Lieferengpässe Schifffahrt : Warum die Frachtraten für Containerschiffe nun wieder steigen

Ein Containerschiff im Hafen: Die Entwicklung der Frachtraten ist regional sehr unterschiedlich.

Die Entwicklung der Frachtraten ist regional sehr unterschiedlich: Während die Raten von Europa in die USA (Rotterdam-New York) seit Jahresbeginn nur um 30 Prozent gestiegen sind, verteuerten sich die Raten von China nach Europa (Shanghai-Rotterdam) um +383 Prozent.

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Drei Monate lang waren die Frachtraten für Seecontainer kontinuierlich gesunken. Doch nun steigen sie seit Mai wieder an und erreichen – und erreichen abermals den Höchststand vom August 2022.

So hat sich die Frachtrate für einen 40-Fuß-Container seit Jahresbeginn mehr als verdoppelt (+121 Prozent) und liegt nun bei durchschnittlich 5.901 US-Dollar (USD). Im Vergleich zum Vorjahr entspricht dies einer Preissteigerung von +297 Prozent.

„Der Nahost-Konflikt und vor allem die Angriffe der Huthi-Rebellen auf Schiffe im Roten Meer lassen die Frachtraten steigen“, sagt Gudrun Meierschitz, Geschäftsführerin von Acredia.

„Durch den Umweg um Afrika herum verlängern sich die Transit- und Lieferzeiten erheblich. Lieferketten sind gestört, Häfen teilweise überlastet und Schiffe weit im Voraus ausgebucht. Auch die anziehende Nachfrage und die zaghafte Erholung des Welthandels spielen eine Rolle, allerdings machen diese Faktoren nur rund 15 Prozent der Teuerung aus. Der Großteil der Preissteigerung ist auf den Konflikt im Roten Meer und die Lieferkettenstörungen zurückzuführen.“

Huthi-Rebellen hatten eigenen Angaben zufolge einen Frachter gekapert, der Verbindungen zu Israel haben sollte.

Wer ist von hohen Frachtraten besonders betroffen?

Der Ölpreis hingegen, der 2022 noch der Haupttreiber für die hohen Frachtraten war, ist seit seinem Höchststand im Jahr 2022 deutlich gesunken und spielt aktuell keine Rolle mehr.

Die Entwicklung der Frachtraten ist jedoch regional sehr unterschiedlich: Während beispielsweise die Raten von Europa in die USA (Rotterdam-New York) seit Jahresbeginn nur um 30 Prozent gestiegen sind, verteuerten sich die Raten von China nach Europa (Shanghai-Rotterdam) um +383 Prozent.

„Europäische Unternehmen sind – im Gegensatz zu ihren US-amerikanischen Wettbewerbern – wesentlich stärker vom Handel mit Asien abhängig und anfälliger für Störungen an wichtigen Handelsrouten“, analysiert Meierschitz.

„40 Prozent der EU-Einfuhren kommen aus Asien und 22 Prozent aus China. Vor der Pandemie waren es noch 16 Prozent. Die Abhängigkeit ist also weiter gestiegen und damit haben die Preissteigerungen auch stärkere Auswirkungen auf die europäischen Unternehmen. Das kann die erwartete Erholung bei den Gewinnmargen in der zweiten Jahreshälfte 2024 bei einigen Branchen gefährden.“

Vor allem im Maschinen- und Anlagenbau, bei Kraftwagen und Kraftwagenteilen, Haushaltsgeräten, Elektronik und Bekleidung dürften die Auswirkungen deutlich zu spüren sein.

Die Ertragsaussichten für internationale Container-Reedereien sollen sich in den letzten drei Monaten erheblich verbessert haben. Allerdings steht der Sektor auch vor hohen Investitionskosten.

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Wird es zu Lieferengpässen kommen?

Ausgebuchte Containerschiffe führen teilweise zu langen Lieferzeiten und Engpässen, die Lieferketten der Unternehmen geraten zunehmend unter Druck. Starke Regenfälle und Stürme über Südafrika haben zuletzt einige Schiffe gezwungen, vor Anker zu gehen oder sogar den Kurs zu ändern. Das verknappt das Angebot auf dem Schifffahrtsmarkt zusätzlich und führt zu weiteren Verzögerungen.

„Es ist nicht abzusehen, wie lange der Konflikt im Nahen Osten noch andauert“, so Meierschitz. „Unternehmen machen sich bereits Gedanken über die Sicherung ihrer Lieferungen für die zweite Jahreshälfte, wenn die Nachfrage voraussichtlich wieder anzieht und das wichtige Weihnachtsgeschäft vor der Tür steht.“

Zu den Gewinnern zählen hingegen die Container-Reedereien. „Die Ertragsaussichten für internationale Container-Reedereien haben sich in den letzten drei Monaten erheblich verbessert“, so Meierschitz. „Allerdings steht der Sektor vor hohen Investitionskosten wie zum Beispiel dem Kauf von emissionsärmeren Schiffen. Der Klimawandel bringt zusätzliche Unsicherheit.“