Gastbeitrag : Herausforderungen bei der Kommissionierung
Nicht alles was auf Paletten gepackt werden muss, ist quadratisch, praktisch und einfach zu stapeln. Und als stehen die Warehouses und Distributionszentren nicht sowieso schon vor Herausforderungen – wohin noch wachsen, wie immer flexibler werden, um auf Änderungen der Verbrauchernachfragen und auf die Saisonalität zu reagieren – nimmt auch die Produktvielfalt und damit der Aufwand der Kommissionierung ständig zu. Die Anforderung für Logistikunternehmen ist dabei zum einen Waren unterschiedlichster Art und Form sehr schnell und in großer Stückzahl umzuschlagen, das gilt nicht zuletzt für die Bereiche FMCG und 3PL (Fast Moving Consumer Goods und Third Party Logistics), zum anderen dürfen aber selbst bei speziell geformten Waren kein Schaden, Bruch oder andere Kommissionierfehler entstehen.
Um den komplexen Konfigurationen von Kartons auf Paletten und dem komplizierten Wechsel zwischen verschiedensten zu kommissionierenden Produkten gerecht zu werden, haben sich seit Jahrzehnten maschinelle Lösungen etabliert und weiterentwickelt. Mit dem Digitalzeitalter haben sich die Möglichkeiten stark erweitert. Es geht nicht mehr nur um die Beziehung Mensch-Maschine, sondern die Software ist als wichtiger Akteur dazugekommen. Dementsprechend ist die Frage nicht mehr nur welche Maschine agiert am besten, wenn Warenlagerungsprozesse zum Balanceakt werden, z. B. bei bauchigen schweren Flaschen, sondern auch, wie kann das Zusammenspiel von Software und Hardware verbessert werden. Um bei einem FMCG-Beispiel zu bleiben – gilt es Chips in Tüten, Salzgurken in Gläsern und danach Obst und Gemüse in offenen Kisten ein- oder auszulagern, braucht es nicht nur maßgeschneiderte Lösungen für jede verschiedene Ware, sondern eine Gesamtlösung die agil beim Wechsel zwischen den unterschiedlichen Gütern ist. Dabei geht es nicht länger nur darum, herausragende Maschinen oder Software zu entwickeln, sondern sie sinnstiftend miteinander zu kombinieren.
Zunächst aber nochmal einen Schritt zurück. Wenn es um eine Automatisierungs- und Materialtransportlösungen geht, die Lagen von Paletten hebt, ist der Layer Picker eine etablierte Lösung. Per Vakuum können nahezu alle Waren an- und umgehoben werden, einzelne wie auch mehrere Lagen, sogar mit lückenhafter Bestückung. Kurzgesagt alles was einen ebenen Boden hat. Die Form von Gütern muss beim richtigen Lagen Picking-System also gar keine so große Rolle mehr spielen. Mag die Produktform auch außergewöhnlich sein. Kompliziert wird es aber, wenn z. B. verschiedene Marken miteinander gemischt werden. Auch hier möchte ich kurz im Bereich FMCG bleiben. Vorstellbar wäre, dass auf einer Palette Schokolade verschiedener Hersteller gelagert wurde, auf jeder Lage eine andere Marke. Oder gar völlig verschiedene Produkte auf den einzelnen Lagen der gleichen Palette. An dieser Stelle wird es ohne das richtige Zusammenspiel mit der passenden Software-Lösung schwierig. Greifen Hard- und Software nicht perfekt ineinander sind Fehler im Warenfluss vorprogrammiert.
Das genannte Beispiel macht deutlich Lagerprozesse werden nicht nur umfangreicher, sondern auch kleinteiliger. Will man sie optimieren, braucht man zunächst einen ganzheitlichen Ansatz beim Depalettierungs- und Pallet-to-Pallet-Kommissioniersystem, also Komponenten die gut ineinandergreifen. Darüber hinaus aber auch Software, die die Möglichkeiten der Maschinen erweitert. Beides galt es auch bei unserem Use Case für Coca-Cola Europacific Partners (CCEP) zu beachten. Das Körber Geschäftsfeld Supply Chain hat den Getränkeabfüller in Belgien bei der Optimierung eines seiner größten Lager unterstützt – 300 Mitarbeiter und Platz für fast 30.000 Paletten. Hier waren die zwei genannten Punkte besonders wichtig – das Ineinandergreifen der Komponenten und Software als Enabler für Maschinen.
Wir integrierten Automatisierungs- und Materialtransportlösungen, sodass Layer Picker, das Shuttle-System sowie die Regalbediengeräte exakt aufeinander abgestimmt sind. Was nicht nur die vollautomatisierte Lagenkommissionierung ermöglicht, der Betreiber wird durch die Verknüpfung aller Komponenten zugleich bei der Fehlerbehebung und Fehlervermeidung im automatisierten Prozess unterstützt. Und das selbst bei unhandlichen Gütern. Der Software kommt während des Kommissioniervorgangs eine besondere Rolle zu, sie sorgt für eine sichere Kommunikation zwischen den einzelnen Elementen und mit der Warehouse Management Software. So ist ein vollautomatisierter, softwaregesteuerter Gesamtprozess sichergestellt. Das verhindert nicht nur Beschädigung von Ware, wie sie bei manuellen Lagerprozessen erhöht vorkommt, die bei CCEP umgesetzte Anlage ermöglicht auch die Kommissionierung einzelner oder mehrerer Lagen gleichzeitig. Und das nicht nur bei Lagen mit Leerräumen, sondern auch bei Lagen mit offenen Trays oder Kisten mit losen Deckeln. Damit ist sichergestellt, dass nichts im Lager außer Balance gerät.
Warehouses und Distributionszentren wachsen – nicht zuletzt nach oben. Das stellt Kommissioniersysteme vor neue Herausforderungen. Mehr Waren, verschiedenste Güter. Mehr Paletten in einer Höhe, die früher nicht denkbar war. Im Sinne der Sicherheit und einer fehlerfreien Kommissionierung hat sich der digitale Wandel in der Logistik gerade beim Lagerungsprozess im letzten Jahrzehnt stark erhöht. Das wir mit diesem Wandel aber noch nicht am Ende angekommen sind, haben die letzten zwei Jahre gezeigt. Die Pandemie hat deutlich gemacht, dass globale Lieferketten vor dem Hintergrund stetig zunehmender Anforderungen im E-Commerce sowie wachsender Verbrauchererwartungen widerstandsfähiger werden müssen. Ein Schlüssel dazu sind Technologien und Produkte, die innerhalb eines wirtschaftlichen Ökosystems nahtlos zusammenarbeiten. Für die Kommission bedeutet das, die optimale Zusammenarbeit von Maschine und Software im eigenen Lager.
Andreas Ebert ist CEO des Körber-Geschäftsfelds Supply Chain Automation.