Alexander Klacska : „Die Donau funktioniert nur gemeinsam mit der Schiene“

WKO-Transport-Obmann Alexander Klacska
© Ludwig Fliesser

Herr Klacska, wie geht es der heimischen Transportbranche aktuell?
Alexander Klacska
Die konjunkturellen Auswirkungen in der Branche sind mittlerweile massiv. Sowohl die Nachfrage in den letzten Monaten, als auch vor allem die Nachfrageerwartung zeigen einen deutlichen Knick nach unten. Das, was uns am meisten Sorge bereitet, ist der Containerumschlagindex, hier speziell der Nordrange-Index, der ausschlaggebend für Europa ist. Weltweit sind die Entwicklungen recht stabil, aber die Nordrange mit den Nord- und Ostseehäfen ist eingeknickt. Das heißt beim Warenaustausch von und nach Europa geht es bergab. Und auch die Kilometerleistungen auf der Straße oder die Zahlen aus dem Schienennetz zeigen eine deutliche Entwicklung nach unten.

Welche Maßnahmen setzt die Branche?

Sie passen hauptsächlich die Kapazitäten an. Im Fuhrpark werden Fahrzeuge nicht mehr unbedingt ersetzt, es geht eher in Richtung Reduktion und Optimierung. Dafür hat sich die Situation am Arbeitsmarkt etwas entspannt. Denn natürlich gibt es weniger Bedarf an Mitarbeitern, wenn weniger befördert wird. Gleichzeitig wissen wir, dass uns in den nächsten zehn bis zwölf Jahren bis zu 25 Prozent unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlassen werden – während nur fünf bis sechs Prozent nachkommen. Das sind Zahlen, die uns stark herausfordern.
In ganzen Zahlen, für Europa ausgedrückt, konnten laut einer Studie der IRU schon im letzten Jahr 233.000 LKW-Lenkerjobs nicht mehr nachbesetzt werden. 2028 soll diese Zahl auf 745.000 anwachsen.

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Gibt es best practices aus anderen Ländern bei der Mitarbeitersuche?
Kanada hat ein sehr transparentes Einwanderungsmodell, Ungarn setzt auch auf Migration und hat den Arbeitsmarkt für Lkw-Lenker Richtung Indien geöffnet. Einzelne Länder tun schon etwas. Uns fehlt allerdings eine europäische Strategie – und vor allem eine österreichische, denn wir dürfen nicht die Letzten sein, die sich in der Schlange des Arbeitsmarktes anstellen. Die Politik sollte offen für Menschen sein, die in Österreich arbeiten und leben wollen. Der Wettbewerb der Zukunft wird über Arbeitskräfte gewonnen oder verloren, und wenn wir nicht vorbereitet sind, sind wir schnell auf der Verliererseite.

Bekommt das Thema auf EU-Ebene Aufmerksamkeit?

Ja, das schon. Es gibt allerdings sehr viele einzelstaatliche Regelungen. Ich glaube, dass eine europäische Strategie sehr schwierig ist, gerade bei diesem Thema, das durch die Flüchtlingsdebatten stark vergiftet ist. Hier muss Österreich stärker in die Gänge kommen.

Könnte die Rot-Weiß-Rot-Card eine Antwort auf den Lkw-Fahrer-Mangel sein?

Der LKW-Fahrer müsste zumindest auf die Mangelberufsliste aufgenommen werden. Im Busbereich ist es ja schon geschehen. Da haben wir auch gesehen, dass es hier eine leichte Steigerung gibt. Das wäre der erste Schritt, damit man Chancen hat, außerhalb der Europäischen Union deutlich offensiver Mitarbeiter zu suchen. Wichtig ist aber auch noch, den weiblichen Teil der Bevölkerung verstärkt anzusprechen und zu zeigen, dass wir gute Jobs anbieten mit geregelten Arbeitszeiten.

Was sind weitere Baustellen im Transportbereich?

Das Thema Energie ist ein großes. Es ist wichtig, dass wir - nicht nur in der Transportbranche, sondern generell für Europa – Wirtschaftsleistung in Europa global wettbewerbsfähig erbringen zu können. Dazu braucht es ausreichende und günstige Energie. Man muss die Versorgung mit erneuerbarer Energie in Europa global denken. Ein Kilo grüner Wasserstoff, der in Österreich produziert wird, kostet 14 bis 16 Euro, in Australien kostet er einen Euro pro Kilogramm. Industrieunternehmen aus Österreich haben berechnet, dass sie inklusive Supply Chain, Tankstelleninfrastruktur und Logistik auf vier bis fünf Euro pro Kilogramm kommen, wenn sie Wasserstoff aus Ländern wie Australien, Chile oder Nordafrika beziehen würden. Die Politik sollte hier Verträge aushandeln – oder zumindest den Unternehmen die Türen öffnen. Sie könnten auch die Rahmenbedingungen bieten, damit Unternehmen in jenen Ländern produzieren, wo es billige Energie - in erster Linie Sonnenenergie und Windenergie - gibt.

Wie sieht es aktuell im Schwerverkehr mit alternativen Treibstoffen aus?

Momentan sehen wir, dass das Thema HVO gut funktioniert, immerhin bringt es eine Einsparung von 80 bis 90 Prozent CO2. Aber da haben wir wieder das Dilemma mit den Regelungen. Ich erlaube, CO2-neutrale Treibstoffe herzustellen, erlaube aber mittelfristig nicht die Fahrzeuge zu bauen, die sie verbrennen können – außer mit einem ganz kleinen Prozentsatz. Für den Verkehrssektor sollten die selben Spielregeln gelten wie für die Industrie und auch für Privathaushalte - CO2-Neutralität. Damit öffne ich automatisch die Türe, stärker in E-Fuels, HVO, Bio-Treibstoffe, Bio-Gas und so weiter zu investieren – natürlich mit dem langfristigen Ziel von Zero Emission. Ich denke dieses Ziel haben wir schneller erreicht, wenn wir zuerst neutral werden. Sonst laufen wir in eine massive Energielücke hinein, die, wenn rein auf Elektromobilität gesetzt wird, nicht zu füllen ist. Wenn wir so weitermachen, haben wir die Befürchtung, zwei stark limitierende Faktoren zu haben: Arbeitskräfte und Energie. Deshalb weichen auch Unternehmen etwa nach Indien aus – dort gibt es Energie im Überfluss und sie haben Arbeitskräfte. Das sind zwei ausschlaggebende Kriterien für unsere Kunden.

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Wie sehen Sie die Performance der verschiedenen Transportmöglichkeiten in Österreich und Europa? – Schiene, Straße, Wasser?

Wir haben in Österreich gute Voraussetzungen, vor allem wenn man auf das aktuelle Infrastrukturchaos in Deutschland schaut. Allerdings haben auch wir in Österreich auf manchen Korridoren erforderliche Maßnahmen zu lange hinausgezögert – beispielsweise am Brenner mit der Lueg-Brücke oder der Europa-Brücke. Hier hat man bis zum letzten Moment gewartet und hat jetzt maximale Einschränkungen gerade für den Schwerverkehr. Wir sehen auch die negativen Auswirkungen aus Deutschland nun in Österreich. Die Strecke über Passau, die im Schien- und Güterverkehr 75 Prozent der Menge unserer Deutschland-Exporte aufnimmt, wird 2026 zweimal für jeweils fünf Monate komplett gesperrt. Unserer Berechnung nach ist das ein Äquivalent von 1,4 Millionen Lkw-Fahrten. Diese LKW haben wir gar nicht. Die große Frage ist: Wie soll die Industrie ihre Güter in diesen zweimal fünf Monaten exportieren? Deutsche Zahlen gehen davon aus, dass diese Maßnahmen der Mobilitätsbranche - oder der Industrie als Kunden am Ende des Tages - rund 400 bis 500 Millionen Euro mehr kosten wird. Da fordern wir, das zu kompensieren, hier braucht es auch eine Lösung zwischen den Wirtschaftsräumen. Alles in allem ist die Straßen-Infrastruktur in Österreich – bis auf teilweise zu späte Sanierungsmaßnahmen - aber sehr gut, und auch die Milliarden, die in die Schieneninfrastruktur investiert wurden, sind angekommen, das Schienennetz ist okay.

Wie sieht es mit der Verlagerung auf die Schiene aus?

Ein Problem ist, dass der Güterverkehr im Vergleich mit dem Personenverkehr immer benachteiligt ist. Wir brauchen eigene Güterkorridore – und damit sozusagen dieselbe Sicherheit der freien Straße. Wenn irgendwo irgendeine S-Bahn Verspätung hat kann es sein, dass der Güterzug stundenlang warten muss. Ich brauche Zuverlässigkeit. Trotzdem ist kombinierter Verkehr stark nachgefragt, deshalb war und ist unsere Forderung nach einer Gewichtserhöhung für kranbares Equipment so stark. Österreich ist ihr nachgekommen, Brüssel ist auf den Zug aber leider nicht aufgesprungen. Das bräuchte es aber, denn der klassische kranbare Sattelauflieger ist vor allem auf der langen Distanz interessant. Wir wollen etwa auch im Rheinland mit kranbarem Equipment fahren können, um mehr Potenzial auf die Straße – und damit auf die Schiene - zu bekommen.

Wie sieht es mit der Donau aus?

Die Politik hat die Donau vergessen. Vor zehn bis 15 Jahren hatten wir die Donaustrategie mit dem Ziel einer Verdoppelung der Güter. Die Sanierungsmaßnahmen wurden zwar umgesetzt, das ist auch sehr positiv, aber sonst wurden keine Maßnahmen gesetzt. Mittlerweile hat sich die Menge halbiert. Auch hier sind wir wieder bei dem Thema Zuverlässigkeit. Es gibt, in erster Linie über die Wasserstände und Versandungen, Probleme, die viel zu langsam beseitigt werden. In Österreich funktioniert es über die Viadonau zwar gut, aber gerade in Ungarn passiert sehr wenig. Unserer Ansicht nach braucht es einen Verantwortlichen auf europäischer Ebene, irgendwo in der Verkehrskommission, das würde reichen. Als Problem sehen wir auch, dass es auf der Donau keine Niedrigwasserzuschläge wie etwa am Rhein gibt, was das wirtschaftliche Risiko auf der Donau um ein Vielfaches erhöht. Man könnte Lösungen entwickeln, wo bei Niedrigwasserständen etwa die Backup-Lösung die Schiene wäre. Es ist komplex, aber lösbar, wenn der Wille da ist. Denn ich glaube die Donau funktioniert nur gemeinsam mit der Schiene.

Wie weit sind Frächter im Bereich Digitalisierung?

Wir würden gern mehr digitalisieren, vor allem Fahrzeugpapiere. Das wäre sinnvoll, jedes Fahrzeug hat mittlerweile ein Display, einen Computer, das wäre unserer Ansicht nach schnell und einfach umsetzbar. Da braucht es keine Cloudlösung oder ähnliches, es ist ja fahrzeuggebunden. Wir haben das Thema schon oft nach Brüssel mitgenommen, aber kein Gehör gefunden. Auch einen Führerschein könnte ich digital im Fahrzeug mitführen. Abgesehen davon war die Branche selbst aber unter den ersten, die digitalisiert haben, um den Datenaustausch mit den Kunden in alle Richtungen zu gewährleisten. Bei den Live-Informationen gibt es aber sicher noch Potenzial, vor allem auch in der Planung. Ich weiß aber, dass viele schon daran arbeiten.

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Im letzten Jahr war die Valorisierung der Maut ein großes Thema. Wie sieht es in diesem Jahr aus?

Im letzten Jahr haben wir es für 2024 geschafft, dass die Valorisierung ausgesetzt worden ist – leider aber nur für ein Jahr. Das heißt wir sind aktuell auch wieder in der Situation, dass für 2025 die Valorisierung in voller Höhe wirken würde – plus der nächsten Stufe für den CO2-Preis. Das wären rund zwölf Prozent Erhöhung für nächstes Jahr. Es hat zwar schon Gespräche gegeben, es gibt auch Bewusstsein für das Thema, man ist jetzt allerdings schon sehr spät dran. Wir brauchen klare Verhältnisse, um Preisverhandlungen mit den Kunden führen zu können.