"Autonomes Fahren wird kommen" : So wollen Grazer Forscher Fahrassistenzsysteme effizienter machen

Symbolbild autonome LKW
© ZF Group

Fahrerassistenzsysteme sollen immer besser werden. Ein Forscherteam der TU Graz hat automatisch generierte Testverfahren entwickelt, die Szenarien erzeugen, um mit Hilfe von Simulationsergebnissen Fehler in Fahrerassistenzsystemen zu finden. "Die Testverfahren suchen nach kritischen Interaktionen, die bei manuell geschriebenen Tests oft übersehen werden", erklärte der Leiter des Christian Doppler Labors, Franz Wotawa, gegenüber der APA. Eine Anwendung beim autonomen Fahren sei denkbar.

So wurde etwa der automatische Notbremsassistent mit diesem Ansatz untersucht. Dazu wurden rund 1.000 Testfälle automatisiert generiert, in denen der Bremsassistent seine Funktion erfüllen sollte. Unter anderem wurden potenziell gefährliche Verkehrsszenarien simuliert - etwa wenn ein vorausfahrendes Auto bremst, der Assistent ein Bremsmanöver einleitet und dann plötzlich ein Fußgänger die Straße überquert. Insgesamt seien in einer ersten Studie bei rund 1.000 Testfällen 17 Unfälle passiert, berichtete der Forscher vom Institut für Softwaretechnologie der TU Graz.

Um die Testfälle zu generieren, wurden sogenannte Ontologien - Beschreibungen der Umgebung wie Ampeln, Verkehrsschilder oder andere Verkehrsteilnehmer - verwendet, die algorithmisch mit einem Eingabemodell verknüpft wurden. So sollen Fehler bereits im Vorfeld erkannt und vermieden werden. Die Experimente wurden beim Firmenpartner AVL durchgeführt, der auch die Ontologien entwickelte und die Simulationsdaten zur Verfügung stellte.

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Zu Unfällen kann es zum Beispiel kommen, wenn es kleine Abweichungen im Szenario gibt - im Fall des automatischen Notbremsassistenten können das zum Beispiel veränderte Straßenverhältnisse durch Regen oder Schnee sein. "Ich bin überzeugt, dass die Testverfahren hier die wichtigsten Fehler finden und somit das Risiko des automatisierten Fahrens für uns alle reduzieren können. Wir benötigen jedoch auch Verfahren, die hier kritische Situationen im laufenden Betrieb erkennen und entsprechend handeln", beschrieb Wotawa seine Forschung.

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Bedarf für autonomen Verkehr in der Logistik ist gegeben

Die Ergebnisse des Christian-Doppler-Labors für Methoden zur Qualitätssicherung autonomer cyber-physischer Systeme sind aber nicht nur auf Fahrerassistenzsysteme anwendbar: "Die Testmethodik ist allgemeingültig und kann direkt auf das autonome Fahren übertragen werden", erklärt der Forscher. Auch die Erkennung kritischer Szenarien während der Fahrt könne direkt für das autonome Fahren - also ohne Menschen am Steuer - genutzt werden, erklärte der Projektleiter.

Dass künstliche Intelligenz - insbesondere der so genannte Gamification-Ansatz - in diesem Bereich eingesetzt werden kann, sei die größte Erkenntnis für das Mobilitätstechnologie-Unternehmen AVL. Gerade beim autonomen Fahren sei dieses Wissen wertvoll, da hier die Komplexität viel höher sei als bei Fahrerassistenzsystemen und man das nie im Leben auf der Straße testen könne", erklärte Mihai Nica, Global Head of ADAS bei AVL. Die Erkenntnisse fließen bereits in Kundenprojekte ein - für das Unternehmen ergibt sich daraus ein Alleinstellungsmerkmal.

"Das autonome Fahren wird kommen", ist Nica überzeugt. Für den autonomen Hub-to-Hub-Transport von Lasten und Gütern hält er das in wenigen Jahren für möglich, auch weil der Bedarf da sei. Im normalen Straßenverkehr werde es dagegen noch länger dauern, bis zumindest vollautomatisiertes Fahren - eine Stufe unter dem autonomen Fahren - möglich sei.

Die Sicherheit von Fahrerassistenzsystemen im Allgemeinen bezeichnete Wotawa als "ausbaufähig". Alles funktioniere, weil der Mensch im Zweifelsfall die Assistenzsysteme überstimmen und in die Situation eingreifen könne. Der Forscher warnte vor einer möglichen "Tool Overreliance", also einem übermäßigen Vertrauen in diese Systeme. "Wenn wir Menschen lange genug sehen, dass ein technisches System gut funktioniert, gehen wir davon aus, dass es immer funktioniert und vernachlässigen unsere Aufsichtspflicht", erklärte er.

Das Christian Doppler Labor läuft noch bis Ende September 2024. Weitere Forschungen in diesem Bereich seien aber geplant, so Wotawa. Für die Überwachungssysteme werde er an einem Nachfolgeprojektantrag arbeiten - der Bereich des Testens werde bereits in anderen Projekten weiter erforscht.