Lieferketten-Analyse : Lieferketten im Weihnachtsgeschäft: Herausforderungen und Trends

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Trotz bevorstehender Shopping-Events wie Black Friday, Cyber Week und Heiligabend zeigen aktuelle Analysen des Bochumer Softwarehauses Setlog, dass die Bestellmengen des Handels in Fernost nur leicht über dem Vorjahresniveau liegen. Die Entwicklung der Lieferketten und die damit verbundenen Herausforderungen werfen ein Schlaglicht auf die komplexe Dynamik globaler Warenströme.

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Stagnierende Bestellungen trotz leichtem Anstieg

Die Setlog-Analyse zeigt, dass die Bestellungen in Stückzahlen im Vergleich zum Vorjahr um durchschnittlich 1,9 Prozent gestiegen sind. Im Vergleich zu den Einbrüchen der vergangenen Jahre ist das allerdings wenig: 2023 waren die Bestellmengen im Vergleich zu 2022 um satte 18 Prozent zurückgegangen. „Unsere Momentaufnahme deckt sich mit den Prognosen des Handelsverbands Deutschland“, erklärt Setlog-Geschäftsführer Ralf Düster. Grund für die verhaltene Entwicklung sind laut Düster die unsicheren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen: hohe Inflation, geopolitische Krisen in der Ukraine und im Nahen Osten sowie politische Unsicherheiten in den USA und Deutschland.

Nach Informationen des Instituts für Handel, Absatz und Marketing (IHaAM) seien Erwartungen für das vierte Quartal 2024 - inklusive dem Weihnachtsgeschäft - innerhalb der Europäischen Union in 18 Ländern positiv und in sieben negativ. Im EU-Durchschnitt habe sich der Saldo aus positiven und negativen Erwartungen in diesem Jahr im September wieder - wenn auch verhalten - ins Positive gedreht (+1 Prozentpunkt).

Für das Weihnachtsgeschäft 2024 sei die Branche jedenfalls in den allermeisten EU-Ländern optimistisch. Im tiefroten Bereich verharrt - neben Österreich - vor allem Deutschland mit einem Geschäftslageindikator im Einzelhandel von -31 Prozentpunkten. Damit sind die Erwartungen im deutschen Einzelhandel noch deutlich pessimistischer als in Österreich.

Der Handelsverband Deutschland (HDE) hat seine Umsatzprognose für das Weihnachtsgeschäft bereits nach unten korrigiert: Nominal wird nur noch ein Plus von 1,3 Prozent erwartet. Real, also bereinigt um Preissteigerungen, entspricht dies einem Nullwachstum. Zu Jahresbeginn war der Verband noch von einem nominalen Plus von 3,5 Prozent ausgegangen.

Logistik unter Druck: Frachtraten und Laufzeiten steigen

Ein weiteres zentrales Thema, das Handel und Logistik belastet, sind steigende Frachtraten und längere Transportzeiten. Ein 40-Fuß-Container auf der Strecke Shanghai-Rotterdam kostete in diesem Jahr 2.600 US-Dollar, 1.000 US-Dollar mehr als im Vorjahr. Kurzfristige Buchungen auf dem Spotmarkt können sogar zwischen 3.400 und 3.600 US-Dollar kosten. „Die Reeder nutzen die unsichere Lage im Roten Meer durch die Angriffe der Huthi-Rebellen, um die Preise zu erhöhen. Der Umweg um das Kap der Guten Hoffnung treibt die Kosten zusätzlich in die Höhe“, sagt Patrick Merkel, Geschäftsführer von Prologue Solutions.

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Neben den hohen Frachtraten schlagen auch längere Transportzeiten zu Buche. Laut Setlog beträgt die durchschnittliche Transportzeit für Container aus Fernost zu den Nordseehäfen 43 Tage - acht Tage mehr als im Vorjahr und ganze zwölf Tage mehr als vor der Pandemie. Diese Verzögerungen belasten die Lieferketten und erfordern von den Importeuren eine noch genauere Planung, um Engpässe oder Überbestände zu vermeiden.

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Konkurrenzdruck durch chinesische Online-Anbieter

Zu den Herausforderungen im Weihnachtsgeschäft gehört auch der wachsende Einfluss chinesischer E-Commerce-Plattformen wie Temu, Shein und AliExpress. Diese Anbieter gewinnen zunehmend Marktanteile im deutschen Online-Handel, insbesondere bei preissensiblen Kundengruppen. Laut einer Salesforce-Umfrage wollen 63 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher im Weihnachtsgeschäft bei einer chinesischen Plattform bestellen. Hauptgründe dafür sind der günstige Preis (58 Prozent), die schnelle Lieferung (28 Prozent) und die große Produktauswahl (27 Prozent).

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Für den europäischen Handel bedeutet dies nicht nur einen steigenden Wettbewerbsdruck, sondern auch die Notwendigkeit, sich mit innovativen Konzepten und effizienteren Lieferketten zu behaupten. Gerade in der Logistik werden Schnelligkeit und Kosteneffizienz immer entscheidender, um mit den asiatischen Anbietern mithalten zu können.

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Produktionsstandorte: Asien dominiert weiter

Obwohl die Produktions- und Lohnkosten in Asien leicht gestiegen sind, bleibt die Region der wichtigste Produktionsstandort für Bekleidung und Konsumgüter. China, Bangladesch und Indien konnten laut Setlog ihre Produktionsmengen im Vergleich zum Vorjahr sogar leicht steigern. Länder wie die Türkei und Osteuropa verzeichneten dagegen einen leichten Rückgang.

Setlog-Geschäftsführer Ralf Düster sieht in Re- oder Nearshoring keine realistische Alternative: „Die Produktions- und Lohnkosten in Europa sind immer noch deutlich höher als in Asien.Auch die zuletzt gestiegenen Einkaufspreise haben sich stabilisiert, sodass selbst die Türkei für viele Marken keine echte Alternative darstellt.