Schienengüterverkehr : Mit diesen Projekten will die RCG ihre Position stärken

Abfalltransport über die ÖBB Rail Cargo Group
© ÖBB RCG

„Wir sind auf Position 2 im europäischen Schienengüterverkehr, und diese Position gilt es weiter auszubauen – auch in Eurasien, nicht nur in Europa“, erklärt ÖBB-Vorstandsvorsitzender Andreas Matthä bei einer Pressekonferenz. Dabei nennt er zwei Projekte, die dabei helfen sollen: Der vermutlich steigende Transport von Abfällen durch die Novelle beim Abfallwirtschaftsgesetz und den Dryport Villach.

Aktuell transportiere man als Rail Cargo Group (RCG) etwa acht Millionen Abfälle, jährlich könnten damit 300.000 LKW-Fahrten vermieden werden. Durch die Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes, die am 1.1.2023 in Kraft tritt, erwartet die RCG mittelfristig eine Verdopplung der Mengen. „Damit wir diese zusätzlichen Mengen auch verlässlich transportieren können haben wir 1.200 zusätzliche Mobiler und 400 Tragwagen angeschafft. Das ist eine Verdopplung der bestehenden Flotte“, sagt Matthä. 75 Millionen Euro pumpt die RCG in das neue Wagenmaterial.

Die Mobiler ermöglichen eine Verlagerung von der Straße auf die Schiene ohne Kräne oder Anschlussbahnen, sondern durch eine hydraulische Hubvorrichtung am Fahrzeug. Die Technologie funktioniert durch Zusammenspiel zwischen Mobiler-Container, Mobiler-LKW und dem Waggon der Gattung Sggmrrss-y. So können auch Unternehmen, die über keinen eigenen Bahnanschluss verfügen, auf die Schiene wechseln - ähnlich wie beim Logistikunternehmen Helrom.

Abfalltransport über die Schiene

Ab 2023 müssen Transporte von Abfällen mit einem Gesamtgewicht von mehr als zehn Tonnen und über 300 km Transportdistanz verpflichtend auf die Schiene. Ab 2024 sollen dann 200 km, und ab 2026 Abfalltransporte ab 100 km Distanz auf der Schiene erfolgen, wie die Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes (AWG) vorsieht.

Das gesamte Abfallaufkommen in Österreich betrug im Jahr 2019 rund 72 Millionen Tonnen. Viele dieser Abfallarten würden sich aufgrund ihrer Eigenschaften dabei besonders gut für den Transport auf der Bahn eignen, wie zum Beispiel Aushubmaterial, Bau- und Abbruchabfälle, Haushaltsabfälle sowie Asche und Schlacken. Trotzdem werden rund 80 Prozent dieser für die Bahn besonders geeigneten Abfälle nach wie vor auf der Straße transportiert.

Die geplante Novelle erregt dabei aber stark die Gemüter: Nicht nur in der Bundessparte Industrie in der Wirtschaftskammer Österreich, dem Fachverband Entsorgungs- und Ressourcenmanagement sowie dem Fachverband Spedition und Logistik. Auch der Zentralverband Spedition & Logistik äußerte scharfe Kritik an den geplanten Änderungen.

Nicht einfach nur, dass das erneuerte Gesetz mit großem Mehraufwand verbunden wäre, wird kritisiert. Laut dem Zentralverband Spedition & Logistik ist sie sogar mehrfach rechtswidrig und undurchführbar.

„Diese Novelle verhindert eine nachhaltigere Abfallwirtschaft, anstatt sie zu fördern. Wirklich bedenklich ist, dass durch diesen rechtlichen Pfusch der Rechtsstaat und der freie Wettbewerb angegriffen werden", sagt Alexander Friesz, Präsident des Zentralverbandes Spedition & Logistik. Auch WKO-Spartenobmann Alexander Klacska äußerte sich im Gespräch mit dispo ähnlich: „Meine Meinung ist dass das ein Eingriff in die unternehmerische Freiheit bedeutet.“ Man sehe aber in vielen Bereichen, wo die Schiene erfolgreich die Straße abgelöst hat. „Etwa beim Thema Gefahrengut: Über die lange Distanz wird über das Schiff transportiert, über die mittlere Distanz geht es über die Schiene, nur auf der letzte Meile zur Tankstelle fährt der Tankwagen auf der Straße. Dort funktioniert es, und dort sollte man auch stärker schauen, warum und wie es dort funktioniert“, so Klacska.

Dryport Villach als erster Zollfreikorridor weltweit

Als weiteres großes, lokales Projekt nennt Vorstandschef Andreas Matthä den zollfreien Korridor zwischen Villach Fürnitz und Triest. Triest sei ein bedeutender Knotenpunkt mit steigenden Gütermengen. Die ankommenden Container sollen unmittelbar auf die Schiene verlagert und nach Villach transportiert werden, um von dort weiter nach Europa verteilt zu werden.

Bei einem Dryport bzw. Hinterlandhafen handelt es sich um Serviceleistungen, wie etwa der Optimierung des Grenzmanagements und eben der Errichtung eines Zollkorridors. „Die bereits jetzt schon mehrmals wöchentlich zwischen dem Hafen Triest und dem LCA-Süd verkehrenden Züge, können mit dem geplanten Schienen-Zollfreikorridors mittels Shuttleverkehre ausgebaut werden“, heißt es auf dispo-Anfrage. So werde Villach eine vollwertige Außenstelle des Triester Hafens,. Damit können Zollaktivitäten für Importe und Exporte am Terminal Villach Süd erledigt werden. Es entfallen Wartezeiten beim Zoll in Triest, durchgehende Züge werden mit modernstem Wagenmaterial ausgestattet und die Laufzeiten verkürzt.

Shanghai und Serbien als nächste Stationen

Auch das internationale Netzwerk soll erweitert werden, so Matthä. Ab Anfang nächsten Jahres wird die Rail Cargo Group eine eigene Bahnspeditionsgesellschaft in Shanghai eröffnen, um „als RCG vollwertig präsent auf einem wichtigen Markt zu sein.“ Man sei im Eurasien-Geschäft stark gewachsen; eine lokale Präsenz ermögliche es, effektiver zu sein und den Mittelkorridor der Neuen Seidenstraße zu stärken, erklärt Vorstandssprecher Clemens Först.

Dieser Mittelkorridor sei im Aufbau und werde massiv an Bedeutung gewinnen, so Matthä. Es sei ein wesentlicher Schritt für das internationale Netzwerk. Er verläuft von China durch Kasachstan über Aserbaidschan/Georgien, das Schwarze Meer nach Constanta in Rumänien und dann weiter nach Zentraleuropa.

Das zweite große Projekt der Rail Cargo Group findet sich in Serbien: Hier soll ab dem ersten Quartal 2023 ein eigenes Eisenbahnunternehmen Transporte Richtung Zentraleuropa gewährleisten. „Südosteuropa ist ein wesentlicher Markt“, so Först. "Serbien wird somit das 13. Land in Europa sein, wo wir mit eigenen Lokomotiven und Personal Schienentransporte durchführen. Dieser Schritt ermöglicht uns, unsere Verbindungen in Richtung Türkei und Griechenland über zwei alternative Routen anzubieten.“

Kostensteigerung um etwa 20 Prozent

Aufgrund der enormen Kostensteigerungen sehe sich RCG auch gezwungen, ihre Preise zu erhöhen. Man habe in den letzten zehn Jahren - ausgeglichen gewirtschaftet, auch in diesem Jahr. Doch da die Rahmenbedingungen 2023 einmalig und Kostensteigerungen in allen Bereichen hoch seien, werde man die Preise um "20 plus" Prozent erhöhen müssen. "Im Energiebereich sind unsere Kostensteigerungen dreistellig, in den Bereichen Material oder Personal vielfach zweistellig", erklärt Först. "Deshalb sehen wir uns gezwungen, diese Kostensteigerungen im Markt weiterzugeben.

Die Anpassung soll in zwei Schritten kommen: Zuerst würden die Kosten ohne Energie weitergegeben, dann jene für Energie, so der RCG-Vorstandssprecher. Bei verschiedenen ausländischen Kunden werde die Steigerung aber geringer ausfallen, da es hier bereits zum Jahresbeginn eine Preisanpassung gegeben habe.