robotik und Mechatronik in Europa begonnen – heute arbeiten Hunderte Mitarbeiter in diesem Bereich in einem eigenen Entwicklungszentrum. Sie werden bis Ende 2024 für die Installation von über 1.000 neuen Robotik- und KI-gestützten Innovationen in den europäischen Logistiknetzwerk verantwortlich sein, heißt es von Amazon.
Allein im Jahr 2024 wurden und werden etwa 120 neue Automatisierungstechnologien in den europäischen Zentren eingesetzt. Sie sorgten unter anderem dafür, dass Prime-Mitglieder weltweit so schnell wie nie zuvor beliefert wurden: Mehr als sieben Milliarden Einheiten wurden am selben oder nächsten Tag ausgeliefert, davon mehr als vier Milliarden in den USA und mehr als zwei Milliarden in Europa.
Technologien verbessern Arbeitsplätze und schaffen neue Jobs
Dabei bringe jede Technologie auch andere Qualifikationsanforderungen und in vielen Fällen die Schaffung neuer spezifischer Aufgaben mit sich, so La Rovere. „In den letzten zehn Jahren haben wir mit unserer Arbeit über 50.000 Arbeitsplätze in den Logistikzentren in ganz Europa verbessert und 700 ganz neue Rollen geschaffen – etwa im Bereich der operativen Robotik“, erklärt der Amazon-Manager.
Die neuen und verbesserten Technologien umfassen Artikelsortierer, Palettenförderer und automatisierte Flurförderzeuge. Robotik und Technologie sorgen dabei für die Verbesserung von Arbeitsabläufen und für eine Steigerung der Effizienz, während Künstliche Intelligenz dabei helfe, diese Fortschritte für einen globalen Betrieb zu skalieren. „Wir demonstrieren hier eindrücklich unsere Start-up Kultur“, so La Rovere.
„Am wichtigsten ist aber der Bereich Arbeitssicherheit", beschreibt Stefano La Rovere. Die entwickelten Technologien sollen dabei vor allem repetitive Bewegungen für Mitarbeitende reduzieren und somit das Verletzungsrisiko senken. Auch Nachhaltigkeit hat einen hohen Stellenwert, auch hier wurden hohe Summen investiert – vor allem bei Verpackungen gibt es hohes Potenzial. So wurden etwa sämtliche Plastik- durch Papierverpackungen ersetzt, einige Produkte kommen sogar gänzlich ohne aus.
Amazons Entwicklungszentrum für Logistik helfe auch dabei, Partnerschaften zu etablieren. Auch Start-ups, die durch Amazons Fonds zur Förderung wirtschaftlicher Innovation gefördert und betreut werden, können ihre Technologien im Entwicklungszentrum testen und weiterentwickeln. Darüber hinaus fungiert es als Trainings- und Schulungszentrum, wo Mitarbeiter die Möglichkeit haben, die neuen Technologien ausgiebig zu testen und auszuprobieren, bevor sie in den regulären Einsatz gehen.
Darüber ist der Standort seit diesem Jahr auch für öffentliche Führungen geöffnet. Es bietet Kunden, Schulen und allen Interessierten die Möglichkeit, die Innovationen und Technologien vom Beginn bis zur fertigen Entwicklung zu verfolgen.
"Wir sind stolz darauf, die Türen unseres Labors nicht nur als Entwicklungszentrum für Amazon zu öffnen, sondern auch Kunden, Schulen und Start-ups zu ermutigen, sich inspirieren zu lassen und mehr über das Potenzial von Technologien für eine bessere und sicherere Zukunft der Arbeit zu erfahren", so Stefano La Rovere. Bereits seit 2015 bietet Amazon außerdem kostenlose öffentliche Führungen durch europäische Logistikzentren.
Technologien aus dem europäischen Entwicklungszentrum für Logistik von Amazon
Der Universal Robotic Labeller (URL) ist eine automatische Hochgeschwindigkeits-Etikettiertechnologie, die die Platzierung und Haftung von Etiketten auf unregelmäßigen Oberflächen verbessern soll. Seine Innovation liegt in der Fähigkeit, verschiedene Arten und Abmessungen und unregelmäßig geformte Produkte zu etikettieren. Durch das Aufbringen kleinerer Etiketten können Verpackungsmaße reduziert werden, Etiketten können außerdem auch auf Papierverpackungen, die unregelmäßig geformt sind, oder direkt auf Produktverpackungen aufgebracht werden.
Der Universal Item Sorter (UIS) sorgt dafür, dass Produkte effizient in die Versandstellen sortiert werden. iBOTs genannte multidirektionale Shuttles bringen Artikel zu einem Behälter, der bereits auf den endgültigen Bestimmungsort abgestimmt ist. Das UIS stelle Sicherheit und Ergonomie am Arbeitsplatz in den Vordergrund. Durch den Einsatz intelligenter Technologie minimiere es die körperliche Belastung der Mitarbeiter, heißt es von Amazon. Darüber hinaus bietet das UIS eine platzsparende Sortiermöglichkeit: Es kann bis zu 40 verschiedene Behälter für 40 verschiedene Zielorte auf einer kompakten Grundfläche aufnehmen, wodurch Amazon weniger Platz und Energie verbraucht.
Der Automated Tote Retriever (ATR) ergänzt das UIS (Universal Item Sorter), um Prozesse zu optimieren und die Sicherheit und Ergonomie für die Mitarbeiter zu verbessern. Ein mit dem UIS verbundenes Shuttle bewegt sich auf einer Schiene über die gesamte Länge der UIS-Wand und erhält eine Benachrichtigung, wenn ein Behälter voll ist. Daraufhin bewegt sich das Shuttle auf den vollen Behälter zu und ersetzt ihn mit einem speziellen Greifer durch einen leeren Behälter. Sobald der Vorgang abgeschlossen ist, setzt das UIS die Auslieferung der Artikel an diesen Ort fort und wiederholt den Prozess nahtlos. Durch die Automatisierung des Behälterwechsels reduziert das ATR den manuellen Aufwand, was zu einem schlankeren und ergonomischeren Arbeitsablauf und so zu weniger Hebearbeiten für die Mitarbeiter führt.
Der Bag Containerization Matrix Sorter (BCMS) identifiziert und gruppiert Pakete mit demselben Endziel innerhalb der Fulfillment-Zentren. Das System kategorisiert Pakete in Transporttaschen, die für die Zustellung auf der letzten Meile bereit sind. Dadurch wird vermieden, dass ein und dasselbe Paket in einem Fulfillment- und in einem Sortierzentrum zweimal angegriffen wird.
Der Automated Guided Cart (AGC) ist ein flacher, autonomer Roboter auf Rädern, der unter Stapel leerer Behälter gleitet und diese automatisch durch die Lager transportiert. Auf diese Weise müssen die Mitarbeiter keine schweren Lasten mehr über lange Strecken schieben oder tragen. Sensoren an der Unterseite des Roboters lesen ein Magnetband auf dem Boden, um sich selbst zu navigieren, während Sicherheitsscanner erkennen, ob sich Personen oder Hindernisse im Weg befinden, sodass der AGC verlangsamen oder anhalten kann, bis der Weg frei ist.
Der Flat Sorter Robotic Induct (FSRI) sorgt dafür, dass Pakete reibungslos, gleichmäßig und geordnet durch das Logistikzentrum laufen. Mit intelligenten Vision-Sensoren erkennt er Pakete, wo auch immer sie auf dem Förderband landen, und ein raffinierter Roboterarm schwingt sich heran, um sie aufzuheben und auf den Weg zu schicken. Außerdem verwendet die "Hand" des Roboters Saugnäpfe, um alle Arten von Paketen greifen zu können.
Die RTP-Technologie (Robotic Tote Palletizer) ist ein wesentlicher Bestandteil des Palettierungsprozesses bei Amazon. Er besteht aus zwei Roboterarmen, die mehrere Behälter zu doppelt gestapelten Paletten zusammenfassen. Der erste Arm sammelt drei oder vier Lagen von Behältern auf einer einzigen Palette, während der zweite Arm zwei Paletten übereinander stapelt, so dass eine Einheit entsteht. Der RTP bindet alles mit Bändern zusammen und versieht es mit einem Versandetikett, bevor ein Mitarbeiter den Doppelstapel in einen für die Versandrampe bestimmten Anhänger befördert.
Amazons automatisierte Verpackungstechnologie stellt bei Bedarf passgenaue Papiertüten her, indem sie Artikel scannt und die richtige Papiermenge berechnet, die für eine schnelle und präzise Verpackung benötigt wird. Durch den Einsatz von Heißsiegeltechnik wird jeder Beutel gesichert und der Leerraum minimiert. Durch das Verpacken der Artikel in 100 % recycelbare Leichtpapierverpackungen, die passgenau und ohne Polsterung hergestellt werden, tragen die Maschinen dazu bei, im Durchschnitt mehr als 26 Gramm Verpackung pro Sendung zu vermeiden. Die von Amazon verwendeten Leichtpapiersäcke sind bis zu 90 Prozent leichter als Pappkartons ähnlicher Größe.
Der Amazon Robotics (AR) Floor ist das Herzstück eines Logistikzentrums um Waren zu lagern und zu kommissionieren. Tausende Transportroboter bewegen die gelben Regale, um sie zu ergonomischen Arbeitsplätzen und zurück in den Lagerbereich zu bringen. Die Artikel kommen zu den Mitarbeitern, anstatt die Mitarbeiter zur Ware. Das erspart Mitarbeitern lange Wege beim Transport von Artikeln.