Logistik-Dienstleister : Arbeitskräftemangel: „Wir setzen an allen möglichen Stellen an“

Lokführer einer Werksbahn bei LogServ
© Lucas Pripfl

Es sind zwei große Themen, die die LogServ-Geschäftsführer Markus Schinko und Christian Janecek seit einiger Zeit beschäftigen: Digitalisierung und Arbeitskräftemangel. Dabei stehen die Themen aber nicht für sich alleine, sondern bedingen sich auch gegenseitig. Denn im Gegensatz zu früher, wo Digitalisierungsprojekte für Einsparungen bei den Personalkosten sorgen sollten, müssen heute Prozesse digitalisiert werden, weil die Arbeitskräfte fehlen. Gleichzeitig wollen gut ausgebildete Menschen vor allem in „modernen“ und zukunftsfähigen Unternehmen arbeiten.

Deshalb sei es wichtig, diese Themen strukturiert anzugehen, so die Geschäftsführer unisono. „Es geht vor allem nicht nur um die Strategie für unser eigenes Unternehmen. Wir sind stark in den Verbund der voestalpine integriert, und daraus ergeben sich unterschiedliche Schwerpunkte für die Digitalisierung“, erklärt Markus Schinko.

Die LogServ-Geschäftsführer Markus Schinko (links) und Christian Janecek treiben strategische Digitalisierungsprojekte und die Suche nach Arbeitskräften an.

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Proaktive Instandhaltung

Ein gemeinsames Digitalisierungs-Projekt ist dabei etwa die Visual Train Analysis (VTA): Gemeinsam mit voestalpine Signaling arbeitet LogServ an einer innovativen bildgestützten Zuganalyse. „Das ist eine Neuheit, die es so noch nicht gibt“, so Schinko. Hier werden ein- und ausfahrende Züge mittels Kamera analysiert, um schon frühzeitig Schäden oder Verschleiß zu erkennen. Derzeit wird das Projekt am voestalpine-Werksgelände in Linz getestet, bevor es als Produkt auf den Markt gebracht werden soll. Man arbeite außerdem an VTA 2.0, die weitere Funktionalitäten haben soll.

Überhaupt setzt LogServ stark auf das Thema Instandhaltung. Es gibt eigene Werkstätten für Güterwagen und Diesellokomotiven und einen hohen Anteil an internationalen Kunden außerhalb des Konzerns, die diese auch nutzen. „Etwa drei Viertel unseres Umsatzes in diesem Bereich erwirtschaften wir extern, z. B. mit internationalen Privatgüterwagenvermietern, die ihre Waggons bei uns warten lassen“, erklärt Geschäftsführer Christian Janecek.

Auch im Bereich der Straßentransporte gibt es ein strategisches Projekt, um die Instandhaltung effizienter – und vor allem proaktiv zu gestalten. „Ich vergleiche das Projekt gerne mit der Formel 1“, so Janecek: „Die Autos fahren nicht Reifen wechseln, weil jetzt gerade die Runde xy vorbei ist, sondern weil Sensoren anzeigen, dass der Gummi abgenutzt ist. Dasselbe gilt auch hier für die Wartung und Instandhaltung unserer Fahrzeuge.“ Hier gab es enormes Einsparpotenzial, so die Geschäftsführer: Man konnte die Kostensteigerungen etwa bei Personal- oder Materialkosten zu einem „großen Teil durch Condition Monitoring abfedern“, erklärt Schinko. In weiterer Folge soll künstliche Intelligenz auch Muster erkennen, denn etwa auch die Infrastruktur sei durch Sensorik im System abgebildet, werde aber noch nicht automatisiert in das Condition Monitoring aufgenommen.

„Ohne Digitalisierung schaffen wir es teilweise gar nicht mehr, genügend Arbeitskräfte für die einzelnen Prozesse zu bekommen“
Christian Janecek

Fehlende Arbeitskräfte treiben Digitalisierung

„Ohne Digitalisierung schaffen wir es teilweise gar nicht mehr, genügend Arbeitskräfte für die einzelnen Prozesse zu bekommen“, erklärt Christian Janecek mit Blick auf ein weiteres Digitalisierungsprojekt. Etwa in der LKW-Disposition würden Arbeitskräfte fehlen. Hier soll das Projekt DisPLAy Abhilfe schaffen; ein großes Projekt zur Digitalisierung des gesamten Versandprozesses für Fertigware am voestalpine-Standort in Linz. Das Projekt laufe aktuell in der Vorbereitungsphase, die Umsetzungsphase beginne im Herbst und soll im nächsten Jahr abgeschlossen sein.

Auch die Personaleinsatzplanung wurde digitalisiert und befinde sich in der finalen Umsetzungsphase. Hier gehe es aber nicht nur um die Planung selbst, so Schinko: „Jeder Mitarbeiter hat nun eine eigene Schnittstelle am Mobiltelefon, um die Schichtplanung einzusehen, gegebenenfalls zu tauschen oder auch Urlaubsanträge zu stellen. Er kann jetzt über eine App Dinge abwickeln, die für andere Bereiche ganz normal sind.“ Das erhöhe auch die Mitarbeiterzufriedenheit.

Mittlerweile sind auch Verschieberinnen am Standort Linz im Einsatz.

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LogServ sucht Zugspersonal in Drittländern

Der Fachkräftemangel in der Branche ist evident, es sei nach wie vor schwierig, qualifiziertes Personal zu finden, heißt es von LogServ. Das betreffe aber nicht nur die operativen Bereiche, wo beispielsweise Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für den Bahnbetrieb oder Fahrer und Fahrerinnen für Schwer- und Sonderfahrzeuge gesucht werden, sondern siehe sich mittlerweile durch alle Bereiche. LogServ spreche hier vom „Run for Workforce“.

„Es gibt viele Projekte, wo wir versuchen, an allen möglichen Stellen anzusetzen. Wir bilden Menschen in unserer Verkehrsakademie als Spezialisten für den Bahnbereich aus. Wir kooperieren im nächsten Level, wenn es nicht um den Bereich der Arbeiterinnen und Arbeiter geht, stärker mit Schulen, Fachhochschulen, HTL, und so weiter, um junge Menschen für unser Unternehmen zu begeistern“, erklärt Christian Janecek. Traineeprogramme wie etwa für Logistics Engineers“ hätten sich bewährt, weshalb nun auch ein Traineeprogramm für den Bahnbereich gestartet wurde.

Zusätzlich erweitert das Unternehmen seinen Aktionsradius auch über die Staatsgrenzen hinaus und sucht zukünftiges Bahnpersonal aus Bosnien und Kroatien. Aktuell seien 14 Mitarbeiter erfolgreich im Einsatz, erklärt Markus Schinko. Bei diesem „sehr umfassenden Programm“ wird Personal in den genannten Ländern gesucht, die noch im Land selbst einen sechsmonatigen Sprachkurs absolvieren. „Wir investieren sechs Monate lang in die Sprachausbildung der potenziellen Mitarbeiter, die auch in dieser Phase bereits ein Gehalt von uns bekommen. Dann in Österreich folgt die fachliche Ausbildung. Die Mitarbeiter gehen erst dann danach wirklich in den operativen Einsatz.“

Neben der Ausbildung wird vor allem auch auf die soziale Komponente Wert gelegt. Das Unternehmen begleite den neuen Mitarbeiter durch ein Buddy-System auf allen möglichen Wegen: Von der Wohnungssuche über Amtswege bis hin zu Vereinstätigkeiten. „Die umfassende Integrationsunterstützung durch professionelle Experten erleichtert den Einstieg der neuen Mitarbeiter und erzeugt auch eine große Bindung an das Unternehmen“, erklärt Schinko.

Eingesetzt werden die neuen Kollegen im Bereich der Werksbahn. „Für die Verschubtätigkeiten bekommen wir in Österreich fast keine Mitarbeiter mehr. Die neuen Mitarbeiter haben auch die Möglichkeit, sich im nächsten Schritt in Richtung Triebfahrzeugführer weiterzuentwickeln. Parallel wird die Sprache immer besser und gefestigt. Das ist für Triebfahrzeugführer noch wichtiger“, so Schinko abschließend.

Arbeitszeitverkürzung

Ein Grund dafür, dass LogServ nun mehr Bahnpersonal braucht, ist eine Änderung im Schichtbetrieb. Die klassische Vierschicht wird auf „gesundheitsorientierte“ Schichtmodelle umgestellt, die längere Erholungsphasen – und damit auch eine Reduktion der Arbeitszeit bietet. „Das bedeutet natürlich auch, dass wir mehr Personal brauchen“, erklärt Janecek. Der Auslöser sei hier aber nicht, wie es bei der Vier-Tage-Woche oft der Fall sei, eine bessere Work-Life-Balance, sondern die Gesundheit der Mitarbeiter. Es sei nachgewiesen, dass die klassischen Vierschichtmodelle gesundheitsschädlich seien. Im Straßenbereich habe man das Schichtmodell bereits vor Jahren umgestellt, nun sei es auch im Bahnbereich so weit.