Transportlogistik : So bewerten Verlader und Spediteure den Transportmarkt 2025

Transportation and logistics of Container Cargo ship and Cargo plane. 3d rendering and illustration.
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Herausfordernd, aber auch voller Möglichkeiten – so lässt sich die Stimmung der Transport- und Logistikbranche für das Jahr 2025 zusammenfassen. In einer umfassenden Umfrage unter 105 Führungskräften aus der Lieferketten- und Logistikbranche sowie vertiefenden Interviews mit Branchenexperten zeichnen sich klare Erwartungen ab: Technologische Innovationen, Marktvolatilität und geopolitische Unsicherheiten werden den Transportmarkt prägen. Dabei unterscheiden sich die Einschätzungen von Verladern und Spediteuren teils erheblich.

Optimismus und Vorsicht: Zwei Seiten einer Medaille

Während 75 Prozent der befragten Spediteure und Logistikdienstleister optimistisch in das Jahr 2025 blicken, zeigen sich nur 38 Prozent der Verlader ähnlich zuversichtlich. Dieser Unterschied lässt sich durch die jeweiligen Marktbedingungen erklären: Spediteure haben in den letzten Jahren stark unter Überkapazitäten, sinkenden Raten und hohen Betriebskosten gelitten – viele von ihnen sehen im Jahr 2025 eine Trendwende. „Von hier aus kann es nur noch besser werden“, lautet der Tenor vieler Spediteure.

Für Verlader hingegen, die in den vergangenen Jahren von niedrigen Raten und reichlich Kapazitäten profitiert haben, zeichnet sich eine Kehrtwende ab. Sie rechnen mit steigenden Kosten und einem Rückgang der verfügbaren Kapazitäten. Tom Fisher, Senior Manager bei C.H. Robinson, betont: „Die Betriebskosten steigen, und viele kleine und mittlere Spediteure in Europa kämpfen ums Überleben. Ein nachhaltiges Geschäftsmodell wird unter diesen Bedingungen immer schwieriger.“

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Die Nachfrage: Eine schwächelnde Industrie belastet

Die Nachfrage im Transportmarkt ist eng an die wirtschaftliche Entwicklung des verarbeitenden Gewerbes gekoppelt – und hier stehen die Zeichen auf Schrumpfung. Sowohl in der Eurozone als auch in den USA bleibt die Industrieproduktion schwach. Der PMI-Index für die Eurozone liegt seit Monaten unter 50, was auf eine schrumpfende Wirtschaft hinweist. Besonders betroffen ist Deutschland, das größte verarbeitende Gewerbe Europas. „Die Bedingungen in den Fabriken haben sich weiter verschlechtert“, heißt es in einem Bericht zu den Wirtschaftsdaten aus dem dritten Quartal 2024.

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Auch in den USA zeigt sich ein gemischtes Bild: Zwar sind leichte Erholungen erkennbar, doch die Fortschritte bleiben schleppend. Bob Costello, Chefökonom der American Trucking Associations, beschreibt die Lage: „Die Produktionstätigkeit stagniert weiterhin, und die Frachtnachfrage zeigt nur eine langsame Erholung.“

Das Angebot: Kapazitäten werden knapper

Auf der Angebotsseite des Transportmarktes dominieren aktuell noch Überkapazitäten, doch ein Wandel zeichnet sich ab. Insolvenzen von Spediteuren und Flottenverkleinerungen reduzieren allmählich das Angebot. Besonders in Deutschland wird dies deutlich: Trotz der schwachen Konjunktur stieg die Zahl der abgelehnten Transportaufträge im Jahr 2024 signifikant an.

„Sollte die deutsche Wirtschaft wieder anziehen, wird es für Spediteure eine große Herausforderung, zusätzliche Kapazitäten zu schaffen“, erklärt Christian Dolderer von Freight Perspectives. Neben dem Fahrermangel belasten neue regulatorische Anforderungen – etwa an Lkw mit alternativen Antrieben – die Branche zusätzlich.

Strategische Prioritäten 2025: Fokus auf Kosten und Digitalisierung

Die strategischen Schwerpunkte von Verladern und Spediteuren unterscheiden sich deutlich. Verlader setzen mit 76 Prozent den Fokus auf Kostensenkungen, während Spediteure mit 58 Prozent vor allem die Marktexpansion priorisieren.

Die Digitalisierung der Lieferkette und Nachhaltigkeitsinitiativen gehören ebenfalls zu den zentralen Prioritäten. Europa spielt in diesen Bereichen eine Vorreiterrolle, was auch auf strengere Umweltvorschriften wie das EU-Paket „Fit for 55“ zurückzuführen ist. Dieses fordert etwa eine CO₂-Reduktion von bis zu 90 Prozent bei neuen Lkw bis 2040.

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„Der Druck zur Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards ist in Europa erheblich höher als in den USA“, erklärt Suzanne Roodenberg von Shell Chemicals Europe. „Wir müssen als Branche gemeinsam daran arbeiten, Innovationen in Bereichen wie alternative Kraftstoffe und Logistikplanung voranzutreiben.“

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Die Digitalisierung bleibt ein weiteres zentrales Handlungsfeld. Trotz technologischer Fortschritte arbeiten viele Unternehmen weiterhin mit ineffizienten Prozessen. Mehr als die Hälfte der Befragten geht davon aus, dass bis Ende 2025 weniger als ein Viertel ihrer Transportprozesse automatisiert sein wird. Hier zeigt sich großes Verbesserungspotenzial, insbesondere im Vergleich zu den USA.

Globale Einflüsse: Wirtschaft, Geopolitik und KI

Die wirtschaftliche Entwicklung wird der wichtigste Einflussfaktor auf den Transportmarkt 2025 sein. Besonders in Europa könnten schwache BIP-Zuwächse und anhaltende Probleme im verarbeitenden Gewerbe die Branche bremsen. Im Gegensatz dazu profitieren die USA von einem soliden Wachstum. Dennoch bleibt die globale Unsicherheit hoch: Geopolitische Spannungen wie der Russland-Ukraine-Krieg, der Konflikt im Nahen Osten und mögliche Zollkriege zwischen den USA, der EU und China belasten die Perspektiven.

Für Verlader stehen diese geopolitischen Risiken besonders im Fokus. „Meine größten Sorgen sind geopolitischer Natur“, kommentiert eine Führungskraft aus der Lieferkette. „Der Konflikt im Nahen Osten und die Unsicherheit um die Handelsbeziehungen zwischen den USA und China könnten die globalen Lieferketten massiv stören.“

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Spediteure hingegen setzen auf Technologie, um ihre Marktposition zu stärken. Künstliche Intelligenz und digitale Plattformen eröffnen neue Möglichkeiten, die Effizienz zu steigern und besser mit Verladern zusammenzuarbeiten.

Transportbranche: Vier Prognosen von Transporeon-Manager Christopher Keating

Die Transportbranche hat im Jahr 2024 eine herausfordernde Reise hinter sich. Der Weg in das Jahr 2025 verspricht spannende Chancen und anspruchsvolle Herausforderungen für diejenigen, die sich in den globalen Lieferketten bewegen.

Auch wenn der Optimismus über eine allmähliche Rückkehr zur Normalität anhält, ist es entscheidend, die prägenden Kräfte der Branche genau zu verstehen, um der Entwicklung einen Schritt voraus zu sein. Hier sind unsere Prognosen für den Transportsektor im Jahr 2025.

Der Druck auf das Thema Nachhaltigkeit wird bleiben

Aufgrund des Zusammenwirkens mehrerer Faktoren – strengere Umweltvorschriften, steigende Kraftstoffkosten und ein wachsendes Verbraucherbewusstsein – ist Nachhaltigkeit kein Trend mehr, sondern ein erheblicher Druck, der auf den Schultern der Transportbranche lastet.

Im Jahr 2024 waren Elektrofahrzeuge und Fahrzeuge mit alternativen Kraftstoffen noch nicht so erfolgreich, wie sie sein sollten. Und obwohl die Investitionen weiter steigen werden, werden die Herausforderungen und die Skepsis auch 2025 noch bestehen.

Stattdessen konzentrieren sich die Unternehmen auf Nachhaltigkeit, indem sie ihre betriebliche Effizienz verbessern. Das bedeutet, dass sie Technologien, Daten und künstliche Intelligenz nutzen, um Leerkilometer und Zeitaufwand zu reduzieren und so den gesamten Betriebsablauf – und damit die Lieferkette – nachhaltiger zu gestalten.

Die Zusammenarbeit mit Lieferanten und Spediteuren, die sich der Nachhaltigkeit verschrieben haben, wird auch unter dem Gesichtspunkt der Markenbildung immer wichtiger werden. Der Aufbau “grüner” Partnerschaften in der Lieferkette wird für die Verringerung der Umweltbelastung, die Verbesserung des Markenimages und die Gewinnung umweltbewusster Kunden entscheidend sein.

Die KI-Revolution: von der Automatisierung zur autonomen Entscheidungsfindung

Künstliche Intelligenz ist keine Zukunftsmusik mehr, sondern entwickelt sich rasch zu einer treibenden Kraft für Effizienz und Innovation in der Transporttechnologie. Während 2024 Unternehmen mit einfacher KI-gestützter Automatisierung experimentierten, wird 2025 der Sprung zu anspruchsvolleren Anwendungen erfolgen.

Es ist zu erwarten, dass KI über einfache Aufgaben wie die Routenoptimierung hinaus in den Bereich der autonomen Entscheidungsfindung vordringt. Hoch entwickelte Algorithmen werden zur Optimierung ganzer Transportnetzwerke riesige Datenmengen analysieren und dabei Echtzeitbedingungen, Fahrerverfügbarkeit und Kostenschwankungen berücksichtigen. Dies wird sich auch auf Preisverhandlungen auswirken. Anstatt die Preise für jede Sendung einzeln mit allen Vertragspartnern auszuhandeln, können Unternehmen mit KI-gestützten Tools alle Verhandlungen gleichzeitig führen.

Die prädiktive Wartung wird sich immer mehr durchsetzen, wobei KI und Algorithmen für maschinelles Lernen Daten von IoT-Sensoren analysieren, um Störungen im Equipment vorherzusehen, Ausfallzeiten zu minimieren und Wartungspläne zu optimieren.

Schließlich wird KI, wie in anderen Branchen auch, die Mitarbeitenden durch die Automatisierung zeitaufwändiger und fehleranfälliger manueller Tätigkeiten unterstützen. Diese sich wiederholenden Aufgaben können rationalisiert werden, was zu erheblichen Zeit- und Arbeitsersparnissen führt und den Mitarbeitenden mehr Zeit für strategische Aufgaben lässt.

Fahrermangel hält an: Ist KI die Rettung?

Der Fahrermangel wird sich auch im Jahr 2025 fortsetzen. KI wird helfen, aber die Lösung dieses komplexen Problems erfordert einen vielschichtigen Ansatz, der Personalbeschaffung, Technologie und betriebliche Effizienz kombiniert.

Die Gewinnung neuer Talente für die Branche erfordert konzertierte Anstrengungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen, wettbewerbsfähiger Gehälter und Investitionen in Fahrertrainingsprogramme.

Gleichzeitig werden die Unternehmen verstärkt auf Automatisierungstechnologien wie autonome Lkw und Lagerroboter setzen, um den Druck auf ihre Mitarbeiter zu verringern.

Auch die Optimierung der Fahrzeiten wird ein zentraler Punkt auf der Agenda sein. Unternehmen werden KI-gestützte Technologien nutzen, um Verspätungen zu minimieren, die Standzeiten an Laderampen zu minimieren und die Produktivität und Zufriedenheit der Fahrer zu verbessern. 

Sichtbarkeit: von Daten zu verwertbaren Erkenntnissen

Echtzeitvisibilität ist mittlerweile ein Standardmerkmal im Transportmanagement, aber im Jahr 2025 wird sich der Fokus von der einfachen Feststellung, wo sich die Transporte befinden, auf die Gewinnung wertvoller Erkenntnisse aus den Daten verlagern.

Dies bedeutet, dass die Möglichkeiten der vorausschauenden Analyse eingesetzt werden, um Störungen vorherzusagen, Routen zu optimieren und Verspätungen proaktiv anzugehen.

Integrierte Plattformen werden bei dieser Entwicklung eine entscheidende Rolle spielen, indem sie TMS, Lagerverwaltungssysteme und andere Datenquellen miteinander verbinden, und so einen nahtlosen Informationsfluss schaffen und die Entscheidungsfindung in der gesamten Lieferkette optimieren.

Auch die datengestützte Zusammenarbeit wird zunehmend an Bedeutung gewinnen, da Unternehmen Informationen mit Partnern und Kunden austauschen, um effizienter zu arbeiten und eine engere, transparentere Zusammenarbeit aufzubauen.

Auf dem Weg ins Jahr 2025 und darüber hinaus

Auch wenn das Jahr 2025 eine modernisierte Transportindustrie mit KI-gestützten Fähigkeiten verspricht, gibt es einen großen Haken bei all den oben genannten Vorteilen der Technologie: Der Transportsektor hinkt bei der Digitalisierung anderen Branchen hinterher. Dies wird die Entwicklung von Technologie, Daten und KI zweifellos behindern. 

Christopher Keating
Der Autor Christopher Keating ist Senior Vice President bei Trimble Transportation Europe. - © Transporeon