Transport : Emirates-Cargo-Manager Patek über Luftfracht: „Pandemie hat die Karten neu gemischt“

Rene Patek, Cargo-Manager von Emirates Cargo
© Fotostudio Staudigl

Herr Patek, Sie sind seit ziemlich genau 20 Jahren bei Emirates Cargo und haben das Unternehmen in Österreich mit aufgebaut. Wo waren Sie vorher tätig?
Rene Patek
2004, im Rahmen der Österreich-Ost-Erweiterung, hat Emirates Cargo am Flughafen Wien ihr Geschäft aufgebaut und mich als Luftfrachtleiter geholt. Ich bin seit 1989 am Flughafen tätig, zuerst bei Singapore Airlines und dann bei Swiss Cargo. Auch damals bei Singapore Airlines haben wir den ersten regelmäßigen 747-Linienverkehr nur für den Frachtverkehr umgesetzt. Da haben wir Großes aufgebaut. Singapore Airlines hat dann aber ihre Zelte abgebrochen und Swiss Airlines ist in Konkurs gegangen. Danach habe ich mir für zwei Jahre den Seefracht-Bereich angesehen und dort Erfahrungen gesammelt, bis ich 2004 zu Emirates gestoßen bin.

Sie beobachten den Cargo-Markt schon recht lange. Welche Umbrüche und Veränderungen haben Sie seither erlebt?
Der große Umbruch war die Corona-Krise, die hat alle aus der Bahn geworfen. Alle früheren Statistiken oder Hochrechnungen sind obsolet geworden. Vor Corona ist man von einem Wirtschaftswachstum von drei Prozent ausgegangen, etwa das Doppelte ist der Zuwachs in der Luftfracht. Man hat gewusst, dass es Weihnachtsspitzen gab, die die Menge der vorangegangenen Monate wieder verdoppelt. Auch das gibt es nicht mehr. Die Spitzen sind abgeebbt und kommen zu ganz anderen Zeiten.

Wie lässt sich das erklären?

Es ist alles viel dynamischer und kurzlebiger geworden. Wenn wir uns beispielsweise das Rote Meer und die Huthi-Angriffe ansehen, reagieren die Logistikketten sofort. Das heißt, die Seefracht kann das Rote Meer nicht mehr überqueren, die Laufzeiten verlängern sich um mindestens zwei bis drei Wochen. Die Logistik ist aber so getaktet, dass sich diese zwei bis drei Wochen Verspätung nicht mehr aufholen lassen – ich muss auf Luftfracht ausweichen. Das gab es früher nicht, da hätte man das Schiff abgewartet und die Wochen Verspätung in Kauf genommen. Das geht heutzutage nicht mehr, weil alle Prozesse so verzahnt und durchgetaktet sind.

Die Corona-Pandemie war sozusagen die Zäsur?
Ja, es hat davor schon begonnen, aber die Pandemie hat die Karten sozusagen neu gemischt.

Wie hat Emirates Cargo auf die Pandemie reagiert?

Wir waren sehr gut aufgestellt und haben Wien innerhalb einer Woche als Luftfrachthub für Osteuropa etabliert. Das heißt wir waren sieben Tage ohne Flieger in Wien, dann sind schon unsere Minifrachter angekommen. Wir sind ohne Passagiere, aber mit Fracht geflogen und waren das Drehkreuz für Osteuropa und haben die Lieferketten sichergestellt. Denn normalerweise wird viel im Belly der Passagiermaschinen transportiert – das fiel von einem Tag auf den anderen weg. Wir haben sofort agiert und die Fracht auch in den Passagiermaschinen transportiert – allerdings eben ohne Passagiere.

Emirates Cargo will seine Kapazitäten bis 2033 verdoppeln. Welche Maßnahmen setzen Sie und wie schaut die Flotte aus?

Die Flotte wird teilweise durch neue Maschinen ergänzt, teilweise werden auch ältere Passagiermaschinen in Frachtversionen umgebaut. Das ist eine gute Symbiose. Das sind große Umbauarbeiten, die aber immer noch günstiger sind als ein kompletter Neubau. Die Neuanschaffungen sind ein Mix aus Airbus- und Boeing-Maschinen. Insgesamt haben wir bei Emirates gesamt momentan 260 Flugzeuge in der Flotte, davon 11 reine Frachter.

Wie hat sich das Frachtvolumen in den letzten Jahren entwickelt?

Durch die Corona-Pandemie hatten wir Zuwächse, jetzt stehen wir ungefähr auf Vor-Corona-Niveau. Das Geschäft wird aber weiterhin wachsen, speziell im E-Commerce. Hier sehen wir hohe Wachstumsraten, die im Bereich von fünf bis zehn Prozent liegen.

Wie hat sich Ihr Angebot entwickelt?

Wir haben etwa im Pharma-Bereich mit Emirates Medical ein neues Produkt für medizinische Instrumente entwickelt. Die Auflagen, die derzeit rein medizinische Produkte betreffen, sollen in zwei Jahren auch diese Geräte umfassen. Das betrifft aber nicht nur Geräte, sondern auch viele andere Dinge wie etwa die Blutzucker-Messstreifen, die bisher ohne besondere Auflagen transportiert wurden.

Liegt der Fokus von Emirates Cargo auf der Health-Sparte?

Sie macht einen großen Teil aus, sind aber breit aufgestellt. Pharma macht etwa 20 – 30 Prozent aus. Wir verschicken durch den Automotiv-Cluster in Graz auch viel in diesem Bereich – und auch im Maschinenbau oder im elektronischen Sektor sind wir aktiv. Es gibt verschiedene österreichische Produkte, die wir verschicken dürfen.

Wie sieht es beim Thema Nachhaltigkeit aus? Was tut Emirates Sky Cargo dafür, um nachhaltiger zu transportieren?

Was die Flotte betrifft, haben wir nur die neuesten Geräte, die hier zum Einsatz kommen. Außerdem ist der Lieferweg relativ kurz, denn wir bedienen österreichische Kunden, die direkt aus Wien in die ganze Welt verschicken. Andere Unternehmen haben einen Hub irgendwo in Europa und müssen ihre Produkte mit dem LKW nach Frankfurt oder London transportieren, was natürlich den CO2-Ausstoß erhöht. Wir optimieren auch die Flugplanung: Ein Flugzeug fliegt erst dann weg, wenn wir die Clearance für eine ganze Strecke haben und es dann nicht etwa eine Stunde über dem Zielflughafen kreisen muss.
Wir sind auch Vorreiter, was Sustainable Fuel betrifft. In gewissen Ländern mischen wir bereits SAF bei, das Problem ist aber, dass nicht so viel Treibstoff vorhanden ist, wie wir eigentlich benötigen. Wir waren aber beispielsweise die erste Airline, die einen Testflug mit 100% Sustainable Fuel in einem der Triebwerke ausgeführt hat. Sonst wird er nur beigemengt. Nicht alle Triebwerke vertragen diesen Kraftstoff, deshalb arbeiten wir mit Triebwerksherstellern und Treibstoff-Produzenten zusammen um zu erreichen, dass Sustainable Fuel schneller und mehr zum Einsatz kommt und haben auch 200 Millionen US-Dollar in Forschungsprojekte investiert.

Wie hat sich Ihr Geschäft seit den Angriffen der Houthi-Rebellen auf Containerschiffe entwickelt?

Wir stellen eine vergrößerte Nachfrage fest, da dringende Sendungen aufgrund der längeren Laufzeiten im Schifffahrtsbereich nun von Seefracht auf Luftfracht umgestellt werden müssen.