Lieferketten-Forschung : Österreich hat nun einen eigenen Indikator für Lieferketten-Engpässe

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In den letzten Jahren haben sich Lieferkettenengpässe stark gehäuft: Die Corona-Pandemie, Handelskriege und geopolitische Konflikte machen Lieferketten anfälliger für Schocks und Engpässe. Zwar existiert bereits seit 1997 ein globaler Indikator für Lieferkettenstörungen, es fehlte allerdings bislang eine spezifische Einschätzung für Österreich.

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Das ist nun mit dem vom Supply Chain Intelligente Institute Austria (ASCII) entwickelten Austrian Supply Chain Pressure Index (ASCPI) Geschichte, wie der stellvertretende Direktor des Instituts, Klaus Friesenbichler erläutert: „Der Index fungiert wie ein ‚Blutdruckmessgerät‘ für die Logistik, die den ‚Blutkreislauf der Wirtschaft‘ darstellt.“ Der Index wird alle relevanten Daten zusammenführen, um Lieferengpässe besser quantifizieren und analysieren zu können. Damit hätten heimische Unternehmen nun ein Instrument zur Bewertung und Überwachung des Stressniveaus und möglichen Unterbrechungen. "Wir liefern die Daten und Informationen, die als Entscheidungsgrundlage für Unternehmen und die Politik dienen", so Friesenbichler.

VNL-Obmann und ASCII-Präsident Franz Staberhofer ergänzt: „Wir möchten mit unseren ASCII-Initiativen insbesondere den Entscheidungsträgern in Wirtschaft und Politik einen konkreten Mehrwert bieten. Der Supply Chain Pressure Index ist ein Beitrag, mit den vielen Einflüssen auf die Lieferketten besser umzugehen. Die Firmen können kurzfristige Maßnahmen setzen, wie die Lagerbestände planvoll anpassen oder alternative Transportmittel nutzen. Bei längeren Stressperioden in den Lieferketten muss die Resilienz in der Lieferketten erhöht werden. Dazu können unter anderem eine Verkürzung der Lieferketten (Nearshoring), Wechsel zu alternativen Lieferanten (Dual-Sourcing), der Aufbau zusätzlicher Hub- und Transportrouten oder Verkehrsträger (Modal-Split) dienen.“

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So funktioniert der Austrian Supply Chain Pressure Index

Der Index basiert auf zehn Indikatoren – fünf aus Firmenbefragungen und fünf transportbezogenen Faktoren – und visualisiert den Status von Lieferkettenengpässen anhand eines Ampelsystems. Mit der Einführung dieses Indikators soll sowohl die Transparenz erhöht werden, als auch die Fähigkeit, auf zukünftige Herausforderungen proaktiv zu reagieren.

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Erste Ergebnisse zeigen, dass ein Anstieg des ASCPI zu einem raschen und starken Anstieg der Erzeugerpreise führt. Dieser wirkt sich dann mit einer Verzögerung auf die Verbraucherpreise aus. Gleichzeitig ist ein deutlicher negativer Impuls auf die Industrieproduktion und in der Folge auf das Bruttoinlandsprodukt zu beobachten. Auch zeigt sich in der Sachgütererzeugung eine moderate, dennoch negative Reaktion auf die Beschäftigungsentwicklung. Die Ergebnisse verdeutlichen auch die Rolle der wirtschaftlichen Verflechtungen. Der jüngste Inflationsdruck hängt eng mit Spannungen in den grenzüberschreitenden Lieferketten zusammen.

Der Austrian Supply Chain Pressure Index (ASCPI) zeigt die Auswirkungen mehrerer Ereignisse auf heimische Lieferketten in einer ampelartigen Darstellung.

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So ist der Austrian Supply Chain Pressure Index entstanden

Bei der Präsentation zum ASCPI erklärte Klaus Friesenbichler auch, wie die Idee dazu entstanden ist. In den letzten Jahren gab es demnach zahlreiche und sehr unterschiedliche Events, die sich auch unterschiedlich auf Lieferketten ausgewirkt hätten. Demnach hätte die Finanzkrise 2008/09 die Lieferketten unter Druck gesetzt, während sich etwa die Euro-Krise 2011 nicht auf die Lieferketten ausgewirkt hätte. Beim Brexit etwa hätte es zahlreiche Lieferketten-Engpässe gegeben - allerdings nicht in Österreich. Auch der Beginn der Covid-Krise war von vermehrten Lieferketten-Engpässen geprägt. Man wollte ein insgesamtes Bild haben, das die wahrgenommenen Engpässe quantifiziert und fundiertes Wissen über die Intensität haben, wie stark sich die Probleme auf Österreich auswirkten.

Bisher hätte es zahlreiche Indikatoren gegeben, so ASCII-Präsident Franz Staberhofer, die allerdings nicht genutzt wurden. "Dieser Indikator betrachtet die Lieferkette aus verschiedensten Aspekten. Wichtig ist außerdem, dass man dadurch Unternehmen zusammenbringen kann, um voneinander zu lernen und gemeinsam daran zu arbeiten, zu Lösungen zu kommen." Hier kommt auch der VNL ins Spiel, der laut Staberhofer genau dies als Auftrag sieht.

Hier ist der Index zu Lieferketten-Engpässen abrufbar

Der Index wird monatlich auf der ASCII-Website zur Verfügung gestellt. Das nächste Update erfolgt am 15. Juni und ist hier abrufbar.