Mobile Robotik : Vorsicht vor dem AMR-Hype: Der Gartner Hype Cycle als Werkzeug, nicht als Orakel

Körber automatisiert das Distributionszentrum von DB Schenker in Prag - im Bild autonome mobile Roboter
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Die Vision von autonomen, mobilen Robotern (AMR), die Waren durch Lagerhallen navigieren und Mitarbeiter entlasten, beflügelte seit langem die Fantasie vieler LogistikerInnen. AMR befinden sich derzeit in einer entscheidenden Phase ihrer Entwicklung. Nachdem sie in den vergangenen Jahren auf dem Gipfel der Erwartungen im Gartner Hype Cycle standen, sind sie nun im "Tal der Enttäuschungen" angekommen. Die anfängliche Euphorie ist verflogen und die Technologie muss sich im harten Logistikalltag bewähren.

Hype vs. Realität: Sind AMR wirklich reif für den Einsatz?

Diese Euphorie um AMR hat dazu geführt, dass viele Unternehmen vorschnell in die Technologie investiert haben, ohne ihre tatsächliche Einsatzbereitschaft und die damit verbundenen Herausforderungen ausreichend zu analysieren. Die Integration von AMR in bestehende Lagerprozesse erfordert nicht nur technische Anpassungen, sondern auch jede Menge organisatorischer Vorbereitungen. Sind die Lagerinfrastruktur und IT-Systeme kompatibel? Wie werden Mitarbeiter geschult und in den Wandel eingebunden?

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AMR als Mittel zum Zweck: Mehrwert im Fokus

AMR sollten nicht als Selbstzweck betrachtet werden, sondern als Mittel, um konkrete logistische Herausforderungen zu lösen und Effizienzgewinne zu erzielen. Unternehmen müssen sich fragen: Welche Prozesse sollen durch AMR optimiert werden? Welche konkreten KPIs sollen verbessert werden? Nur wenn der Einsatz von AMR einen klaren Mehrwert schafft, rechtfertigt das auch die Investitionen.

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Skalierbarkeit und Wirtschaftlichkeit: Bewährungsprobe im Alltag

Ein erstes Pilotprojekt in einem begrenzten Bereich mag schnell gestartet und leicht zu kontrollieren sein. Doch der flächendeckende Einsatz von AMR als Standard für den innerbetrieblichen Transport stellt Unternehmen vor ganz andere Herausforderungen. Die nahtlose Integration in komplexe Steuer- und Leitsysteme, die flexible Reaktion auf schwankende Auftragslagen und die Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit auch in turbulenten Zeiten – all das erfordert eine sorgfältige Planung. Einige Unternehmen haben hier bereits teures Lehrgeld bezahlen müssen.

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Fazit: Realistische Erwartungen und sorgfältige Planung

Der Hype um AMR mag zwar abgeflaut sein, doch das bedeutet nicht, dass die Technologie an Bedeutung verliert. Im Gegenteil: AMR haben das Potenzial, die Logistik nachhaltig zu verändern. Entscheidend ist jedoch, realistische Erwartungen zu haben und den Einsatz von AMR sorgfältig zu planen. Dabei ist es unerlässlich, in Szenarien zu denken und die Flexibilität der AMR-Lösung zu berücksichtigen. Was passiert, wenn neue Produkte eingeführt werden, sich die Werksstruktur verändert, andere Transportmittel oder Verpackungen benötigt werden, oder neue An- und Ablieferstellen entstehen? Nur wenn die AMR-Lösung sich anpassen und skalieren lässt, kann sie ihr volles Potenzial entfalten und einen echten Mehrwert für die Logistik schaffen.

Veit Kohnhauser ist Studiengangsleiter für Logistik Engineering und Management am Logistikum an der FH Oberösterreich, Vorstandsmitglied des Supply Chain Intelligence Institut Austria ASCII und Geschäftsführer des VNL Österreich.