Autonomes Fahren : Fernride-Gründer Hendrik Kramer ist Logistics Leader of the year

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© Marcus Vetter

Die Logistics Hall of Fame sucht jährlich den oder die Logistics Leader of the year - eine Person, der oder die sich als Taktgeber und Zukunftsmacher der Logistik auszeichnet. In diesem Jahr fiel das Urteil der Jury auf den 29-jährigen Hendrik Kramer und seine Vision der „Human-Assisted Autonomy“ im Straßengüterverkehr - und deren Umsetzung.

Kramer, CEO und Mitgründer von Fernride, hat eine innovative Automatisierungslösung für die Mobilität von Nutzfahrzeugen am Markt etabliert, die es ermöglicht, Lkw ohne Fahrer zu bewegen. Fernride kombiniert dabei die Technologie des autonomen Fahrens mit menschlicher Intelligenz in einem hybriden System, der sogenannten „Human-Assisted Autonomy“. Vergleichbar einem Control Tower in der Luftfahrt überwachen Remote-Operatoren mehrere Fahrzeuge gleichzeitig und können darüber hinaus bei Bedarf eingreifen.

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Die Jury der Logistics Hall of Fame besteht aus 70 Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Medien aus 13 Nationen - darunter auch Dispo-Chefredakteurin Michaela Holy-Zwickelstorfer. „Hendrik Kramer hat mit unternehmerischem Geist die Grundlage für einen sicheren Einstieg in autonomes, elektrisches Fahren geschaffen. Seine Initiative leistet einen Beitrag zur Energiewende und trägt dazu bei, die Gewinnmargen der Logistiker zu steigern, den globalen Fahrermangel zu lindern und die Sicherheit der Mitarbeitenden in der Logistik zu verbessern, während sie die Logistikbranche bei der Transformation zu zukunftssicheren Betrieben und Prozessen unterstützt“, fasst Anita Würmser, geschäftsführende Jury-Vorsitzende der Logistics Hall of Fame, die Stimmen zusammen. Mitentscheidend für das Votum der Jury sei zudem gewesen, dass die Herangehensweise das Potenzial hat, die Wertigkeit des Fahrerberufes fundamental zu verbessern.

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Um seine Vision zu realisieren, brachte Kramer zunächst skalierbare Automatisierungslösungen für Lkw in der Hof- und Hafenlogistik auf den Markt, die keine Gesetzesänderung erfordern. Die Zugmaschinen fahren zu 80 bis 90 Prozent autonom und werden von einem Remote-Operator an einem Bildschirmarbeitsplatz, der einem Fahrzeugcockpit nachempfunden ist, überwacht. Kameras und Sensoren an den Fahrzeugen erfassen die Umgebung, und die Daten werden an das Fahrzeug übermittelt, um die Fahraufgaben selbstständig auszuführen. Parallel dazu werden die Daten über das Mobilfunknetz an die Operatoren übertragen, die die Fahrzeuge aus der Ferne unterstützen können.

Diese Technologie, die auf über zehn Jahren wissenschaftlicher Forschung basiert, ist aktuell aus rechtlichen Gründen nur auf geschlossenen Arealen wie Logistikzentren, Werksgeländen und Hafengebieten im Einsatz, um Container zu transportieren, Wechselbrücken umzusetzen oder Warentransporte in Lagern durchzuführen. Dort hat sie sich bei Praxispartnern wie Volkswagen, HHLA oder DB Schenker bewährt, die zusammen allein in Europa über 1.000 Yard-Trucks betreiben.

In den kommenden fünf Jahren plant Kramer, die Human-Assisted Autonomy mit weiteren Fahrzeugtypen auch auf öffentliche Straßen zu bringen. Die Fahrzeuge produziert Fernride nicht selbst, sondern mit strategischen Partnern. Seit seiner Gründung hat das Unternehmen insgesamt 60 Millionen Dollar an Investorengeldern von privaten Geldgebern und öffentlichen Investoren wie Bayern Kapital und der DeepTech & Climate Fonds (DTCF) der Bundesregierung akquiriert.

Fernride wurde 2019 gegründet und beschäftigt mittlerweile über 150 Mitarbeitende. Bis zum Ende des Jahrzehnts soll das Unternehmen an die Börse gebracht werden.

Der Logistics Leader of the Year Award zeichnet Taktgeber und Zukunftsmacher der Logistik aus. Geehrt werden Persönlichkeiten aus dem Transport- und Logistikbereich, die aktuell besonders erfolgreich für ihre Unternehmen agieren oder einen richtungsweisenden Impuls gesetzt haben. Im Vordergrund der Stifterauszeichnung stehen Aktualität und der Nutzen für die Firma sowie Innovationskraft, Nachhaltigkeit und unternehmerischer Wandel. Die Auszeichnung wird von der Logistics Hall of Fame verliehen und von der Hamburger Still GmbH gestiftet.