Studie : Wie wurden Lieferketten in der Krise optimiert?

Mashup der Weltkarte, Andeutung einer Lieferkette
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Lieferketten-Manager stehen weltweit unter Druck. Über 90 Prozent von ihnen investierten zwar während der Corona-Krise in ihre Lieferketten, um sie widerstandsfähiger gegen externe Störungen zu machen; doch viele Supply Chain Manager griffen hier zur Adhoc-Maßnahme, nur die Lagerbestände zu erhöhen. Viele setzten auch auf Langfrist-Effekte, indem sie ihre Zuliefererbasis regionalisierten. Das geht aus einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung McKinsey hervor, für die weltweit über 70 Supply Chain Manager von Unternehmen befragt wurden – zum ersten Mal 2020 und nun wieder 2021.

Die Studie ergab aber auch, dass digitale Technologien heute deutlich häufiger zum Einsatz kommen als zu Beginn der Pandemie – etwa Echtzeit-Monitoring oder auf künstlicher Intelligenz basierende Analytik.

Deutlich ist laut McKinsey der Fachkräftemangel an IT-Experten im Bereich Supply Management. 2021 verfügten nur ein Prozent der befragten Unternehmen über genügend IT-Fachkräfte. "Im Zuge des Digitalisierungsschubs wird der Bedarf an IT-Qualifikationen noch mehr zum Flaschenhals, als er es ohnehin schon gewesen ist", so Vera Trautwein, McKinsey-Expertin für Supply Chain Management und Mitautorin der Studie. "Damit nehmen auch die Handlungsspielräume dramatisch ab." 2020 hatten immerhin noch zehn Prozent der befragten Supply Chain Manager auf ausreichend Experten mit entsprechendem Know-how in ihren Abteilungen zurückgreifen können.

„Spielräume nehmen dramatisch ab“

Wie haben die Supply Chain Manager in der Krise konkret agiert? Fast alle Befragten (92 Prozent) haben in die Widerstandsfähigkeit ihrer Lieferketten investiert, 80 Prozent zudem in digitale Supply-Chain-Technologien. Aber während 40 Prozent der Befragten 2020 noch ein Nearshoring und den Ausbau ihrer Lieferantenbasis geplant hatten, haben dies schließlich doch nur 15 Prozent auch in die Tat umgesetzt. Stattdessen bauten deutlich mehr Manager als erwartet, 42 gegenüber 27 Prozent, ihre Lagerbestände aus.

Die Vergleichsstudie zeigt auch: Supply Chain Manager haben je nach Branche sehr unterschiedlich in der Krise agiert. Mit 60 Prozent zeigt sich Healthcare als Vorreiter bei der Regionalisierung der Lieferkette gelten. Das hatten 2020 auch 33 Prozent der Unternehmen aus der Automobil-, Luft- und Raumfahrt- und Verteidigungsindustrie angekündigt – umgesetzt aber nur 22 Prozent. Und das, obwohl mehr als drei Viertel der Supply Chain Manager dieser Maßnahme Priorität eingeräumt hatten. Die Branchen Chemie und Rohstoffe nahmen die wenigsten Veränderungen an ihren Lieferketten vor.

Nach der Krise ist vor der Krise

Über Jahre haben sich die Lieferketten zu einem hochfrequenten sensiblen Organismus entwickelt. Konsequent globalisiert, auf die Schwankungen der Verbraucherwünsche optimiert und mit möglichst geringer Lagerhaltung, um Kosten zu sparen. "Diese Strategie hat die Unternehmen verwundbar gemacht", meint McKinsey-Partner Knut Alicke. "Und in der Krise wurden eher kurzfristig wirksame Maßnahmen ergriffen." Die Folge: Die Lieferketten sind noch nicht widerstandsfähig genug sind, um künftige Störungen zu verhindern. "Für Unternehmen bleibt das Nearshoring der Lieferanten mittel- bis langfristig ein Schlüsselfaktor, um ihre Krisenfestigkeit zu erhöhen.". Daneben seien Ausbau und Nutzung digitaler Technologien aber die zentralen Faktoren für resiliente Lieferketten.

Der Handlungsdruck ist groß: Massive Störungen der Lieferkette treten durchschnittlich alle 3,7 Jahre und bringen Lieferketten mindestens einen Monat lang aus dem Tritt. Zu diesem Ergebnis kam bereits 2020 eine andere McKinsey-Studie zum Thema Supply Chains.