Digitalisierung im Schienengüterverkehr : Wie interne Digitalisierungsprojekte der ÖBB Rail Cargo Group den Intermodalverkehr steigern
Österreich gilt gemeinsam mit der Schweiz als Musterland der Eisenbahn in Europa. Hierzulande werden etwa 30 Prozent der Güter auf der Schiene transportiert, in Gesamteuropa sind es durchschnittlich etwa 20 Prozent. Ein Grund hierfür sei die Infrastruktur, aber auch ein Beihilfensystem, das fairere Rahmenbedingungen für "verlagerungsrelevante" Produkte wie den Einzelwagen- und Intermodalverkehr schaffe, erklärte der Vorstandssprecher der ÖBB Rail Cargo Group Clemens Först kürzlich gegenüber dispo.
Der europäische Rechnungshof hat allerdings in einer Untersuchung im Frühjahr ebenso festgestellt, „dass sich Logistikunternehmen unter anderem deshalb oft gegen den intermodalen Verkehr entscheiden, weil es keine leicht zugänglichen Informationen über intermodale Terminals und Netzkapazitäten in Echtzeit gibt.“
Hier kommt die Digitalisierung ins Spiel, ein Thema, das für den RCG-Vorstandssprecher strategisch „die größte Relevanz“ hat. „Digitalisierung hat für uns im Schienengüterverkehr prinzipiell dieselben Use-Cases wie für jede Industrie. Sie können Prozesse digitalisieren, sie können die Produktion und Instandhaltung effizienter machen und so weiter. Das tun wir natürlich auch und ist für uns auch sehr wichtig. Die große Chance aber, die Digitalisierung strategisch für uns bringt, ist den Zugang zur Schienenlogistik niederschwelliger und attraktiver zu machen.“
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Niederschwelliger Zugang für Schienengüterverkehr
Diesem Ziel ist die RCG nun mit der Kooperation mit Transporeon schon um einiges näher. Seit März ist die Rail Cargo Group exklusiver Bahnpartner der Transportmanagement-Plattform – zumindest im Rahmen eines Pilotprojekts. „Auf dieses Projekt sind wir sehr stolz“, so Clemens Först. „Bei dieser Kooperation wird Transportkunden nun parallel zum Straßentransport auch ein multimodaler Transport angeboten. Dafür brauchen wir die interne Digitalisierung als Grundvoraussetzung, um unsere Angebote und Dienstleistungen auf dieser Plattform überhaupt anbieten zu können“, zeigt Först ein Beispiel für interne Digitalisierungsprojekte auf. „Die Pflicht ist für Schienengüterverkehr gleich wie für andere. Die Kür ist für mich der niederschwellige Zugang, der dann wieder neuen Kundengruppen, Kundensegmenten nicht nur erlaubt, sondern es attraktiver macht, sich mit dem Schienenangebot zu beschäftigen.“
Dabei werden einige Funktionen sukzessive auf der Plattform getestet, erweitert und ausgerollt. Beispiele dafür sind etwa ein vollständig integrierter Modus Operandi für Bahn- und Intermodal-Transporte als Teil der gesamten Lieferkette, die niederschwellige Anfrage, Buchung und Durchführung von Bahn- und Intermodal-Transporten über die Plattform, der Abruf von Echtzeitdaten auf Sendungsebene oder auch zuverlässige Berechnungen der Treibhausgasemissionen auf Grundlage der neuen ISO-Norm 14083, inklusive der höchstmöglichen Anzahl an Primärdaten.
Mengenmäßig gehe es um „ein paar Tausend Transporte, die wir abgeschlossen haben“, ergänzt RCG-Vorstandsmitglied Christoph Grasl, der die Rail Cargo Group am Transporeon Summit in Barcelona im September 2023 präsentiert hat. Er sei auch hier, um die Werbetrommel zu rühren und auch bei den „Dieselfreunden“ die „Zugschiene hochzuhalten“ und zu zeigen, wie einfach es ist, Güter von der Straße auf die Schiene zu verlagern. „Die Awareness ist noch nicht da, deshalb braucht es auch einen exklusiven Railpartner für die ersten Jahre“, erklärt er gegenüber dispo.
Die gemeinsamen Bemühungen von RCG und Transporeon fußen dabei nicht zuletzt auf den ehrgeizigen Zielen der Europäischen Kommission, die in der Verkehrsverlagerung auf die Schiene einen wesentlichen Bestandteil ihrer Green-Deal-Strategie sieht: „Das Hauptziel des Europäischen Green Deals ist es, unsere Wirtschaft und Gesellschaft auf einen nachhaltigen Weg zu bringen. [...] Ziel ist es, den Schienengüterverkehr bis 2050 zu verdoppeln, von etwa 385 Mrd. tkm (2015) auf 770 Mrd. tkm im Jahr 2050.“
Die exklusive Partnerschaft läuft noch bis zum nächsten Jahr und soll verlängert werden. Gleichzeitig gibt es allerdings eine Art „Schlupfloch“ in Sachen Exklusivität: Denn auch das Start-up Railflow ist auf der Transporeon-Plattform vertreten. Allerdings ist Railflow kein Bahnunternehmen, sondern ebenfalls eine Plattform, die Güterleistungen auf der Bahn bietet.