EU Greening Transport Package : „Das Greening Transport Package setzt positive Maßnahmen“

WKO-Transport-Obmann Alexander Klacska
© Ludwig Fliesser

Was sind die aktuellsten Themen, die die heimische Transportwirtschaft derzeit beschäftigen?

Alexander Klacska
Uns beschäftigt vor allem die generelle Wirtschaftslage. Parameter wie die Transport- oder der Kilometerleistung zeigen, dass wir seit dem vierten Quartal 2022 in allen Verkehrsbereichen einen deutlichen Abschwung haben. Global zeigt die Kurve einen nachhaltigeren Knick, als es damals der Ausbruch der Pandemie mit sich gebracht hat. Diese Entwicklung sehen wir auf allen Verkehrsträgern, auch in der Luftfahrt. Das mindert natürlich auch die Preiserwartungen im Transportsektor. Gleichzeitig wird die Maut steigen, wir bekommen die nächste CO2-Bepreisung mit Anfang 2024. Wir sehen mit der erwarteten Kostensteigerung ab Jänner und einer Preiserwartungskurve, die nach unten geht, eine relativ gefährliche Mischung. Und natürlich haben wir auch das Thema Energiekosten, das uns weiter verfolgen wird.

Wie gehen die heimischen Transporteure damit um?

Klacska
Sie passen einerseits die Kapazitäten an. Wir sehen auch die Arbeitslosenzahlen beispielsweise im Straßengüterbeförderungsgewerbe, die wieder leicht gestiegen sind. Das ist auch ein Indikator, dass man sich vom massiven Arbeitskräftemangel hin zu saisonalen Freisetzungen bewegt, die teilweise leider immer noch vorkommen. Auch Ersatzinvestitionen werden wieder auf die Bank geschoben. Wir sehen, dass wieder mehr Nutzfahrzeuge verfügbar sind, weil Aufträge storniert wurden. Das hat Entspannung auf dem unmittelbaren Beschaffungsmarkt gebracht.

Kommen wir zur EU: Der EU-Vorschlag zu Maßen und Gewichten von schweren Nutzfahrzeugen soll den Verkehr optimieren. Was halten Sie von diesem Vorschlag - und grundsätzlich vom Greening Transport Package der EU?

Klacska
Ich verstehe den Aufschrei nicht, der reflexartig gekommen ist, denn Weltbewegendes steht nicht drin. Manche Länder lassen mehr als die 40 Tonnen höchstzulässiges Gesamtgewicht zu, und nun soll es vereinfacht werden, solche Fahrzeuge im grenzüberschreitenden Verkehr einzusetzen. Wenn beide Länder höhere Gewichtstoleranzen haben, darf man automatisch mit dem niedrigeren fahren. Das ist ja nur sinnvoll. Auch die Angleichung der Höhen ist eine langjährige Forderung von uns. High Cube Container darf ich auf der Schiene transportieren und auf der Straße nicht, das ist nicht nachzuvollziehen. Denn damit schränke ich auch den Schienenverkehr ein. Ein anderes Beispiel ist, dass ich auf Autotransportern nicht so viele SUV laden darf wie Limousinen, hier geht es um ein paar Zentimeter. Aus unserer Sicht sind die Punkte im Greening Transport Package positive Maßnahmen, die das Leben leichter machen, ohne andere Verkehrsträger einzuschränken. Grundsätzlich werden international Züge und Container größer, um mehr transportieren zu können. Auch die Schiffe überbieten sich in Länge, Breite und Höhe, aber im Straßenverkehr hat man die Nutzlast beschränkt. Wir sehen auch bei der Diskussion um die Entlastung von sensiblen Strecken, dass man Fahrten relativ leicht einsparen könnte, wenn man beim Thema Abmessungen und Gewichte ein bisschen kreativer wäre. Meist geht es ohnehin nicht um das Gewicht, sondern um den Laderaum. Man könnte dort, wo man keine Schienenanbindung hat, aber Industriekunden versorgt, den LKW quasi als Schienenersatzverkehr mit höheren Kapazitäten zulassen - am besten mit einer Zero-Emission-Zugmaschine und so viel Kapazität wie möglich, damit ich nicht übermäßig die Infrastruktur beanspruche – und das so lange, bis die Schiene eine attraktive Alternative ist. Denn ich kann nicht auf der einen Seite sagen, ich habe keine Übergabebahnhöfe in der Fläche, will aber gleichzeitig LKW einsparen.

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"Wo noch viel mehr passieren muss ist bei der Verschränkung von Daten. Gleichzeitig sehen wir auch, dass auch natürliche Intelligenz in den Unternehmen wichtig ist."
Alexander Klacska

Aktuell ist Künstliche Intelligenz zur Effizienzsteigerung auch im Transportsektor ein großes Thema. Wie fortschrittlich sind österreichische Unternehmen, was KI angeht?

Klacska Wir haben mit dem Trendradar große Zukunftsthemen identifiziert, und da ist Künstliche Intelligenz natürlich ein intensives Thema. Am Trendradar sieht man übrigens auch die Rasanz des Themen-Settings: Vor zwei oder drei Jahren haben wir eher noch über autonomes Fahren gesprochen, jetzt geht der Trend zu alternativen Energien und künstlicher Intelligenz. Wir sehen schon, dass viele Unternehmen etwa beim Thema Routenoptimierung KI einsetzen. Wo aber noch viel mehr passieren muss, ist bei der Verschränkung von Daten - etwa von Verkehrsdaten, Staudaten und so weiter. Da wird noch viel passieren, genauso beim Thema Laderaumoptimierung. Gleichzeitig sehen wir auch, dass auch diese natürliche Intelligenz in den Unternehmen wichtig ist – da, wo der Disponent aus Erfahrung handelt. Ich glaube hier liegt der Knackpunkt: Wie allumfassend ist die Information, die ich über die KI bekomme?

Sie haben das Thema automatisiertes Fahren angesprochen. Derzeit ist ein automatisierter LKW zwischen BRP Rotax und DB Schenker im Test unterwegs. Hat das in Österreich Zukunft?

Klacska
Dort, wo es jetzt schon erfolgreich im Einsatz ist, dort, wo es sozusagen eine sichere Umgebung gibt: Ja. Man sieht diese Entwicklung stark in Häfen und ich denke, es hat ein großes Potenzial etwa auch auf Flughäfen. Das Thema Platooning hingegen entwickelt sich nicht wirklich. Ich denke da ist uns die gelebte Praxis und vor allem die Erwartungshaltung der Bevölkerung im Weg, denn wir sagen Platooning funktioniert nur dann, wenn der LKW auf der Überholspur fährt. Ein weiteres schwieriges Thema ist, den Platoon zusammenzustellen, dass also jene Fahrzeuge zusammenfinden, die in annähernd dieselbe Richtung fahren. Außerdem gibt es die Frage nach der Versicherungsthematik und auch der Datenaustausch muss gut funktionieren. Da könnte die Datenschutzgrundverordnung Probleme machen. Hier ist unser Wunsch schon, dass die Staaten in Europa deutlich stärker in die Gänge kommen und wir Daten mehr als wichtigen Rohstoff betrachten – und nicht den Googles und Apples den Vortritt lassen.

Welcher Antrieb wird Ihrer Ansicht nach im Schwerverkehr kommen?

Klacska
Das wollen viele wahrscheinlich nicht hören, aber in den nächsten zehn Jahren sehe ich die weitere Dominanz von Diesel. Wir werden ein paar Elektro-Lkw und ein paar wasserstoffbetriebene Lkw sehen - Wasserstoff als Beimengung zu einem Dieselverbrenner oder in der Brennstoffzelle. Ich glaube, das Thema LNG wird und muss wieder stärker kommen, gerade jetzt, wo Bio-LNG stärker forciert wird. Ich glaube auch, dass ab nächstem Jahr nach den EU-Wahlen die Diskussion um den Verbrennungsmotor eine deutlich andere sein wird als in den letzten fünf Jahren. Und ich glaube, dass in den nächsten zehn Jahren alle Potenziale mitgenommen werden müssen, um halbwegs jene Ziele erreichen zu können, die man sich gesetzt hat. Dabei darf man nicht nur auf Zero Emission setzen, sondern auch auf Lower Emission – denn Zero Emission ist finanziell utopisch und auch in Sachen Infrastruktur noch Zukunftsmusik. MAN oder Mercedes sagen etwa, wir brauchen Megawatt-Charging für LKW – wenn wir die Autobahn-Lkw-Parkplätze mit Megawatt-Charging ausrüsten würden, hätten wir die Anschlussleistung von Bregenz. Wir machen uns – schon seit einigen Jahren – Sorgen darüber, ob wir bei all den Fantasien, die wir haben, genug Strom haben werden. Bei den Leichtfahrzeugen bis zu 3,5 Tonnen sehen wir durchaus eine Entwicklung in Richtung batterieelektrisch, weil es auch die Industrie bzw. die Kunden unserer Kleintransportunternehmen stärker nachfragen. Hier ist auch viel Bewegung zu erkennen, etwa was die Lademöglichkeit bei den Kunden angeht. Trotzdem fehlt noch die Speichermöglichkeit.