Studie : Unsicherheiten treiben Investitionen in Lieferketten-Resilienz

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Rohstoffpreise und Energiekrise: Das sind die großen Themen, die Unternehmen derzeit herausfordern. Doch laut einer aktuellen Capgemini-Studie betrachten 89 Prozent der Unternehmen Beeinträchtigungen der Lieferkette als das größte Risiko für das Geschäftswachstum - eben noch vor den eingangs genannten Themen.

Deshalb beabsichtigen 43 Prozent, ihre Investitionen zugunsten der Resilienz der Lieferkette zu erhöhen, 39 Prozent beabsichtigen, verstärkt in Technologie zu investieren, um Kosten zu senken und die Transformation ihres Business voranzutreiben - und das obwohl die befragten Unternehmen bei Investitionen in diesem Jahr eher vorsichtig sind.

Im Rahmen dieser Studie hat das Capgemini Research Institute im November und Dezember 2022 in 15 Ländern insgesamt 2.000 Teilnehmer*innen aus Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 1 Milliarde US-Dollar befragt. Das Forschungsteam hat ihre Investitionsstrategien für die nächsten 12 bis 18 Monate in Bereichen wie digitale Transformation, Lieferkette, Talente und Fähigkeiten sowie Nachhaltigkeit analysiert.

„Weltweit konzentrieren Entscheider*innen in Unternehmen ihre Investitionen auf die Transformation ihres Geschäfts. Dabei sollten sie die Chancen nutzen, die Technologie bietet – nicht nur, um ihr Unternehmen effizienter, nachhaltiger und resilienter zu machen, sondern insbesondere, um langfristige Wachstumsmöglichkeiten zu schaffen. Darüber hinaus ist es von entscheidender Bedeutung, in die Mitarbeitenden zu investieren, damit sie diese Transformationen des Geschäftsmodells und der Wertschöpfungskette umsetzen können, ohne, dass dies ihre Arbeitsbedingungen und -zufriedenheit beeinträchtigt. Diese Investitionsbereiche sind für Unternehmen entscheidend, um in dem unsicheren Umfeld nicht nur zu bestehen, sondern gestärkt und stabiler in die Zukunft zu gehen,“ sagt Aiman Ezzat, CEO von Capgemini.

Gestörte Lieferketten: Investition in Technologie und Diversifizierung

Unterbrechungen der Lieferkette halten 89 Prozent der Unternehmen weltweit (91 Prozent in Deutschland) für das größte Risiko für das Wirtschaftswachstum in den nächsten 18 Monaten, noch vor den steigenden Rohstoffpreisen (67 bzw. 69 Prozent in Deutschland) und der Energiekrise (64 bzw. 62 Prozent in Deutschland). Um dieses Risiko zu minimieren, planen 43 Prozent der Entscheidungsträger*innen (46 Prozent der deutschen), die Investitionen in ihre Lieferkette im nächsten Jahr und darüber hinaus zu erhöhen – um durchschnittlich 10,4 Prozent im Vergleich zum derzeitigen Niveau. Sie sehen Investitionen in Technologien für die Lieferkette vor, um die Agilität, Transparenz und Übersichtlichkeit der Lieferketten zu optimieren, sowie Investitionen in die Diversifizierung der Zulieferer, der Produktion und der Transportpartner.

Zu den vorrangigen Maßnahmen zur Diversifizierung der Lieferkette gehören Onshoring oder Nearshoring, um Produktionsstätten in größerer Nähe zu den Absatzmärkten zu schaffen, die Lieferantenbasis zu regionalisieren und die Produktionsstruktur zu diversifizieren (d. h. die Abhängigkeit von einer einzigen geografischen Region zu verringern). Die westeuropäischen Länder planen, stärker in die Diversifizierung der Lieferkette zu investieren, während die APAC-Länder größere Investitionen in Lieferkettentechnologien vorsehen.

Um dem ungünstigen Wirtschaftsklima zu trotzen, suchen die Unternehmen nach Wegen, wie Technologie dazu beitragen kann, das Wachstum anzukurbeln und schnell wirtschaftlichen Wert zu generieren. Die Studie ergab, dass weltweit 39 Prozent von ihnen – 34 Prozent in Deutschland – beabsichtigen, ihre Investitionen in Technologie in den nächsten 12-18 Monaten zu steigern. Ebenfalls 39 Prozent weltweit planen, sie auf demselben Niveau zu halten; unter den deutschen Unternehmen ist dies bei 44 Prozent der Fall. Die Führungskräfte wollen Technologie in erster Linie nutzen, um Kosten zu senken und schnellere Entscheidungen zu treffen, indem sie Cloud, Data und Analytics einsetzen. Um ihre Unternehmen im kommenden Jahr noch besser zu schützen, will fast die Hälfte der Führungskräfte zudem die Ausgaben für Cybersicherheit erhöhen.

Überraschende Ergebnisse in Sachen Nachhaltigkeit mit Blick auf China

Der Studie zufolge haben mehr als die Hälfte der Unternehmen in den letzten 12 bis 18 Monaten aufgrund der ungünstigen Marktbedingungen ihre Ausgaben für ökologische Nachhaltigkeit bereits reduziert, und nur 33 Prozent planen, diese in den nächsten 12 bis 18 Monaten zu erhöhen, obwohl sie lediglich einen geringen Anteil an ihren Gesamtinvestitionen ausmachen. In diesem Zusammenhang gibt weniger als ein Drittel der Unternehmen an, auf einem guten Weg zu sein, ihre gesetzten Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.

Dabei hat das Thema Nachhaltigkeit für Unternehmen in den USA und China einen höheren Stellenwert als in Europa: Denn die Unternehmen in den USA (41 Prozent) und China (53 Prozent) haben vor, ihre Nachhaltigkeitsinvestitionen in den nächsten 18 Monaten zu erhöhen, wodurch der im letzten Jahr zu beobachtende Rückgang zum Teil ausgeglichen wird. Die Anteile der Unternehmen in europäischen Ländern, die dies planen, liegen deutlich darunter.

Der erhöhte Druck auf Nachhaltigkeitsinvestitionen könnte zum Teil darauf zurückzuführen sein, dass die meisten Manager in ökologischer Nachhaltigkeit eher eine kostspielige Verpflichtung als eine Investition in die Zukunft sehen. Darüber hinaus geben 74 Prozent der Entscheidungsträger an, dass die Kund*innennachfrage nach nachhaltigen Produkten und Services zurückgegangen ist, da viele Kund*innen nicht bereit sind, in der aktuellen makroökonomischen Situation einen Aufpreis für grünere Produkte, Services und Lösungen zu zahlen.

Unternehmen sollten Investitionen in Nachhaltigkeit Priorität einräumen und den Übergang zu einer weniger energie- und ressourcenintensiven Wirtschaft beschleunigen, da empirisch erwiesen ist, dass sich Nachhaltigkeit und ein gesundes Geschäftsergebnis keineswegs ausschließen und Nachhaltigkeitsvorreiter besser abschneiden als der Branchendurchschnitt.

Falsches Zeichen für Arbeitskräfte

Für die kommenden 12 bis 18 Monate planen die Unternehmen, ihre Investitionen in wichtigen Bereichen wie Mitarbeiter*innenerlebnis (39 Prozent), Qualifizierung/Weiterbildung (36 Prozent) und Diversität (35 Prozent) zu reduzieren. Das Team des Capgemini Research Institute folgert aus diesen Ergebnissen, dass Arbeitgeber, die attraktiv bleiben wollen, ihre Investitionen in diesen Bereichen aufstocken sollten – denn der Wettbewerb um Fachkräfte limitiert weiterhin die Wachstumsperspektiven der Unternehmen.