Lager-Automatisierung : Kiva-Systems-Gründer werden für ihr Mobile Robotic Fulfillment Systems ausgezeichnet

Kiva Founders Peter Wurman, Mick Mountz, Raffello D'Andrea

Die Kiva-Gründer Peter Wurman, Mick Mountz, Raffello D'Andrea (v.l.)

- © Kiva Systems

Mick Mountz, Peter Wurman und Raffaello D´Andrea sind die neuen Mitglieder der Ruhmeshalle der Logistik: Die Logistics Hall of Fame ehrt internationale Persönlichkeiten, die sich um die Weiterentwicklung von Logistik und Supply Chain Management außergewöhnlich verdient gemacht haben.

Die Jury hat die Kiva-Systems-Gründer für die Erfindung des Mobile Robotic Fulfillment Systems in der Intralogistik ausgewählt, womit sie zahlreichen E-Commerce-Unternehmen taggleiche, effiziente und fehlerfreie Warenlieferungen ermöglichten. Denn dadurch laufen Logistikmitarbeitende nicht mehr an Regalen entlang und suchen nach Bestellungen, sondern Autonome Mobile Roboter (AMR) bewegen ein Regal mit Ware zu den Kommissionierplätzen.

>>> Kommentar von Veit Kohnhauser zum "AMR-Hype": Der Gartner-Hype-Cycle als Werkzeug, nicht als Orakel

"Mountz, Wurman und D'Andrea können für sich in Anspruch nehmen, das Ware-zur-Person-Kommissionierkonzept zum globalen Standard für viele E-Commerce- und Omnichannel-Prozesse gemacht zu haben. Mobile Robotic Fulfillment Systeme sind für viele Unternehmen die technologische Grundlage für die Same-Day-Delivery, wie wir sie heute kennen“, erklärt Anita Würmser, Geschäftsführende Juryvorsitzende der Logistics Hall of Fame die Entscheidung der Fachjury, der 70 namhafte Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Medien aus 13 Nationen angehören.

Insolvenz befeuerte Entwicklung des Mobile Robotic Fulfillment Systems

Im Jahr 2001 hat der E-Commerce-Anbieters Webvan Insolvenz angemeldet, was letztlich zur Idee des Mobile Robotic Fulfillment Systems führte: Mountz führte den Niedergang seines ehemaligen Arbeitgebers auf unflexible Intralogistiksysteme und hohe Kosten bei der Auftragsabwicklung zurück. Das inspirierte den Amerikaner dazu, eine Methode für die Kommissionierung, Verpackung und den Versand von Aufträgen zu entwickeln, die jeden Artikel zu jeder Zeit an jeden Logistikmitarbeitenden liefern kann.

>>> Finden Sie hier mehr Lösungen und Anwenderberichte zum Thema Kommissionierung

Um seine Idee zu verwirklichen, suchte Mountz Unterstützung beim KI- und Softwareexperten Peter Wurman und beim Robotik- und KI-Pionier Raffaello D'Andrea und gründete 2003 gemeinsam mit seinen beiden Kollegen Distrobot. Im Jahr 2005 wurde daraus Kiva Systems. Mountz fungierte als CEO, während Wurman und D'Andrea die Co-CTOs wurden. Gemeinsam entwickelten sie das mobile Fulfillment-System Kiva.

Das Herzstück des Systems sind mobile Transportroboter, die für die kontinuierliche Bewegung der Waren in kleinen Regalen zwischen den Lagerbereichen und den Kommissionierplätzen sorgen. In herkömmlichen Logistikzentren mussten die Angestellten täglich bis zu 15 Kilometer gehen, um die Produkte in den Regalen zu suchen. Mit dem Mobile Robotic Fulfillment System werden die Bestände stattdessen in der Mitte des Lagers konsolidiert. Die Mitarbeitenden befinden sich an Kommissionierstationen im Umkreis. Sobald eine Bestellung eingegangen ist, werden die mobilen Transportroboter aktiviert, um das richtige Mini-Regal zu holen und es einem Mitarbeitenden zu bringen, der die bestellten Produkte in einen Versandkarton legt. Das Prinzip lässt sich schnell und kostengünstig erweitern. Die Investition amortisiert sich in der Regel in weniger als zwei Jahren. Lange Laufwege und unfallträchtige Transporte mit Gabelstaplern gehören damit in vielen Lagern des Handels der Vergangenheit an.

Das Geheimnis des Kiva Systems liegt in der kostengünstigen Ausstattung und den leistungsstarken Algorithmen, sowohl auf den Robotern als auch auf den Servern. Die Geräte navigieren sicher durch das Distributionszentrum, indem sie zunächst Daten aus verschiedenen Sensoren wie Kameras und Trägheitssensoren zusammenführen, um die Position des Roboters im Lager zu bestimmen. Dann führen sie Aufträge aus, die durch drahtlose Kommunikation orchestriert werden, was sicherstellt, dass keine Kollisionen auftreten können. Die Software-Algorithmen in der Cloud sorgen dafür, dass das System die Zeit der Angestellten und des Roboters optimal nutzt.

Aus Kiva wurde Amazon Robotics

Mit 275 Mitarbeitern war Kiva Systems ein vollständig vertikal integriertes Unternehmen, das die gesamte Hard- und Software selbst herstellte, einschließlich zweier verschiedener Robotermodelle. Eines konnte Lasten von bis zu 450 Kilogramm tragen, das andere von bis zu 1.400 Kilogramm - beide trugen die charakteristische orange Farbe der Firma. Bis 2012 zählten Dutzende von Unternehmen zu den Kunden, darunter Walgreens, Staples und Gap. Der größte Kunde wurde jedoch Amazon, das das Unternehmen im März 2012 für 775 Millionen US-Dollar kaufte. Im August 2015 änderte die Firma ihren Namen von Kiva Systems LLC in Amazon Robotics LLC. Bis 2024 strebt das Unternehmen den Einsatz von 800.000 mobilen Robotern in den Distributionszentren des E-Commerce-Riesen weltweit an.

>>> Wo Amazon in Europa Innovationen entwickelt

Das von Mountz, Wurman und D'Andrea entwickelte System fand in der Intralogistikbranche großen Anklang und wurde in den vergangenen zehn Jahren vielfach kopiert und weiterentwickelt. Ähnliche Systeme sind inzwischen auch von anderen Anbietern weltweit erhältlich. Heute ist Mountz Vorstandsmitglied bei der MIT Corporation, The Engine Accelerator und Verity. Wurman ist geschäftsführender Direktor bei Sony AI. D`Andrea ist der Gründer, Vorsitzende und CEO von Verity und Professor an der ETH Zürich.