Elektromobilität : Neue Last-Mile-Fahrzeuge werden in Wien produziert
Sie sollen nachhaltig sein, kompakt und robust: Das sind die Ansprüche von Zustelldiensten an Fahrzeuge für die letzte Meile. Nun hat Veloce-Gründer Paul Brandstätter einen neuen Cargoscooter vorgestellt, der diese Anforderungen erfüllt – und in Wien produziert wird.
Brandstätter hat dabei Erfahrung in der Last-Mile-Logistik: Er hat den ersten Fahrradbotendienst gegründet und wasserdichte Fahrradbotenrucksäcke erfunden. Nun trieb ihn die Entwicklung von Fahrzeugen für die letzte Meile an. Nach vielen fruchtlosen Gesprächen mit potenziellen Produktionspartnern entschied er sich nach einigen Jahren Entwicklungszeit, eine eigene Produktion für seine Cargoscooter aufzubauen.
Wichtig war ihm dabei, dass sie emissionsfrei sind. Die Fahrzeuge wurden auf „maximale Einfachheit und Robustheit“ optimiert, sollen in großen Stückzahlen sehr günstig produziert werden und möglichst geringen Service- und Wartungsaufwand verursachen. „Wir haben viel Hirnschmalz und Arbeit in die Entwicklung gesteckt, damit die Cargoscooter in der Produktion und im Betrieb möglichst einfach funktionieren. Wir haben den längstmöglichen Lebenszyklus im Blick und haben uns der Kreislaufwirtschaft verschrieben. Die Fahrzeuge sollen nach ihrem ersten Leben wieder zu uns zurückkommen und als generalüberholte Fahrzeuge erneut in Betrieb gehen bzw. sollen deren Teile noch lange weiter genutzt werden“, erklärt Jumug-Geschäftsführer Werner Pumhösel.
Dabei werden die Fahrzeuge in Wien entwickelt und hergestellt, die Komponenten kommen zum größten Teil aus der EU. „Wir versuchen großflächig und mehrheitlich in Europa zuzukaufen, und das gelingt uns auch recht gut. Nur die Batteriezellen kommen aus China, Komponenten und Motoren beziehen wir aus Europa. Wir haben sehr gute Betriebe im Umkreis in und außerhalb Österreichs mit guten qualitativen Produkten“, so Pumhösel im Gespräch mit dispo.
Bei der Entwicklung sei die Simplizität im Vordergrund gestanden, das Fahrzeug sollte sowohl robust als auch einfach aufgebaut sein, mit relativ wenigen Teilen. „Es war ein komplizierter Weg, dorthin zu kommen“, so Pumhösel. Laut Angaben von Jumug stecken in den Cargoscootern nur zehn Prozent der Rohstoffe und zwei Prozent der Batteriechemikalien im Vergleich zu typischen Elektro-Lieferwagen. Sie gelten als Fahrräder nach dem Kraftfahrgesetz KFG.
2024 will Jumug mit den Cargoscootern den europäischen Markt erschließen
Cargoscooter fahren dort, wo Fahrräder fahren dürfen, sind ein Meter breit und knapp mehr als zwei Meter lang. Die Ladebox ist zwei Kubikmeter groß und packt „eine Tagesladung B2C-Pakete“, heißt es aus dem Unternehmen. Die CargoScooter seien die kürzesten Fahrzeuge ihrer Fahrzeugklasse mit dem besten Verhältnis von Fahrzeuglänge zu Ladevolumen. Während Lieferwagenfahrer bis zu fünf Kilometer Gesamt-Gehweg zwischen den jeweiligen Fahrzeugabstellpunkten bis zu den Empfängeradressen auf einer Zustelltour zurücklegen, könnten die Cargoscooter vor der Haustüre parken.
In die Entwicklung der CargoScooter wurde bisher ein mittlerer siebenstelliger Betrag investiert. Der größte Teil davon stammt von Gründer Paul Brandstätter. Jumug hat für die Cargoscooter auch eine Förderung vom Klimaschutzministerium erhalten. Derzeit sammelt Jumug Kapital von Investoren ein um Vertrieb und Produktion weiter auszubauen.
Für einen Ausbau sei man gut aufgestellt, so Pumhösel auf dispo-Nachfrage. Bisher produziere man eher in Manufaktur-Losgröße, die Produktion lasse sich allerdings recht rasch skalieren, da man eine gute Lieferantenkette aufgebaut habe. 2024 wolle man nach Europa expandieren, wobei Target-Märkte wie etwa der DACH-Raum wegen der Nähe zu Österreich im ersten Fokus stehe, so Pumhösel.
Die Cargoscooter sind derzeit bei den heimischen Branchenriesen Post und Amazon in Wien, Linz, Salzburg und Innsbruck seit zwei Jahren im Einsatz.