Digitalisierung im Schienengüterverkehr : Digitale Automatische Kupplung: Eine Revolution im europäischen Schienengüterverkehr mit Fragezeichen
Die Digitale Automatische Kupplung soll den europäischen Schienengüterverkehr modernisieren und effizienter gestalten, so die Verkehrsministerinnen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz. In einem gemeinsamen Positionspapier halten Sie ihre Forderungen und Ziele fest.
Die herkömmliche Schraubenkupplung, seit der Kaiserzeit im Einsatz, soll durch die moderne Digitale Automatische Kupplung (DAK) ersetzt werden. Diese automatisiert die Kupplungsvorgänge und versorgt die Güterwagen mit Energie- und Datenleitungen. Dadurch können Betriebsprozesse digitalisiert und innovative Anwendungen für Endkunden entwickelt werden. Bis 2026 sollen die ersten Demonstratoren mit der DAK ausgestattet sein, gefolgt von einer breiten Einführung bis 2030.
Lesen Sie dazu auch: Digitaler Güterzug geht bei DB Cargo in den Kundeneinsatz
Die ÖBB und ihre Güterverkehrstochter Rail Cargo Group spielen dabei eine zentrale Rolle bei der Entwicklung und Einführung der Digitalen Automatischen Kupplung (DAK). Als Leiter des European DAC Delivery Programme (EDDP) und größter Partner im europäischen Forschungsprojekt Europe’s Rail Joint Undertaking (EU-Rail) arbeiten sie intensiv an der technischen Weiterentwicklung und Demonstration der DAK-Technologie. Clemens Först, Vorstand der ÖBB Rail Cargo Group, unterstreicht die signifikanten Verbesserungen in Produktivität, Wettbewerbsfähigkeit und Sicherheit, die durch die DAK ermöglicht werden.
Lesen Sie auch: ÖBB bauen "Überholspuren" für den Güterverkehr auf der Schiene
Fortschritte und Meilensteine in der DAK-Entwicklung
Am 22. Mai 2024 präsentierten Projektpartner bei einer Halbzeitveranstaltung in Wien die Fortschritte des DAK-Flagship-Projekts 5 (FP5-TRANS4M-R). Ziel des Projekts ist es, den Schienengüterverkehr als Rückgrat einer emissionsarmen und widerstandsfähigen europäischen Logistikkette zu etablieren. Mark Topal, CTO der ÖBB-Holding, betont die hohe Bedeutung des Projekts für die Zukunft des europäischen Schienengüterverkehrs.
>>> Das sind die längsten Schienennetze Europas
Die technologische Weiterentwicklung der DAK sieht nun nach der Fertigstellung der technischen Spezifikationen Anfang 2024 Tests im Praxiseinsatz vor: Nun werden die Kupplungen der vier Lieferanten Dellner, Knorr-Bremse, Voith und Wabtec auf Funktionalität, Interoperabilität und Zuverlässigkeit im Betrieb getestet. So können die relevanten internationalen Standardisierungsarbeiten, z. B. bei der DAK, fortgesetzt werden. Bisherige Erkenntnisse aus dem zentralen Projekt-Testlabor in Deutschland und der Planungsstand der Demonstrationszüge wurden bei der Veranstaltung ebenso diskutiert, wie auch die gemeinsame Strategie für die Zulassung in Europa. Die Ergebnisse aller Tests werden die finalen Spezifikationen definieren, die für eine erfolgreiche Zulassung - sowohl für die vorgesehenen Pre Deployment Züge, als auch später für die großflächige Migration - notwendig sind.
Das Projekt FP5-TRANS4M-R verfolgt dabei einen integrierten Ansatz, der die grenzüberschreitende Koordination und Zusammenarbeit zwischen Schieneninfrastrukturbetreibern stärkt.
Einheitlicher EU-Rahmen für den Schienengüterverkehr
Das Innovationsprogramm Europe’s Rail Joint Undertaking, an dem die ÖBB als Gründungsmitglied beteiligt sind, bildet den Rahmen für die Entwicklung und Validierung von DAK-fähigen Lösungen. Diese sollen einen einheitlichen EU-Rahmen schaffen, der eine effektive Systemintegration und einen nahtlosen Betrieb über Grenzen hinweg ermöglicht.
Wie bereits berichtet, bleibt aber die Finanzierung immer noch eine offene Frage. „In Anbetracht des Umfangs der erforderlichen Unterstützung wird sicherlich ein erheblicher Beitrag der einzelnen Mitgliedstaaten und des Sektors, soweit möglich, erforderlich sein“, heißt es etwa aus der EU-Kommission.
Insgesamt müssten europaweit etwa 500.000 Güterwaggons sukzessive umgerüstet werden, was in etwa 13 Milliarden Euro kosten dürfte – dazu kommen auch noch Kosten in Millionenhöhe für Betrieb und Überwachung.
So wird ein Zug manuell gekoppelt
Die Schraubenkupplung ist eine traditionelle Methode zur Verbindung von Güterwaggons, die seit dem 19. Jahrhundert in Gebrauch ist. Um Wagen zu verbinden, wird ein 20 kg schwerer Bügel auf den Haken des nächsten Wagens gelegt. Die Kupplung wird dann durch Drehen an einem Schraubgewinde hinter dem Bügel gespannt. Das sind die wesentlichen Merkmale und Arbeitsabläufe:
Manuelle Verbindung: Bei der Schraubenkupplung muss ein Mitarbeiter die Kupplung manuell anbringen, indem er eine schwere Schraube hebt und verdreht, um die Waggons miteinander zu verbinden.
Luftleitungen: Zusätzlich zur mechanischen Verbindung müssen Luftleitungen für die Bremsen manuell verbunden werden. Dies erfordert körperliche Arbeit und ist bei extremen Wetterbedingungen besonders anstrengend.
Zeitaufwand: Jeder Kupplungsvorgang ist zeitaufwendig und erfordert viele Arbeitskräfte. Typischerweise wird dieser Vorgang hunderte Male pro Schicht durchgeführt.
Sicherheitsrisiken: Die manuelle Handhabung schwerer Komponenten birgt Sicherheitsrisiken für die Arbeiter, insbesondere bei schlechten Witterungsbedingungen oder auf unebenem Gelände.
Wie funktioniert die Digitale Automatische Kupplung?
Die Digitale Automatische Kupplung (DAK) nutzt automatische Kupplungshaken, die bei Annäherung der Waggons selbstständig ineinandergreifen. Integrierte Stoßdämpfer sorgen für eine stabile und sichere Verbindung der Waggons, selbst bei hohen Geschwindigkeiten und starkem Bremsen. Das sind die Hauptmerkmale und Funktionsweisen der DAK:
Automatische Verbindung: Die DAK ermöglicht eine automatische Kupplung der Waggons. Dies bedeutet, dass keine manuelle Arbeit erforderlich ist, was die Arbeitsbedingungen verbessert und die Sicherheit erhöht.
Elektrische und Datenverbindungen: Neben der mechanischen Verbindung stellt die DAK auch elektrische und Datenverbindungen zwischen den Waggons her. Dies ermöglicht die Übertragung von Energie und Daten, was für moderne Betriebsprozesse und digitale Anwendungen entscheidend ist.
Effizienz: Die Automatisierung des Kupplungsvorgangs reduziert den Zeitaufwand erheblich. Züge können schneller zusammengestellt und in Betrieb genommen werden, was die Gesamteffizienz des Schienengüterverkehrs steigert.
Erhöhte Kapazität und Produktivität: Durch die schnellere und zuverlässigere Kupplung können mehr Züge auf derselben Strecke verkehren. Dies erhöht die Trassenkapazität und verbessert die Produktivität des Schienengüterverkehrs.
Klimafreundlichkeit: Die DAK unterstützt die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene, was signifikante Umweltvorteile bietet. Der Schienengüterverkehr ist deutlich emissionsärmer als der Straßenverkehr, und die DAK trägt zur Erreichung der Klimaziele bei.