Fördertechnik : So werden FTS & FTF richtig gekennzeichnet

Fahrerlose Transportsysteme im Lager bei Grenzebach
© Grenzebach Maschinenbau GmbH

Fahrerlose Transportsysteme bzw. Fahrerlose Transportfahrzeuge sind in der Logistik nicht mehr wegzudenken. Doch was muss beachtet werden, wenn Fahrzeuge nachträglich ergänzt werden? Der VDMA-Fachverband Fördertechnik und Intralogistik ordnet in einer Informationsbroschüre die Inverkehrbringung von Geräten und Systemen gemäß der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG ein.

„Das ist wichtig, weil sich bspw. durch sogenannte Plug-and-Play-Lösungen Zuständigkeiten verändern können. Gleiches gilt auch, wenn nachträglich Fahrzeuge ergänzt werden. All das kann sich auf die Kennzeichnungspflicht auswirken, was wir in der Broschüre ausführlich darstellen“, erklärt Andreas Scherb, Fachabteilung Fahrerlose Transportsysteme im VDMA-Fachverband Fördertechnik und Intralogistik.

An zwei Beispielen verdeutlicht die Broschüre deshalb zwei gängige Verfahren des Inverkehrbringens, die jedoch sehr unterschiedliche Ergebnisse in der CE-Kennzeichnung zur Folge haben. Auch wenn nachträglich der FTS-Fuhrpark erweitert wird, stellt sich die Frage der CE-Konformität, die je nach Bestand eine ‚Wesentliche Veränderung der bestehenden Maschine‘ gemäß Maschinenrichtlinie bedeuten kann. „Wir hoffen, damit Anbietern und Anwendern eine wichtige Orientierung in der komplexen Thematik zu geben“, so Andreas Scherb.

Die Broschüre zur Inverkehrbringung von Fahrzeugen und Systemen kann sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache hier heruntergeladen werden. Lesen Sie vertiefend dazu ein Interview zu den Hintergründen mit Andreas Drost, Mitglied des Vorstands der Fachabteilung FTS im VDMA-Fachverband Fördertechnik und Intralogistik und Heiko Vellinga, Vorsitzender der zuständigen Arbeitsgruppe in der Fachabteilung weiter unten.

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Interview mit Andreas Drost, Mitglied des Vorstands der Fachabteilung FTS im VDMA-Fachverband Fördertechnik und Intralogistik und Heiko Vellinga, Vorsitzender der zuständigen Arbeitsgruppe in der Fachabteilung

Warum hat sich die Fachabteilung entschieden, eine Broschüre zum Thema CE-Kennzeichnung zu veröffentlichen?

Andreas Drost
Es geht darum, den Kunden und allen Stakeholdern eine Orientierungshilfe zu geben, da es doch bei den einzelnen Fragestellungen der Inverkehrbringung von FTF und FTS im Sinne der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG immer wieder unterschiedliche Sichtweisen und Antworten gibt. In der Publikation wird unter anderem auch auf die Verantwortung der Betreiber bei der Änderung von Maschinen hingewiesen.

Warum ist es wichtig, dass sich Betreiber mit diesem Aspekt der CE-Kennzeichnung beschäftigen?


Drost
So praktisch die Flexibilität von Fahrerlosen Transportsystemen für unterschiedliche Anwendungsfälle ist, so komplex kann die Inverkehrbringung werden, die mit dieser Flexibilität verbunden ist. Diese Verantwortung und die damit verbundenen Pflichten – eben auch für Betreiber – haben wir in der Broschüre deutlich dargestellt.

Worauf sollten Ihrer Meinung nach Hersteller und Betreiber denn achten?


Drost Hersteller sollten das Thema Inverkehrbringung bereits im Vorfeld über den gesamten Prozess vom Anfrageerhalt bis zur Umsetzung denken und den Kunden entsprechend beraten. Es ist wichtig, über die Pflichten aufzuklären und ein einheitliches Verständnis dazu zu haben. Die Broschüre kann dabei sowohl für den Hersteller als auch für den Kunden eine sinnvolle Orientierung geben. Auch auf Betreiberseite ist ein Verständnis der Sachlage wichtig, um ggf. überhöhte Forderungen zu relativieren, die meist aus der eigenen Arbeitssicherheit kommen und zum Teil technisch gar nicht erfüllbar sind. So kann der Betreiber auch dem Lieferanten das Vertrauen geben, dass man Richtlinien sowie Normen befolgt und nach einer Handlungsempfehlung, wie der Broschüre, zu einer guten Anlage kommt. Es geht einfach um Transparenz und Klarheit der Zuständigkeiten bei allen Beteiligten.

Haben Sie speziell für die Betreiberseite ein konkretes Beispiel aus der Praxis, was so ein Knackpunkt sein könnte?


Drost Das betrifft bspw. die Anbringung von Personenschutzeinrichtungen, die eigentlich nur zur Objektdetektion gedacht sind und gerne so ausgereizt werden, dass man entweder an technische Grenzen stößt oder sehr viele Störquellen in die Anlage bekommt. Hier wird mitunter die Anbringung zusätzlicher Sensoren gefordert, die weit über die eigentliche Arbeitssicherheit hinausgehen und damit vom Personen- in einen Objektschutz übergehen, der die Anlage beeinträchtigen kann.

Herr Vellinga, Sie waren als Vorsitzender der zuständigen Arbeitsgruppe direkt an der Erstellung der Broschüre beteiligt. Gehen wir ein bisschen ins Detail: in der Broschüre werden die Möglichkeiten der CE-Kennzeichnung von FTS als Gesamtheit von Maschinen und als Einzelmaschinen im Sinne der Maschinenrichtlinie dargestellt. Warum?


Heiko Vellinga
Mit diesen zwei Fallbeispielen haben wir versucht die Thematik CE-Kennzeichnung zu verdeutlichen. Beides sind am Markt gängige Verfahren und haben aber sehr unterschiedliche Ergebnisse in der Kennzeichnung. Zusätzlich beinhalten sie auch für die nachträgliche Einbringung von weiteren FTS Vor- bzw. Nachteile, die sich in dem jeweiligen Aufwand zur Beurteilung der genannten Systeme widerspiegeln. Sie haben die nachträgliche Einbringung von Fahrerlosen Transportfahrzeugen gerade erwähnt.

Warum ist dieser Aspekt nach der erstmaligen Inverkehrbringung so wichtig?


Vellinga
Kunden erweitern oft ihren FTF-Fuhrpark und dadurch wird natürlich auch die Frage der CE-Konformität von bestehenden Anlagen berührt. Aus diesem Grunde haben wir die zwei Fallbeispiele zur CE-Kennzeichnung gewählt, um die Auswirkungen einer Erweiterung darzustellen. Im einfachsten Fall lässt sich ein Fahrzeug unkompliziert hinzufügen. Es ist aber auch möglich, dass eine komplette CE-Neu-Kennzeichnung einer bestehenden Anlage erfolgen muss. Es handelt sich natürlich nur um exemplarische Fallbeispiele, es sind sicher noch weitere Konstellationen möglich. Wichtig ist die Betrachtungs- und Vorgehensweise und dafür möchten wir sensibilisieren.