Finanzierung von Automatisierung : Warum klassische ROI-Berechnungen Automatisierungsprojekte ausbremsen

In der Logistik wächst der Bedarf an Automatisierung rasant. Angetrieben von Fortschritten in Computer Vision und Künstlicher Intelligenz, aber auch durch strukturelle Herausforderungen wie Fachkräftemangel, saisonale Schwankungen und zunehmende Anforderungen an Nachhaltigkeit, setzen Unternehmen vermehrt auf robotergestützte Systeme. Besonders dort, wo Tätigkeiten monoton, gefährlich oder belastend sind – etwa bei der Sortierung, Kommissionierung oder Verladung – spielt Automatisierung ihr Potenzial aus.
Doch während technologische Lösungen immer ausgereifter und zugänglicher werden, bleibt ein zentrales Problem bestehen: Unternehmen bewerten Automatisierungsinvestitionen häufig mit veralteten Methoden.
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Klassische ROI-Modelle greifen zu kurz
Traditionell stützen sich Investitionsentscheidungen auf Kennzahlen wie das Investitionsvolumen, den Ausstoß pro Stunde oder direkte Einsparungen. Diese Berechnungen bilden jedoch nur einen Teil des tatsächlichen Nutzens ab – und können dazu führen, dass Automatisierungsvorhaben mit großem strategischem Potenzial nicht umgesetzt werden.
Ein aktuelles Whitepaper beleuchtet die Schwächen klassischer ROI-Modelle: Sie unterschätzen regelmäßig die Erträge, die durch moderne robotergestützte Systeme erzielt werden können. Insbesondere Faktoren wie Arbeitssicherheit, ESG-Auswirkungen, Resilienz der Lieferkette oder Risikominderung bleiben oft unberücksichtigt – obwohl sie für Unternehmen immer mehr an Bedeutung gewinnen.
Die Folge: Optimierungspotenziale werden nicht ausgeschöpft, Risiken falsch bewertet, die Flexibilität der Lieferkette eingeschränkt – und nicht zuletzt werden Investitionsentscheidungen auf einer zu engen Datenbasis getroffen.
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Warum traditionelle ROI-Berechnungen bei Automatisierungsprojekten nicht zeitgemäß sind
Unterschätzung der Erträge: Herkömmliche Berechnungen unterschätzen oft den tatsächlichen finanziellen Nutzen von Automatisierungsprojekten.
Begrenzte Sichtweise: Sie konzentrieren sich hauptsächlich auf direkte Kosten und Output pro Stunde und vernachlässigen breitere Auswirkungen und Vorteile.
Vernachlässigung wichtiger Faktoren: Traditionelle Modelle berücksichtigen oft nicht oder unzureichend kritische Aspekte wie Arbeitssicherheit, ESG-Auswirkungen, Resilienz der Lieferkette und Risikominderung. Diese Faktoren sind jedoch für moderne Unternehmen und ihre Ziele von großer Bedeutung.
Fehlende Berücksichtigung moderner Herausforderungen: Angesichts aktueller geopolitischer Ereignisse, Unterbrechungen der Lieferkette, demografischer Veränderungen und strengerer ESG-Vorschriften greift die grundlegende ROI-Modellierung zu kurz und erfasst nicht das volle Potenzial der robotergestützten Automatisierung.
Einschränkung der Prozessoptimierung: Legacy-Berechnungen können die Optimierung von Geschäftsprozessen behindern, da sie nicht alle potenziellen Effizienzsteigerungen aufzeigen.
Erhöhtes Risiko und reduzierte Flexibilität: Sie können zu einer unvollständigen Risikobewertung führen und die Flexibilität der Lieferkette einschränken.
Falsche Entscheidungsgrundlagen: Veraltete Analysen können die Sicht auf das Machbare und Profitabele trüben und zu suboptimalen Investitionsentscheidungen führen.
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Ein erweitertes ROI-Verständnis für moderne Logistikprozesse
Das Whitepaper plädiert deshalb für ein aktualisiertes ROI-Modell, das klassischen Finanzkennzahlen eine breitere Perspektive zur Seite stellt. Ziel ist es, den tatsächlichen Ertrag robotergestützter Automatisierung umfassender zu erfassen – sowohl in wirtschaftlicher als auch in strategischer Hinsicht.
Zu den zentralen Bestandteilen dieses neuen ROI-Verständnisses gehören:
Beibehaltung klassischer Kennzahlen: Investitionskosten, Anzahl eingesetzter Roboter, Betriebsdauer, Energie- und Personalkosten.
Produktivitäts- und Effizienzmetriken: Einsparungen durch geringere Fehlerquoten, weniger Materialverschwendung, reduzierte Ausfallzeiten.
Kosten- und Planungsfaktoren: Einsparungen bei Schulung und Rekrutierung, bessere Skalierbarkeit in Spitzenzeiten, Reduktion saisonaler Personalengpässe.
Nicht-finanzielle Wirkungen: Verbesserte Arbeitssicherheit, niedrigere Fluktuation, erhöhte Zufriedenheit im Personalbereich.
ESG-Aspekte: Reduzierter CO₂-Fußabdruck, Nachweis sozialer Verantwortung, Einhaltung regulatorischer Anforderungen.
Regionale und regulatorische Besonderheiten: Berücksichtigung von Arbeitszeitregelungen und rechtlichen Rahmenbedingungen in den jeweiligen Märkten.
Diese ganzheitliche Sichtweise trägt dazu bei, Automatisierungsprojekte nicht nur als Kostenfaktor, sondern als strategische Investition in Zukunftsfähigkeit und Resilienz zu betrachten.
Neue Geschäftsmodelle erleichtern den Zugang
Neben der Bewertungslogik verändert sich auch die Art, wie Automatisierung implementiert wird. Unternehmen müssen Automatisierungslösungen heute nicht mehr kaufen, besitzen und selbst warten. Neue Modelle – wie etwa Miet- oder Nutzungsmodelle – machen fortschrittliche Systeme zugänglicher als je zuvor. Das ist insbesondere für Logistiker interessant, die in einem dynamischen, wettbewerbsintensiven Umfeld flexibel und skalierbar bleiben müssen.
Automatisierung „as a Service“ ermöglicht es, bestehende Personalherausforderungen gezielt zu adressieren – ohne langfristige Kapitalbindung. Gerade für Prozesse mit hoher körperlicher Belastung oder Sicherheitsrisiken, etwa in Umschlagzentren oder bei Nacht- und Wochenendschichten, sind solche Lösungen eine sinnvolle Ergänzung.