Strategie : Warum Projekte zu Künstlicher Intelligenz Nachhaltigkeit bremsen

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Es sind vor allem zwei Maßnahmen, die Unternehmen angesichts einer anhaltend hohen Inflation, durchwachsener Konjunkturaussichten, hoher Energiepreise und erheblicher geopolitischer Spannungen setzen. Einerseits werden weltweit geplante Großinvestitionen aufgeschoben, andererseits passen sie vermehrt ihre Lieferketten an und gestalten sie neu.

Vor allem weltweit ist die globale wirtschaftliche Fragmentierung der Hintergrund. Bei den von Ernst and Young befragten deutschen Unternehmen halten sich hier die Gründe der wirtschaftlichen Fragmentierung, Beschränkungen des Handels oder ausländischer Investitionen und regulatorischer Druck die Waage. Laut EY CEO Survey vom August planen aus diesen Gründen auch immer mehr Unternehmen, ihre Betriebsstätten zu verlagern.

Weiterhin viel Geld für KI-Projekte

Keine Einsparungen vornehmen wollen die Unternehmen aber offenbar bei Investitionen in Künstliche Intelligenz: Weltweit haben bereits 43 Prozent der Unternehmen in KI investiert, weitere 45 Prozent planen derartige Ausgaben. Gerade einmal zwölf Prozent der weltweit befragten Unternehmenslenker:innen sind der Meinung, ohne KI-Innovationen auskommen zu können.

"Einerseits steigt der Kostendruck, viele Unternehmen leiden unter hohen Energie- und Rohstoffpreisen, einer unbefriedigenden Auftragslage und einer sinkenden Kauflaune. Anderseits gibt es eine enorme Dynamik bei der Transformation in Richtung Digitalisierung, die aktuell durch den KI-Boom nochmal massiv beschleunigt wird. Für viele Unternehmen heißt das: Sie müssen einen konsequenten Sparkurs einschlagen, um in der Lage zu sein, an den entscheidenden Stellen kräftig zu investieren“, erklärt Gunther Reimoser, Country Managing Partner bei EY Österreich.

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Reimoser rät Unternehmen, die Auswirkungen der Möglichkeiten, die sich durch Künstliche Intelligenz ergeben, nicht zu unterschätzen: „KI-Technologien haben enorme Potenziale: Mit KI können drastische Fortschritte bei der Automatisierung und Effizienzsteigerung, aber auch in Forschung und Entwicklung sowie bei der Kundenansprache erzielt werden.“ Die Anstrengungen vieler Unternehmen, ihre Geschäftsmodelle zu transformieren, werden durch diese Technologie beschleunigt: „Die Transformation gewinnt jetzt an Kraft und Geschwindigkeit. Für das Top-Management geht es daher darum, heute die Weichen richtig zu stellen, von dieser Jahrhunderttechnologie zu profitieren und nicht ins Abseits zu geraten. Daher wurden zuletzt in vielen Unternehmen sehr ambitionierte KI-Projekte gestartet – trotz des massiven Kostendrucks.“

Zu- und Verkäufe geraten wieder in den Fokus

Die neue Dynamik zeigt sich auch bei den M&A-Plänen der Unternehmen. Während Verlagerungen an günstigere Produktionsstandorte wieder ganz oben auf der Agenda stehen und nicht unbedingt notwendige Investitionen verschoben oder ganz gestoppt werden, sollen Zu- und Verkäufe von Unternehmen bzw. Unternehmensteilen für zusätzliche Agilität sorgen: Weltweit stieg der Anteil der Unternehmen, die Fusionen oder Übernahmen planen, im Vergleich zum Jahresbeginn von 46 auf 59 Prozent.

Gleichzeitig hat eine Studie von PwC kürzlich gezeigt, dass vor allem im ersten Halbjahr weit weniger Fusionen oder Übernahmen gab. Grund dafür wäre ebenfalls das fragile wirtschaftliche und geopolitische Umfeld und die hohen Kapitalkosten.

„Wir werden in den kommenden Monaten zahlreiche Unternehmenstransaktionen sehen, bei denen es entweder darum geht, flexibler und schlagkräftiger zu werden oder das Geschäftsmodell an neue Rahmenbedingungen anzupassen und ‚wetterfest‘ zu machen“, erwartet Reimoser. Auch hier sieht er KI als Katalysator für zunehmende Aktivitäten: „Das Thema KI hat an den Weltbörsen bereits für erhebliche Kurssteigerungen gesorgt und wird auch weiterhin die Kapital- und Transaktionsmärkte beschäftigen: Technologieunternehmen mit entsprechendem Know-how sind äußerst gefragt, und Unternehmen, die Nachholbedarf haben, schauen sich nach attraktiven Zielunternehmen um.“

Aktuellstes Beispiel ist hier die Mehrheitsübernahme von Quehenberger durch die Geis-Gruppe.
Der österreichische Logistiker sei nämlich "in Sachen Digitalisierung und künstliche Intelligenz sehr weit entwickelt".

Investitionen in Nachhaltigkeit stocken

Während sich die Wirtschaftswelt in Richtung KI positioniert und einen neuen Digitalisierungsschub erwartet, droht das andere große Transformationsthema – Nachhaltigkeit – in den Hintergrund zu rücken: Weltweit geben nur 16 Prozent der Unternehmen an, dass Nachhaltigkeitsinitiativen im Mittelpunkt ihrer Investitionsstrategien stehen und dafür erhebliche Ressourcen aufgewendet werden. Für weitere 22 Prozent der Unternehmen ist Nachhaltigkeit einer von mehreren Bereichen, in denen prioritär investiert wird. 34 Prozent der weltweit befragten Unternehmen sehen keine Notwendigkeit, für einen Umbau in Richtung Nachhaltigkeit zu investieren.

Reimoser warnt, dass Nachhaltigkeit angesichts anderer Herausforderungen und strategischer Schwerpunkte nicht in den Hintergrund treten dürfe: „Eine stringente Nachhaltigkeitsstrategie ist kein ‚Nice to Have‘ für gute Zeiten, sondern für die meisten Unternehmen überlebenswichtig. Wer sein Geschäftsmodell nicht auf Nachhaltigkeit hin überprüft und optimiert, droht, massiv abgestraft zu werden und sogar den Zugang zu günstigem Fremdkapital zu verlieren.“

Für Reimoser sind die beiden Transformationsthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung untrennbar verbunden. „Beide Trends haben einen so umfassenden Einfluss auf die gesamte Wertschöpfung und das wirtschaftliche Umfeld, dass kein Unternehmen hier an der Seitenlinie stehen kann – auch nicht in Zeiten einer Konjunkturflaute.“